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IHK Trier


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  • 01.05.2021

    Gegen den Strom - die Krise als Chance

    Tipps für Existenzgründer, die von der Pandemie ausgebremst wurden

  • Foto: Raimund Fisch
    Existenzgründung und Unternehmensförderung

    Raimund Fisch

    Tel.: 0651 9777-520
    Fax: 0651 9777-505
    fisch@trier.ihk.de


Dieser Text ist vom 01.05.2021 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Aufgeben? Niemals! Mitten in der Pandemie ein Unternehmen zu gründen, dieser Herkulesaufgabe haben sich Sebastian Ernst und Tobias Wiens gestellt. „AkkuLaden Bike“ heißt ihr Start-up, das sie im August 2020 in Zeltingen-Rachtig offiziell gegründet haben. Die Geschäftsidee: Sie stellen Beherbergungsbetrieben E-Bikes zur Verfügung, diese vermieten sie dann in ihrem Namen an ihre Gäste. Zahlen müssen Hotels & Co. dafür nichts, sie erhalten sogar eine Provision.
Das Besondere: Auch der technische Support ist inbegriffen, ebenso die Ausrüstung wie Schlösser, Helme, und so weiter. Und die Modelle können sie sich aus der Fahrrad-Flotte je nach Zielgruppe aussuchen – vom Radrhino Step-Thru 1 bis zum Radrunner Plus. So müssen sich die Betriebe selbst um nichts kümmern, und die Fahrräder sind immer vor Ort.
Auf diese Idee hat sie die Anfrage eines befreundeten Hoteliers gebracht. Wiens hatte sich zu diesem Zeitpunkt gerade selbst ein E-Bike gekauft und war absolut fasziniert. „Wir wollten uns schon immer selbstständig machen und gemeinsam etwas aufziehen“, sagt Ernst. Die Idee war geboren.

Von heute auf morgen durchstarten
Doch mitten in den Planungen traf sie die Pandemie. Die Hotels wurden geschlossen, „und mit ihnen steht und fällt unser Geschäftsmodell“. Seitdem heißt es für die beiden 26-jährigen Moselaner: warten. Geöffnet haben sie 2020 nicht mehr, um die Entwicklung abzuwarten. Die Zeit nutzen sie für die noch bessere Vorbereitung. „Wir können sofort von heute auf morgen durchstarten“, sagt Ernst.
Was natürlich drückt, sind die hohen Investitionen für die Bike-Flotte. Je länger der Lockdown, desto höher die Kosten. Doch die beiden arbeiten weiter in ihren Berufen als Maschinenführer und Elektroniker, so dass sie nicht um ihre Existenz bangen müssen. „Und wir haben ein gutes Team im Hintergrund, das uns unterstützt.“
Ihre Motivation hat unter der Krise nicht gelitten. „Wir wollen eine junge, moderne Marke kreieren, die für hohe Qualität und Service steht“, sagen sie. „Und wir glauben fest an unsere Idee, die in dieser Art an der Mosel einzigartig ist. Wir haben so viel Zuspruch von unseren Kunden bekommen – und sogar mehr Anfragen erhalten, als dass wir alle abdecken könnten.“ Um auch den Notfall- und Pannenservice bieten zu können, visieren sie derzeit den Radius von Daun bis Trier an.

Leidenschaft oder Notlösung
Gründen in der Krise – das ist ein zweischneidiges Schwert, weiß Kevin Gläser. Er berät bei der IHK Trier die Menschen, die sich selbstständig machen wollen. „Alles in allem hat die Pandemie dem Gründungsgeschehen einen Dämpfer verpasst“, sagt er. 3338 Gewerbe wurden 2020 laut Statistischem Landesamt in der Region Trier angemeldet – 272 weniger als 2019.
Die Unsicherheit sei groß, viele scheuten derzeit das Risiko, sagt Gläser. Und vor allem machen es die Einschränkungen für zahlreiche Branchen unmöglich, am Markt richtig aktiv zu werden. Doch trotz der Schließungen habe es in den vergangenen Monaten selbst in Gastronomie und Hotellerie einige Neugründungen gegeben.
Insgesamt sei das Interesse daran, ein eigenes Unternehmen zu gründen, in der Region Trier weiter spürbar. Aus den unterschiedlichsten Gründen: Zum einen tun sich neue Geschäftsmodelle auf, zum anderen denken viele Menschen um – und natürlich kann die Selbstständigkeit auch ein Weg aus der Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit sein.
Grundsätzlich unterscheidet Gläser daher zwischen zwei Arten von Gründungen: denen aus Lust an der Selbstständigkeit – und denen aus der Not heraus. Also die Fälle, in denen jemand seine Arbeitsstelle verloren habe oder in Kurzarbeit sei. Oder der Partner sei betroffen, und das gemeinsame Haushaltseinkommen solle aufgebessert werden.

