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01.03.2009

Durchführung von Arbeiten in Europa


Dieser Text ist vom 01.03.2009 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Wer die Regeln nicht beachtet, zahlt drauf!

Rund zwei Drittel der deutschen Auslandslieferungen konzentrieren sich auf Zielmärkte in der EU, der Großteil davon auf Märkte in Westeuropa. Zum Leistungsangebot deutscher Unternehmen in der EU zählen allerdings nicht nur die traditionellen Warenlieferungen. Auch die Erbringung von Werkleistungen wie Montage, Reparaturen und Wartungsarbeiten durch eigenes Fachpersonal ist regelmäßig fester Auftragsbestandteil. Ebenso gehört die Durchführung von Bauarbeiten zum Leistungsspektrum deutscher Unternehmen im Ausland. Die Durchführung dieser Dienstleistungen im EU Ausland unterliegt jedoch weitaus komplexeren Regeln als einfache Warenlieferungen. An die Durchführung von Werklieferungen sowie Werkleistungen sind einige steuerliche, arbeitsrechtliche und administrative Auflagen geknüpft, die in den verschiedenen EU-Ländern voneinander abweichen und bei Nichteinhaltung kostspielige Konsequenzen nach sich ziehen können. Wer Bußgelder oder im Extremfall eine Stilllegung der Baustelle bzw. Montage vermeiden möchte, sollte sich im Vorfeld eines Auslandseinsatzes unbedingt mit den landesspezifischen Auflagen vertraut machen.

ENTSENDEMITTEILUNG IST IN VIELEN EU LÄNDERN PFLICHT
In Anlehnung an die europäische Entsenderichtlinie können die Mitgliedstaaten der EU Kontrollmaßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung von arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften seitens der entsendenden Dienstleistungserbringer implementieren. Über die Hälfte der Mitgliedstaaten macht daher Dienstleistungserbringern, die Arbeitnehmer in ihr Hoheitsgebiet entsenden, zur Auflage, bei einer nationalen Behörde im Vorfeld des Einsatzes eine Erklärung abzugeben. Hierzu gehören unter anderem auch unsere direkten Nachbarn Frankreich, Luxemburg, Belgien und Österreich. Die sogenannte Entsendemitteilung unterliegt keinen besonderen Formzwängen und muss mindestens Angaben enthalten über die entsandten Arbeitnehmer sowie über die Dauer, den Ort und die Art des Einsatzes. Viele Mitgliedstaaten stellen Formvordrucke für die Entsendemitteilung zur Verfügung. In Belgien erfolgt die Meldung sogar mittlerweile online unter anderem auch in deutscher Sprache. Zuständige Behörden sind in der Regel zentrale oder örtliche Arbeitsinspektionen. Die Entsendemitteilung ist nur gültig, wenn sie vor Beginn des Auslandseinsatzes per Telefax, Post oder E-Mail versandt wurde. Eine Eingangsbestätigung seitens der Behörde erfolgt nicht. Vielmehr muss als Meldenachweis im Falle einer Kontrolle eine Kopie der Entsendemitteilung sowie ein entsprechender Versendenachweis zusätzlich zum Personalausweis und Sozialversicherungsnachweis E 101 mitgeführt werden. Eine Sozialversicherungspflicht im Zielmarkt besteht nur für Arbeitnehmer, die länger als zwölf oder auf besonderen Antrag länger als 24 Monate im Ausland verweilen. Nähere Informationen zur Sozialversicherung bei Auslandsentsendungen sind auch erhältlich bei der deutschen Rentenversicherung unter www.deutsche-rentenversicherung-bund.de. Welche Mitgliedstaaten eine Entsendemitteilung fordern und welche nationale Behörde im Zielmarkt zuständig ist, erfahren Sie bei der IHK oder über Ihren Geschäftspartner vor Ort.

