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IHK Trier


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  • 01.10.2016

    Unternehmensnachfolge nach Plan

    Damit die Betriebsübergabe gelingt: Experten-Rat von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier

  • Foto: Raimund Fisch
    Existenzgründung und Unternehmensförderung

    Raimund Fisch

    Tel.: 0651 9777-520
    Fax: 0651 9777-505
    fisch@trier.ihk.de


Dieser Text ist vom 01.10.2016 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Die Wanderung ist ein Genuss. Aber anstrengend. Doch das erste Etappenziel zur wohlverdienten Stärkung ist in Sicht, die gut gelaunte Gruppe hat das erfrischende Kaltgetränk und die leckeren Speisen bereits vor Augen. Doch wo vor ein paar Monaten noch alle Zeichen auf „Herzlich willkommen“ standen, ist nun kein Einkehrschwung mehr möglich. Ruhetag? Nein. Die Tür der so beliebten Gaststätte bleibt dauerhaft geschlossen. Die hochbetagten Eigentümer haben keine Kraft mehr, den Betrieb weiterzuführen. Und die Suche nach einem Nachfolger blieb bisher erfolglos.

Zugegeben, dieses Szenario ist fiktiv. Und doch realitätsnah, wie der Blick in das IHK-Branchenportrait 2015 belegt. Demnach ist das Gastgewerbe im IHK-Bezirk Trier von 2005 bis 2015 um hundert Betriebe geschrumpft. Das entspricht einem Rückgang von knapp elf Prozent. Die Daten basieren auf einer Erhebung des Statistischen Landesamtes Bad Ems. Im Fachjargon heißt das: deutliche Marktbereinigung. Die Gründe für die Betriebsschließungen sind vielfältiger Natur. Ein Knackpunkt liegt häufig darin, dass im Unternehmen das Thema Nachfolgeregelung nicht oder nicht rechtzeitig in Angriff genommen wurde.

„Wie halten Sie es mit der Unternehmensnachfolge?“ Die IHK Trier wollte die Gretchenfrage beantwortet wissen und hat touristische Betriebe fern der größeren Städte wie Trier (die eine andere Marktdynamik aufweisen) genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: 70 Prozent der Befragten haben noch keine verbindliche Nachfolgeregelung getroffen. Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“. Die IHK will die Betroffenen nicht im Regen stehen lassen und bietet vielfältige Hilfestellung an. Dazu arbeiten gleich zwei Fachbereiche Hand in Hand. Anne Kathrin Morbach und Raimund Fisch besuchen und beraten Betriebe gemeinsam. Morbach ist bei der IHK Trier zuständig für die Tourismuswirtschaft, Fisch ist Referent im Geschäftsbereich Standortpolitik und Unternehmensförderung.

Der florierende Betrieb als bestes Verkaufsargument
Auch Alfred Pütz hat das Angebot der IHK schon genutzt und ist dankbar für Ratschläge und Tipps. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er seit 1983 den Ponyhof in Stadtkyll mit 50 Betten. Nun denkt der 60-Jährige ans Aufhören. Er hatte den großen Betrieb damals von seinen Eltern übernommen, doch eine erneute Familien-Lösung ist nicht in Sicht. Tochter und Schwiegersohn haben sich beruflich anders orientiert. Die Eheleute wollen das Anwesen nun an einen Externen verkaufen.
 
Damit das gelingt, hat der Chef einen auf den ersten Blick ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Er hat aus dem Ponyhof ein Erlebnishotel gemacht, nochmals kräftig investiert und angebaut. Entstanden ist dabei nicht zuletzt ein schön und stimmig gestaltetes Restaurant, in dem die Gäste des Hauses sich wohl fühlen können. „250.000 Euro habe ich allein in diesen neuen Raum gesteckt“, erzählt Alfred Pütz. Seine Philosophie: „Ein florierendes, gepflegtes Unternehmen ist das beste Argument für einen guten Verkauf.“ Die hohen Maßstäbe setzt er allerdings auch beim künftigen Käufer an. „Wer so ein Unternehmen übernimmt, muss belastbar sein. Er muss wissen, dass viel Arbeit auf ihn wartet.“ Und dass man sich in vielen Bereichen gut auskennen muss – von der Lebensmittelhygiene über die Buchhaltung und den Brandschutz bis hin zu handwerklichen und gestalterischen Fähigkeiten.

