Welche Standortfaktoren sind den rheinland-pfälzischen
Unternehmen wichtig? Und wie zufrieden ist die Wirtschaft mit den Standortbedingungen
in Rheinland-Pfalz? Die vier rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern haben ihre Mitgliedsunternehmen im Vorfeld der Landtagswahl 2021 danach
gefragt. Die Ergebnisse der IHK-Umfrage, an der über 1.400 Unternehmen mit rund
217.000 Beschäftigten teilgenommen haben, legen offen: Insbesondere bei der Digitalisierung,
der Höhe von Steuern und Abgaben und bei der Qualität der Verkehrsinfrastruktur
besteht Handlungsbedarf. Hier ist die Spanne zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit
am größten.
Der
Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz wird mit einer Gesamtnote von 2,9 insgesamt
befriedigend bewertet. Dabei reicht die Zufriedenheitsnote von 2,9 für den
Standortfaktor „Kooperation mit Hochschulen“ wie auch für den Standortfaktor
„Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung“ bis zu 4,3 für die
„Digitalisierung der Schulen“.
Zugleich weist
das Land eine überwiegend stagnierende bis schwache Entwicklungsdynamik auf.
Laut IHK-Umfrage sehen die Hälfte der Unternehmen (51 Prozent) in den letzten fünf
Jahren keine Veränderung in der Entwicklung des Wirtschaftsstandortes
Rheinland-Pfalz, 11 Prozent der Unternehmen bewerten den Standort sogar schlechter
als noch vor fünf Jahren. Demgegenüber stehen 38 Prozent der Unternehmen, die
die zurückliegende Entwicklung als positiv bewerten.
„Zwar erkennen
ein gutes Drittel der Unternehmen eine positive Entwicklung in den letzten fünf
Jahren, aber die insgesamt zurückhaltenden Standortbewertungen sind nicht
zufriedenstellend“, kommentiert Arne Rössel, Sprecher der
IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz. „Damit Unternehmen wettbewerbsfähig
bleiben, investieren oder sich neu ansiedeln, muss die Standortentwicklung
deutlich anziehen“.
Breitband-
und Mobilfunkanbindung haben höchste Relevanz
Laut IHK-Umfrage
stellt die Breitband- und Mobilfunkanbindung mit 91 Prozent
branchenübergreifend den Standortfaktor mit der höchsten Relevanz für die
Unternehmen dar. Gleichzeitig bewertet die Wirtschaft diesen Standortfaktor
lediglich mit der Schulnote 3,8 – also „ausreichend“. So liegt die Diskrepanz
zwischen Zufriedenheit und Wichtigkeit bei 2,4 Notenstufen. Größer ist die
Differenz zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit nur beim Standortfaktor
„Digitalisierung der Schulen“ (Wichtigkeit 1,9; Zufriedenheit 4,4). „Der
Auftrag an dieser Stelle ist klar: Die Lernumgebung in den
rheinland-pfälzischen Schulen muss dem technischen und digitalen Fortschritt
Rechnung tragen. Zur Weiterentwicklung dieses Standortfaktors zählt auch die
Verankerung von digitalen Kompetenzen und ökonomischen Wissen in den Lehrplänen
sowie der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte. Auch die Berufsorientierung
müsse noch stärker in den digitalen Fokus rücken“, fordert Rössel.
Die
durchschnittliche Zufriedenheit mit der digitalen Verwaltung / E-Government erhält
nur die Note „ausreichend“. Dabei nimmt dieser Standortfaktor für 67 Prozent
der Unternehmen einen hohen Stellenwert ein. „Das ist leicht nachvollziehbar,
da die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung die bürokratischen Lasten
der Unternehmen zu reduzieren vermag und Kontaktbeschränkungen derzeit zudem
unser Tagesgeschehen beherrschen. Die neue Landesregierung muss hierauf höchste
Priorität legen“, so Rössel.
Qualität der
Verkehrsinfrastruktur ist zweitwichtigster Standortfaktor
82 Prozent der
rheinland-pfälzischen Betriebe benennen die Qualität der Verkehrsinfrastruktur
als zweitwichtigsten Standortfaktor. „Die Bewertung der Zufriedenheit mit der Durchschnittsnote
„befriedigend“ fällt, angesichts der teils dringend sanierungsbedürftigen
Straßen und Verkehrsbauten im Land, nur verhalten aus. Leistungsfähige Verkehrswege
zählen zu den zentralen Standortfaktoren eines Wirtschaftsraumes und sollte
daher an der Spitze der landespolitischen Agenda stehen“, folgert Rössel. „Um
den Erhalt und bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in
Rheinland-Pfalz garantieren zu können, müssen im Landeshaushalt dauerhaft mehr
Mittel für Landesstraßen vorgesehen werden.“
IHKs fordern
ein Belastungs- und Bürokratiemoratorium bis mindestens Ende 2021
„Die aktuelle
Corona-Krise verschärft bestehende Problemlagen und legt Versäumnisse offen.
Gerade zur Bewältigung der Krise benötigen unsere Mitgliedsunternehmen die
richtigen Standortbedingungen, um sich den stetig wandelnden Anforderungen
anpassen und im besten Fall gestärkt aus der Krise gehen zu können. Hier sollte
sich die Landespolitik in der Pflicht sehen, die Standortbedingungen in
Rheinland-Pfalz entsprechend der unternehmerischen Erfordernisse
schnellstmöglich anzupassen“, appelliert Rössel.
Für die
rheinland-pfälzischen Betriebe bedeutend, aber auch weniger zufriedenstellend
ist die Höhe der Steuern und Abgaben (Wichtigkeit: 2,0; Zufriedenheit: 3,6). Die
Erhöhung oder Einführung von Steuern und Abgaben belastet die Liquidität von
Unternehmen, verhindert Investitionen und schwächt die Krisenresistenz der
Wirtschaft. „Eine mittelstandsorientiere Landespolitik muss daher konsequent
auf die Erhebung neuer Steuern sowie die Einführung neuer Abgabentatbestände
verzichten und sich stattdessen auf eine ehrliche Aufgabenkritik und Prozessoptimierung
konzentrieren. Die Forderung der vier rheinland-pfälzischen IHKs nach einem
Belastungs- und Bürokratiemoratorium bis mindestens Ende 2021 bleibt in der
aktuellen Krise wichtiger denn je“, erklärt Rössel.
Standortpolitik
Dr. Matthias Schmitt
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