SCHUTZVORSCHRIFTEN DES ARBEITSRECHTS AM EINSATZORT EINHALTEN
Gemäß der Entsenderichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, unabhängig von der Dauer der Entsendung die Einhaltung eines so genannten „harten Kerns“ klar definierter Schutzbestimmungen vom Dienstleistungserbringer gegenüber dem ins EU Ausland entsandten Arbeitnehmer zu fordern. Bei kurzen und vorübergehenden Auslandseinsätzen kommt grundsätzlich weiterhin deutsches Arbeitsrecht zur Anwendung, da der gewöhnliche Arbeitsort des Arbeitnehmers in Deutschland bei dem entsendenden Unternehmen verbleibt. Die zwingenden Schutzvorschriften des Arbeitsrechts im Zielland sind jedoch auch bei kurzen Einsätzen immer zu beachten. Hierzu zählen insbesondere Regelungen bezüglich der Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten, des bezahlten Mindestjahresurlaubs, der Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze sowie der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes und der Hygiene am Arbeitsplatz. Abweichungen existieren zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten vor allem in den Bereichen Mindestlohn, Wochenarbeitszeiten, Mindestjahresurlaub und gesetzliche Feiertage. Bei Erstmontagen oder Einbauarbeiten, die Bestandteil eines Liefervertrages und für die Inbetriebnahme der gelieferten Güter unerlässlich sind, ist die Anwendung der Regelungen hinsichtlich des bezahlten Mindestjahresurlaubs und der Mindestlohnsätze nicht zwingend. Voraussetzung für die Befreiung ist jedoch, dass die Arbeiten von Facharbeitern des Lieferunternehmens ausgeführt werden und nicht länger als acht Tage dauern. Einige Mitgliedstaaten gewähren hier auch durchaus längere Fristen. Der Bausektor ist von dieser Ausnahmeregelung gänzlich ausgeschlossen.

REGELVIELFALT BEI DER MEHRWERTSTEUER
Deutsche Unternehmen, die in anderen EU Ländern Werkleistungen und Bauarbeiten durchführen, unterliegen mit ihren im Ausland erbrachten Leistungen der Mehrwertsteuer des Einsatzlandes. Gleiches gilt unter Umständen. auch für Werklieferungen, sofern diese keine Nebenleistung darstellen. Die Mehrwertsteuersätze variieren je nach Mitgliedstaat zwischen 15 Prozent (Luxemburg) und 25 Prozent (Dänemark, Schweden). Im privaten Baubereich kennen einige EU Länder ermäßigte Sätze, deren Anwendung jedoch separat beantragt werden muss.

Liegt der Ort der Leistung aus Sicht des Mehrwertsteuerrechts im Zielmarkt, so muss der Leistungserbinger im Ausland eine Mehrwertsteuernummer beantragen und als Steuerschuldner die Mehrwertsteuer bei den nationalen Behörden abführen. Viele Mitgliedstaaten wie unter anderem Frankreich, Belgien, Niederlande, Österreich, Spanien oder Großbritannien sehen für diesen Fall Erleichterungen vor. So kann ein nicht ansässiges Unternehmen, das Bau-, Montage- oder Wartungsarbeiten inklusive Reparaturen durchführt, dort von der so genannten reverse charge Regel Gebrauch machen. Hierbei wird die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger übertragen, das heißt der Käufer ist verpflichtet, die Mehrwertsteuer abzuführen. Voraussetzung für die Anwendung der reverse charge Regel ist, dass der Leistungsempfänger ein umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen ist und eine Umsatzsteuer-ID-Nummer besitzt. Ist der Leistungsempfänger beispielsweise eine Privatperson, kann die Steuerschuldnerschaft nicht übertragen werden. Der ausländische Dienstleistungserbringer ist in diesem Fall verantwortlich für die Abführung der Mehrwertsteuer am Ort der Leistung. Bei der Beantragung einer Mehrwertsteuernummer und der Abführung der Mehrwertsteuer im Ausland sind unter anderem die deutschen Auslandshandelskammern (AHK) gegen Entgelt behilflich. Die Kontaktdaten der Steuerbehörden sind bei der IHK erhältlich, die Kontaktdaten der AHKs sind im Internet zugänglich unter www.ahk.de.