Alfred Pütz und seine Frau wissen nur zu gut, wie schwierig es ist, gutes Personal zu finden. Häufig stemmen sie die Arbeit allein, da ist kein Feierabend in Sicht. Doch zurückgeschraubt haben sie lediglich den Sektor „Reiter-Ferien“. Pütz, früher eine bekannte Größe im Galopprennsport: „Wir haben nur noch sieben Ponys.“ Gleichwohl ist die Leidenschaft für Pferde überall sichtbar: Bei Familie Pütz heißen die Zimmer „Adonis“, „Mäx“ oder „Moritz“ – allesamt Pferdenamen –, an den Wänden erzählen Bilder und Utensilien von der Begeisterung für Pferde.

Käufer und Verkäufer zusammenbringen
„Der Betrieb läuft super“, freut sich der Inhaber. Urlauber, Monteure, Familien, die ihren Kindern das Reitvergnügen gönnen: Man zähle 6000 Übernachten pro Jahr. Die Rendite an den Übernachtungen sei „ungewöhnlich hoch“. Hinzu kommen Hochzeitsgesellschaften oder Geburtstage. Er ist „froh darüber, mehrere Standbeine haben“. Und: „Die Flexibilität, die der Betrieb hat, macht ihn für Mitbewerber so unangreifbar.“ Deshalb gebe es die berechtigte Chance, einen Käufer zu finden.

Der Verkauf „Erlebnishotel Stadtkyll“ wird von Familie Pütz gerade erst so richtig vorangetrieben. Gleichwohl hat ein Service der IHK bereits Früchte in Form von Interessenten gebracht. So gibt es gleich zwei Webseiten, die zum Ziel haben, Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Die Unternehmensbörsen heißen: www.nexxt-change.org und www.unternehmensboerse-trier-eifel-mosel-hunsrueck.de. Auch der Betrieb in Stadtkyll ist dort zu finden.

„Im Gastgewerbe einen Käufer und damit Nachfolger zu finden, ist häufig deshalb so schwierig, weil es ja nicht um die Tätigkeit an sich geht, sondern immer auch die Gebäude übergeben werden“, erklärt IHK-Referent Raimund Fisch. Selbst wenn man einen florierenden Betrieb übernehme, sei man vor vielschichtigen Problemen nicht gefeit. Ein Hemmschuh seien beispielsweise steuerliche Hürden, baurechtliche Bestimmungen, Brandschutzvorgaben, der Mangel an Fachkräften oder fehlende Informationen über Wege und Mittel. Laut Anne Kathrin Morbach befinden sich viele Inhaber in einer echten Notlage. „Wenn es etwa keine Rücklagen für die Rente gibt und der Verkaufspreis nicht realisierbar ist.“

Mit ihrer Befragung, dem Besuchsangebot und der Chance, sich bei den IHK-Fachleuten kostenlos, unverbindlich und neutral beraten zu lassen, habe man „den Nagel auf den Kopf getroffen“. „Welche Schritte können sie gehen, damit Sie Nachfolge in Bewegung setzen?“ Das sei die Kernfrage, die man gemeinsam beantworten wolle.
 
„Tourismusverbände sowie der Gemeinde- und Städtebund arbeiten derzeit an verschiedenen Punkten, wie die Unternehmensnachfolge besser unterstützt werden kann“, sagt Anne Kathrin Morbach. Auch die IHK sei dabei aktiv. Ziel sei, gemeinsam mit der Landesregierung ein spezielles Förderprogramm einzuführen. Geschaffen werden sollen zum Beispiel attraktivere Rahmenbedingungen wie der Abbau bürokratischer Hürden oder Maßnahmen, die die Finanzierung erleichtern.

„Den eigenen Betrieb stets aufs Neue beurteilen“
Sich gut beraten lassen, das empfiehlt auch Daniela Zwank. Dabei aber auch selber kreativ werden. Die 39-Jährige hat 2003 den Betrieb „Gasthaus-Pension Islekhöhe Gansen“ in Krautscheid von ihren Eltern übernommen. „Eine erfolgreiche Übernahme“, sagt sie und lacht. Und offenbar eine gut überlegte: Denn auf die Ausbildung im Hotelfach folgte ein Lehr-Ausflug in „einen komplett anderen Bereich“. Auch ihre Schwester lernte etwas anderes. So sei es nicht zwangsläufig klar gewesen, dass der Betrieb auch nach 200 Jahren noch in Familien-Händen bleibt. Letztendlich entschied sie sich aber, gemeinsam mit ihrem Mann das Erbe der Eltern hochzuhalten und freut sich heute über ihren „sicheren Arbeitsplatz“. Sie wuchs mit und in dem Betrieb auf, folgerichtig habe sie gewusst, was das bedeutet und welche Anforderungen auf sie warten.