Lichtblick Digitalisierung
„Nicht zu unterschätzen ist aber auch, dass sich in der Krisenzeit viele neue Chancen für bestimmte Geschäftsmodelle auftun“, sagt Gläser. Ganz klar: online boomt. Digitalisierung hat Hochkonjunktur und sei ein echter Lichtblick für den Markt. „Diesen Aufwind sollten sich Gründer zu Nutze machen“, rät der IHK-Referent – vor allem, da die Region Trier Nachholbedarf auf diesem Feld habe.
Kreative, innovative Ideen können nun auf besonders fruchtbaren Boden fallen. Vor allem im Onlinehandel steige das Interesse von Gründern – sei es mit Kosmetik, Kleidung oder Dekoration. Unterstützt wird die Digitalisierung von Geschäftsprozessen in Rheinland-Pfalz unter anderem mit dem Digiboost, einem Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen, Soloselbstständige und Freie Berufe. Sie können Zuschüsse von bis zu 15.000 Euro erhalten, um Produkte, Dienstleistungen, Herstellungsverfahren uns so weiter zu digitalisieren oder sich dazu beraten zu lassen.
Wer das Risiko der Selbstständigkeit dennoch scheut, könnte eine Gründung im Nebenerwerb in Betracht ziehen, um seine Geschäftsidee auszutesten und sich der Selbstständigkeit langsam anzunähern. „Gerade in unsicheren Zeiten kann das eine gute Option sein“, sagt Gläser.
Die Zahlen geben ihm recht: 2020 wurden in der Region Trier 1834 Gewerbe im Nebenerwerb angemeldet – 227 mehr als im Vorjahr. Besonders stark war der Zuwachs im Landkreis Bernkastel-Wittlich (plus 144), im Eifelkreis Bitburg-Prüm und im Landkreis Trier-Saarburg. In der Stadt Trier und im Landkreis Vulkaneifel war der Trend dagegen rückläufig.

Wechsel in Nebenerwerb?
In jedem Fall sei eine gründliche Vorbereitung auf die Selbstständigkeit nötig, insbesondere mithilfe des Businessplans als rotem Faden, sagt Gläser. „Der häufigste Fehler ist ein unrealistischer Finanzplan.“  
Wer mit seinem Geschäft gerade durchstarten wollte, als die Pandemie seine Pläne durchkreuzte, dem rät Gläser, nicht gleich die Flinte ins Korn zu werfen. „Man sollte seine finanziellen Kennzahlen genau analysieren – und anhand deren Entwicklung schauen, ob man weitermachen sollte oder nicht. Solange die Geschäftsidee noch Potenzial hat, sollte man die Hoffnung nicht aufgeben.“ Jeder, der gründe, müsse mit einer Anlaufzeit von bis zu drei Jahren rechnen, auch in Nicht-Pandemie-Zeiten.
Um handlungsfähig zu bleiben, gebe es zum Beispiel Betriebsmittelkredite von der Hausbank, der ISB oder KFW. „Setzen Sie sich mit Ihren Ansprechpartnern dort zusammen und besorgen sich einen Liquiditätszuschuss, wenn nötig“, sagt Gläser.
Eine andere Option sei, eine Arbeitsstelle anzunehmen und in die Selbstständigkeit im Nebenerwerb zu wechseln, um der Geschäftsidee zumindest in Teilen weiter nachzugehen.
Von den Coronahilfen können Neugründer nicht profitieren. Sie kommen nur für Unternehmen in Frage, die schon vor dem 1. Mai 2020 bestanden haben. „Hier gibt es viele Betroffene, die sich allein gelassen fühlen“, erzählt Gläser. Schließlich gibt es einige von ihnen inzwischen auch bereits seit einem Jahr.
Die Zeit, in der ihr Betrieb wegen der Pandemie ruht, könnten sie zur besseren Vorbereitung nutzen. Marketing, Homepage, Finanzkonzept, all das lässt sich meist noch optimieren, um später noch schneller durchzustarten. Und natürlich könne es hilfreich sein, die Geschäftsidee auf das veränderte Kundenverhalten anzupassen und den Fokus auf Online zu legen.

Beratung: Online first
Wer sich mit dem Gedanken an die Selbstständigkeit trägt, kann derzeit verschiedene Optionen nutzen:
-    die Infoabende der IHK – inzwischen in Webinarform
-    IHK-Webinare zur Businessplan-Erstellung
-    persönliche Erstgespräche mit IHK-Beratern
-    einen monatlichen Steuerberater-Sprechtag bei der IHK
-    der Gründungswerkstatt RLP: einer Online-Beratungsplattform für Gründer mit Schwerpunkt Businessplan-Erstellung. Hier können mehrere Gründer zusammen mit ihren IHK-Beratern zusammen an Businessplänen arbeiten. https://www.rlp-gruendungswerkstatt.de/  
Finanzielle Unterstützung gibt es über Gründungskredite der KfW und ISB. Wer aus der Arbeitslosigkeit heraus gründet, könnte unter Umständen einen Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit erhalten.  
Eine clevere Idee, Motivation und ein guter Finanzplan sind am Ende das A und O. Und so bleiben auch die Gründer von AkkuLaden Bike optimistisch: „Jetzt haben wir es angefangen, jetzt machen wir auch weiter bis zum Schluss. Wir glauben ganz fest an unsere Geschäftsidee und würden es jederzeit genauso wieder tun.“



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