15.08.2000
Ein Gutausschank der besonderen Art
Dieser Text ist vom 15.08.2000 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Die langjährigen Freunde Gerhard Gans und Gerhard Pulheim betreiben gemeinsam den „Landgasthof Grans-Fassian“
Die Geschäftsführer des „Landgasthof Grans-Fassian“ in
Trittenheim sind wahrlich zu beneiden: Nicht allein, dass sie mit
dem liebevoll restaurierten Anwesen in herrrlichem Ambiente
arbeiten und eine unvergleichliche Aussicht auf die Weinberge des
„Trittenheimer Altärchen“ genießen. Die längjährigen Freunde
Gerhard Pulheim und Gerhard Grans haben sich mit diesem
Restaurant ihren Traum erfüllt. So verwundert es auch nicht, dass
Gerhard Pulheim frei von jeglicher Koketterie behauptet: „Dieses
Haus betreiben wir aus reinem Vergnügen.“Gefallen fand auch der
Gault Millau an dem Landgasthof und bewertete ihn mit 13 von 20
Punkten. Quereinsteiger sind in der Gastronomie durchaus nichts
Ungewöhnliches. Nicht weniger derer, die branchenfremd den Sprung
in dieses Metier gewagt haben, verbuchen Erfolg und Anerkennung
mit ihren Häusern. Manche haben es sogar in „die erste Liga“
geschafft.
„Neu-Gastronom“ Gerhard Pulheim dürfte dennoch unter allen Seiteneinsteigern einen ganz besonderen Platz einnehmen. 22 Jahre lang war er in seiner Geburtsstadt Köln Chef einer Firma, die er vor zwei Jahren an seinen Sohn übergeben hat. 57 Jahre war er zu diesem Zeitpunkt, für andere Unternehmer sicherlich der passende Moment, sich vollständig vom Arbeitsleben zu verabschieden und den wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Nicht so für Gerhard Pulheim.
Der waschechte Kölner, der wie die meisten seiner „ Landsleute“ weder den Dialekt noch die Liebe zu seiner Heimat je überspielen könnte, kehrte der Domstadt den Rücken und zog gemeinsam mit seiner Frau nach Trier. Sei langem hatte die Moselregion es den beiden angetan, nach wie vor sucht das Ehepaar in einem der verträumten Winzerorte nach einem passenden Haus. Von dort aus, so lautete lange Zeit die Vorstellung des „Bon vivant“, hätte er auf einer Terrasse gerne eine Art Straußenwirtschaft betrieben. „Klein, überschaubar, eine Adresse für alle Freunde“, erklärt er.
Anfang April den Vertrag gemacht
Sein Freund Gerhard Grans, Eigentümer des renommierten Weingutes Grans-Fassian in Leiwen, machte ihm im Frühjahr dieses Jahres einen anderen Vorschlag. Nachdem fest stand, dass die Wirtsleute Maria und Roland Preußler den Landgasthof nicht weiter betreiben würden, sprach Gerhard Grans den Feinschmecker aus Köln an. „Gerhard ist mir sofort in den Sinn gekommen, ich könnte mir für diesen Rahmen keine geeignetere Person vorstellen“, meint der Winzer. Der Kölner entwickelte sehr schnell Gefallen an der Idee, den „Landgasthof Grans-Fassian“ künftig als Koch und Geschäftsführer zu be- und vertreten. Anfang April schlossen beide Männer, die seit 17 Jahren eng miteinander befreundet sind, den Vertrag auf ihre Weise: per Handschlag. Acht Tage lang war das Restaurant geschlossen, Pulheim beschaffte neues Küchen-Inventar, arbeitete sich in Windeseile in den Betrieb ein, den er bis dato lediglich als Freund und häufiger Gast kannte.
Seit Mai ist das Restaurant an der Mosel wieder geöffnet, überrascht die Gäste mit geändertem Konzept. Da sind zunächst einmal die Öffnungszeiten. Bereits ab 15 Uhr bekommen Gäste von nah und fern in dem auch optisch einladenden Haus etwas zu essen. Kaffee und Kuchen oder Herzhaftes wie Pulheims Klassiker, das Kalbskotelett auf Rotweinsauce mit Kartoffelgratin und Gemüse, den Zander auf Blattspinat mit Rieslingschaum oder die gebratenen Garnelen mit Curryschaum.
