Missachtung von Menschenrechten, Kinderarbeit, Umweltrisiken, unsichere Arbeitsbedingungen – all dem will sich der Gesetzgeber mit dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) entgegenstellen. Der Bundesrat hat am 25. Juni 2021 das vom Bundestag beschlossene Regelwerk gebilligt. Damit tritt es am 1. Januar 2023 in Kraft.
Ziel ist es, den Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten zu verbessern und grundlegende Menschenrechtsstandards wie das Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit einzuhalten. Darüber hinaus werden dem Unternehmen Umweltpflichten auferlegt.
Welche Unternehmen werden vom Gesetz erfasst?
Das Gesetz verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe zum Handeln. Davon betroffen sind auch Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen in Deutschland. Ab Januar 2023 liegt der Anwendungsbereich bei Firmen mit mehr als
3 000 Mitarbeitenden, ab Januar 2024 dann für Betriebe mit mehr als 1 000 Mitarbeitenden. Im Anschluss soll der Anwendungsbereich einer erneuten Evaluierung unterzogen werden.
Was sind die wichtigsten Regelungen?
Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen erstrecken sich grundsätzlich auf die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt. Die Anforderungen an die Unternehmen gliedern sich anhand folgender Abstufung: eigener Geschäftsbereich, unmittelbarer Zulieferer und mittelbarer Zulieferer. Ersterem eingerechnet werden auch kontrollierte Tochterunternehmen im Ausland.
Im eigenen Geschäftsbereich und beim unmittelbaren Zulieferer müssen Betriebe eine Risikoanalyse zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte durchführen. Typische Kriterien bei der Bewertung sind hierbei neben der Branche die tatsächlichen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen des Produktionsortes (beispielsweise Kinderarbeit in Drittweltländern, Arbeitssicherheit in der Textilproduktion).
Darüber hinaus muss ein angemessenes Risikomanagement eingeführt und umgesetzt werden, das Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Abwendung von möglichen Menschenrechtsverletzungen beinhaltet. Das kann bei unmittelbaren Zulieferern zum Beispiel die Verabschiedung eines gemeinsamen Code of Conduct sein – sowie die Organisation von Schulungen und Audits. Unternehmen müssen zudem ein Beschwerdeverfahren einrichten, das ermöglicht, auf menschenrechtliche Risiken und Verletzungen hinzuweisen.
Beim mittelbaren Zulieferer gelten die Sorgfaltspflichten anlassbezogen, das heißt, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt. Daraufhin muss das Unternehmen handeln und beispielsweise ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung der Verstöße umsetzen.
Wie wird das Gesetz durchgesetzt?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) setzt das Gesetz durch und kontrolliert die Einhaltung. Bei Verstößen können Bußgelder verhängt werden in Höhe von bis zu zwei Prozent des globalen Umsatzes eines Unternehmens. Bei schwerwiegenden Verstößen droht der Ausschluss von der öffentlichen Beschaffung von bis zu drei Jahren. Neue zivilrechtliche Haftungsregelungen schafft das Gesetz nicht.
Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften erhalten die Möglichkeit, bei Menschenrechtsverletzungen durch ausländische Zulieferer vor deutschen Gerichten zu klagen, wenn die Betroffenen ihr Einverständnis gaben. Bisher konnten nur Geschädigte selbst klagen, was aber in der Praxis kaum der Fall war.
Was bedeutet das Lieferkettengesetz für KMU?
Es ist zu erwarten, dass nicht nur die aufgrund ihrer Größe direkt betroffenen Unternehmen die Auswirkungen des Lieferkettengesetzes zu spüren bekommen. Die in der Pflicht stehenden Unternehmen werden bei Bedarf von ihren kleineren Vertragspartnern und Lieferanten Nachweise einfordern, die deren Handeln in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz dokumentieren.
Auf dem Weg zu einem europäischen Lieferkettengesetz
Im März 2021 hatte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit einer Gesetzesinitiative für ein EU-Lieferkettengesetz zugestimmt. Erste Kenntnisse darüber deuten an, dass die EU noch strengere Regelungen als das deutsche Gesetz schaffen möchte. Der eigentliche EU-Gesetzgebungsprozess beginnt, wenn die Kommission ihren Gesetzesvorschlag vorlegt. Geplant ist dieser bis Ende des Jahres.