Bei der Übernahme musste Daniela Zwank viel Geld in die Hand nehmen. Für eine moderne Brandschutzanlage und 14 neue Brandschutz-Türen. Zudem wurden alle Badezimmer saniert, die Außenterrasse wurde neu gestaltet, und andere Farben sollten auch Einzug halten. Und sie konnte auf Bewährtem aufbauen. Ihr Vater hatte in den 80er-Jahren eine Tennishalle errichtet. Gäste kommen gern, um in Krautscheid ein Tennis-Wochenende zu verbringen. Doch während die Eltern noch relativ wenig mit Tourismus zu tun hatten, ist das ein Sektor, der wächst. Für Wanderer und Biker, die die „tolle Natur“ rund um Krautscheid schätzen, ist die Islekhöhe längst kein Geheimtipp mehr.

Was rät sie Interessenten, die einen Betrieb übernehmen wollen? „Es ist wichtig, gerne mit neuen Menschen und neuen Aufgaben zu tun haben zu wollen. Eine empathische Ausstrahlung wäre nicht schlecht. Man muss bereit sein, umzustrukturieren. Es gilt, sich immer wieder neu zu positionieren und den eigenen Betrieb aufs Neue zu beurteilen.“ Und wer weiß, dass er irgendwann einen Nachfolger braucht, sollte sich nicht zu spät damit beschäftigen. Ihre Eltern hätten sich zum Beispiel ein Haus gebaut, denn ein Rückzugsraum sei wichtig. Und was denken die Eltern heute, wenn sie den Betrieb sehen, der die Handschrift der jungen Generation trägt? „Ich denke, sie sind gespalten. Sie sind natürlich froh, dass es funktioniert. Aber mit allen Veränderungen geht auch immer etwas der Tradition verloren.“

Wo die Genießer gerne Jeans tragen
Oliver Probst und seine Frau Katja haben das Hotel Moselschild in Ürzig als Externe, als Fremde übernommen, als „Management-buy-in“. Und bevor 2006 der Vertrag unter Dach und Fach gebracht wurde, haben auch sie sich Experten-Rat genehmigt. Oliver Probst hatte die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, bereits mit 24 Jahren getroffen und im Alter von 25 in die Tat umgesetzt. Vorausgegangen waren die Wander- und Lehrjahre. Der Koch und Küchenmeister holte sich in renommierten Häusern das Rüstzeug und bringt heute in „Olivers Restaurant“ Köstliches auf die Teller.
 
Dass es die Immobilie „Moselschild“ werden würde, war purer Zufall. Der Vorbesitzer suchte einen Nachfolger, und ihm war zum Verkauf geraten worden. „Das passte“, sagt Oliver Probst. Er übernahm einen guten Namen, aber musste zunächst auch tief in die Tasche greifen: der Haus-Erwerb, 90.000 Euro allein für Brandschutz, Sanierung. Eine Investition, die sich heute auszahlt. „Man muss sich mit der Zeit halten“ lautet eines der Erfolgsrezepte. Ein Beispiel ist das Angebot „Gourmet in Jeans“. Die Botschaft dahinter: „Hier kann und soll sich jeder wohlfühlen und genießen dürfen.“ Damit habe man eine Punktlandung gemacht. „Junge Kunden finden das toll.“ Und nicht nur die.

Die Basis für Erfolg ist laut Oliver Probst selbstverständlich, sein Handwerk zu verstehen. Also: Man nehme einen guten Koch. Doch wichtig sei auch, dass das Gesamtpaket stimme. Er und seine Frau hätten sich für eine überschaubare Größe entschieden: zwölf Zimmer, 50 Sitzplätze. „Die personelle Situation in unserer Branche ist sehr schwierig. Da muss man flexibel sein. Zur Not könnte ich diese Menüs auch alleine machen.“
Und der Vorbesitzer? „Ja, der ist gelegentlich bei uns im Haus. Er hatte den Betrieb aus Altersgründen abgegeben. Ich glaube, dass es für ihn schön ist, zu sehen, wie es weitergeht.“

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