„Damit möchten wir die Lücke füllen, die die meisten anderen Restaurants haben, in denen es erst ab 18 oder 19 Uhr etwas gibt“, erklärt Gerhard Pulheim. Außerdem hat der Koch aus Leidenschaft die Karte stark überarbeitet, fest stehende Menüs gibt es nicht mehr: „Unsere Philosophie lautet, keinem Gast etwas aufzwingen. Weder ein Menü, das ihm möglicherweise zu viel ist, noch eine ganze Flasche Wein. Bei uns kann sich jeder aus dem gesamten Angebot nach Wunsch sein eigenes Menü zusammenstellen und im offenen Ausschank einen Wein bekommen.“
Niemanden zu etwas zwingen
Dass es den Wein auch ganz ohne entsprechende Speise gibt, betont der zweite Geschäftsführer Gerhard Grans: „Bei uns ist auch jeder herzlich willkommen, der auf der Terrasse oder im Restaurant gemütlich seinen Schoppen oder eine Flasche trinken möchte. Es besteht überhaupt keinen Zwang, hier etwas zu essen zu bestellen.“ Die Erklärung für diese – aus gastronomischer Sicht – sehr freizügige Einstellung liefert er gleich mit: „In den vergangenen drei Jahren, in denen Preußlers das Restaurant führten, spielte der Wein nicht die Rolle, die ich ihm zugedacht hatte.“ Mit Gerhard Pulheim ist sich der Winzer einig darüber, dass das zum Restaurant umgebaute ehemalige Kelterhaus der Familie seiner Frau die Funktion eines verlängerten, hochwertigen Gutausschanks haben soll.
So ist es nur konsequent, dass der gebürtige Leiwener mit dem personellen Wechsel auch die Weinkarte neu gestaltet hat. Im Weißwein-Bereich stehen ausschließlich Tropfen des eigenen Weingutes zur Auswahl: 17 verschiedene Positionen in der Flasche, 13 offene bis zur Auslese, die im 0,2-Liter- und 0,75-Liter-Preisen findet der interessierte Gast zusätzlich den Preis für die Flasche zum Mitnehmen. Alle aufgeführten Weine hat Grans vorrätig und verkauft sie nach gewünschter Anzahl. Auch bei den Preisen im Restaurant geht er seinen Weg, kalkuliert nicht mit dem in der Gastronomie üblichen Dreifach-Faktor: Maximal 15 Mark Aufschlag auf den „Außer-Haus-Preis“ berechnet er pro Flasche am Tisch. Bei den Rotweinen greift er auf die Gewächse der deutschen Kollegen aus Baden, Württemberg und der Pfalz sowie auf die beliebten Bordeaux-Weine zurück.
Erstklassige Produkte aus der Region
Gerhard Pulheim hat die Speisekarte auf die Weine abgestimmt. Er möchte keine aufwendige Küche bieten, hat sich leichte Gerichte aus regionalen Produkten auf die Fahne geschrieben. „Leicht bedeutet für mich, wenig Fett zu verwenden, ebenso wichtig sind jedoch die ausschließlich erstklassigen Produkte.“ Vom Fleisch bis zum Kaffee achtet der Autodidakt darauf, dass er den Lieferanten kennt, für die Ware gerade stehen kann. Aus diesem Grund gibt es bei ihm auch kein Schweinefleisch: „DA weiß ich einfach nicht, wo es herkommt.“
Gerhard Pulheim verlässst sich auf „seinen richtigen Riecher“ und die in Jahrzehnten geschulte Zunge in Restaurants der Spitzenklasse. Bei den „ganz Großen“ kehre er seit langem regelmäßig ein, kenne sie persönlich. Das Kochen hat er da allerdings nicht gelernt, seine Anfänge liegen deutlich länder zurück: „Ich koche seit meinem zwölften Lebensjahr, musste meine Mutter, die krankheitsbedingt häufig ausfiel, regelmäßig vertreten.“Er hat es gern getan, mit der Zeit seine Leidenschaft am Kreieren neuer Zusammenstellungen entdeckt. „Ich habe immer ein Blöckchen neben meinem Bett liegen, für den Fall, dass mir mitten in der Nacht etwas einfällt.“ Diese nächtlichen Intuitionen setzt er mit den beiden Köchen dann am nächsten Tag um, wobei stets klar ist: „Ich möchte, dass die beiden meinen Geschmack verwirklichen, die Küche eine einheitliche Note besitzt. Ich gebe die Richtung vor, sehe mich aber auch gerne draußen beim Gast.“ Zum Beraten in Sachen Wein und Speise und – als guter Kölner – selbstverständlich auch zum „Verzällen“. Das kann und kuktiviert er, denn schließlich ist er in erster Linie zur Freude hier: „Für Gerhard Grans und mich ist das hier die Verwirklichung eines Traumes.“
Susanne Windfuhr
„Neu-Gastronom“ Gerhard Pulheim dürfte dennoch unter allen Seiteneinsteigern einen ganz besonderen Platz einnehmen. 22 Jahre lang war er in seiner Geburtsstadt Köln Chef einer Firma, die er vor zwei Jahren an seinen Sohn übergeben hat. 57 Jahre war er zu diesem Zeitpunkt, für andere Unternehmer sicherlich der passende Moment, sich vollständig vom Arbeitsleben zu verabschieden und den wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Nicht so für Gerhard Pulheim.