TAPPEN SIE NICHT IN DIE DBA-FALLE
Die Durchführung von Arbeiten im EU Ausland löst in den meisten Fällen keine direkte Steuerpflicht am Einsatzort aus. Dauert eine Baustelle oder Montage jedoch mindestens sechs Monate oder werden Arbeitnehmer häufig in denselben Zielmarkt entsandt, kann jedoch unter Umständen eine direkte Steuerpflicht im Zielmarkt entstehen. Geregelt wird die Steuerhoheit bei Auslandseinsätzen durch sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die meistens bilateral abgeschlossen werden. Deutschland hat mit allen EU Ländern DBA abgeschlossen. Die DBA regeln unter anderem ab wann eine Bauausführung oder Montage im Zielmarkt eine Betriebsstätte begründet und somit eine direkte Steuerpflicht auslöst. In den meisten DBA haben sich die Vertragspartner auf zwölf Monate geeinigt. Das deutsch-luxemburgische DBA sieht hingegen nur sechs Monate und das deutsch-belgische neun Monate vor. Mehrere örtlich getrennte und/ oder verschiedenen Auftraggebern zuzurechnende Baustellen oder Montagen werden nicht zu einer Betriebsstätte zusammenaddiert. Das heißt ein deutsches Unternehmen könnte beispielsweise in Luxemburg drei separate Aufträge mit einer Dauer von jeweils vier Monaten nacheinander durchführen, ohne dass dies zu einer direkten Steuerpflicht führen würde.

Für die Einkommensbesteuerung von Arbeitnehmern gilt ein einheitlicher Grundsatz, der sich in allen DBA-Texten, die Deutschland mit den EU-Ländern abgeschlossen hat, wieder findet. Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit sind hiernach nur in dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem die Tätigkeit auch ausgeübt wird. Dieser Grundsatz tritt unter drei Bedingungen außer Kraft: hält sich der Arbeitnehmer im ausländischen Zielmarkt insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres auf und werden die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Zielmarkt sitzt, und werden zudem die Vergütungen auch nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung des deutschen Arbeitgebers vor Ort wirtschaftlich getragen, so entsteht keine beschränkte Einkommensteuerpflicht im Tätigkeitsstaat. Das heißt ein deutsches Unternehmen, welches seine Arbeitnehmer im Rahmen einer Werkleistung für 180 Tage auf eine Baustelle nach Frankreich entsendet und vor Ort keine Niederlassung hat, muss die entsandten Arbeitnehmer nicht in Frankreich steuerlich anmelden. Die Texte der DBA sind im Internet zugänglich unter www.bundesfinanzministerium.de.

BRANCHENSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN BEACHTEN
Einige Mitgliedstaaten fordern von Unternehmen mit Sitz im EU Ausland im Vorfeld eines Einsatzes einen Nachweis der ordnungsgemäßen Niederlassung im Herkunftsland, einen Befähigungsnachweis oder zuweilen auch eine besondere Zulassung vor Ort. Vor einem Auslandseinsatz gilt es daher unbedingt zu klären, ob branchenspezifische Auflagen bestehen. Besondere Anforderungen stellen mehrere Mitgliedstaaten vor allem an Dienstleister, die bestimmte Gefahren geneigte Berufe ausüben. In Luxemburg müssen Anbieter von Werklieferungen oder –leistungen in den Bereichen Bau, Industrie und Handwerk jährlich eine Meldung beim luxemburgischen Mittelstandsministerium machen. Besondere Anforderungen bestehen für Elektriker, Kälteanlagenbauer und Dachdecker. Belgien fordert hingegen nur einen Befähigungsnachweis für einige ausgewählte Handwerksberufe, jedoch eine Registrierung als Unternehmer für ausländische Bieter bei Ausschreibungen sowie für Baufirmen im privaten Wohnungsbau, die einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz berechnen wollen. Frankreich verlangt keine Befähigungsnachweise, jedoch im Baubereich eine zehnjährige Versicherungsdeckung. In der Schweiz ist ein Befähigungsnachweis für handwerkliche Berufe nötig und ein darüber hinaus gehender Leistungsnachweis im Bereich Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen. Spanien und die Niederlande verlangen eine besondere Zulassung für einige Gefahren geneigte Berufe wie beispielsweise Elektro- und Gasinstallationen sowie Kälteanlagenbau. Informationen zu den branchenspezifischen Besonderheiten im EU-Einsatzland erhalten bei der AHK im Zielmarkt und bei der IHK.
Christina Grewe



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    Ausführliche Ländermerkblätter zu den wichtigsten Märkten in der EU und EFTA mit Informationen zu den steuerlichen, arbeitsrechtlichen und administrativen Besonderheiten, die Anbieter von Werkleistungen und Werklieferungen beachten müssen

  • Veranstaltungshinweise
    2. April 2009
    KMU-Konferenz „Abbau administrativer Hemmnisse in der GR“

    Veranstaltungsort: Luxemburg

    26. Mai 2009

    Seminar „Durchführung von Arbeiten in Frankreich, Luxemburg, Belgien und der Schweiz“
    Veranstaltungsort: IHK Trier


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