Der waschechte Kölner, der wie die meisten seiner „ Landsleute“ weder den Dialekt noch die Liebe zu seiner Heimat je überspielen könnte, kehrte der Domstadt den Rücken und zog gemeinsam mit seiner Frau nach Trier. Sei langem hatte die Moselregion es den beiden angetan, nach wie vor sucht das Ehepaar in einem der verträumten Winzerorte nach einem passenden Haus. Von dort aus, so lautete lange Zeit die Vorstellung des „Bon vivant“, hätte er auf einer Terrasse gerne eine Art Straußenwirtschaft betrieben. „Klein, überschaubar, eine Adresse für alle Freunde“, erklärt er.
Anfang April den Vertrag gemacht
Sein Freund Gerhard Grans, Eigentümer des renommierten Weingutes Grans-Fassian in Leiwen, machte ihm im Frühjahr dieses Jahres einen anderen Vorschlag. Nachdem fest stand, dass die Wirtsleute Maria und Roland Preußler den Landgasthof nicht weiter betreiben würden, sprach Gerhard Grans den Feinschmecker aus Köln an. „Gerhard ist mir sofort in den Sinn gekommen, ich könnte mir für diesen Rahmen keine geeignetere Person vorstellen“, meint der Winzer. Der Kölner entwickelte sehr schnell Gefallen an der Idee, den „Landgasthof Grans-Fassian“ künftig als Koch und Geschäftsführer zu be- und vertreten. Anfang April schlossen beide Männer, die seit 17 Jahren eng miteinander befreundet sind, den Vertrag auf ihre Weise: per Handschlag. Acht Tage lang war das Restaurant geschlossen, Pulheim beschaffte neues Küchen-Inventar, arbeitete sich in Windeseile in den Betrieb ein, den er bis dato lediglich als Freund und häufiger Gast kannte.
Seit Mai ist das Restaurant an der Mosel wieder geöffnet, überrascht die Gäste mit geändertem Konzept. Da sind zunächst einmal die Öffnungszeiten. Bereits ab 15 Uhr bekommen Gäste von nah und fern in dem auch optisch einladenden Haus etwas zu essen. Kaffee und Kuchen oder Herzhaftes wie Pulheims Klassiker, das Kalbskotelett auf Rotweinsauce mit Kartoffelgratin und Gemüse, den Zander auf Blattspinat mit Rieslingschaum oder die gebratenen Garnelen mit Curryschaum.
„Damit möchten wir die Lücke füllen, die die meisten anderen Restaurants haben, in denen es erst ab 18 oder 19 Uhr etwas gibt“, erklärt Gerhard Pulheim. Außerdem hat der Koch aus Leidenschaft die Karte stark überarbeitet, fest stehende Menüs gibt es nicht mehr: „Unsere Philosophie lautet, keinem Gast etwas aufzwingen. Weder ein Menü, das ihm möglicherweise zu viel ist, noch eine ganze Flasche Wein. Bei uns kann sich jeder aus dem gesamten Angebot nach Wunsch sein eigenes Menü zusammenstellen und im offenen Ausschank einen Wein bekommen.“
Niemanden zu etwas zwingen
Dass es den Wein auch ganz ohne entsprechende Speise gibt, betont der zweite Geschäftsführer Gerhard Grans: „Bei uns ist auch jeder herzlich willkommen, der auf der Terrasse oder im Restaurant gemütlich seinen Schoppen oder eine Flasche trinken möchte. Es besteht überhaupt keinen Zwang, hier etwas zu essen zu bestellen.“ Die Erklärung für diese – aus gastronomischer Sicht – sehr freizügige Einstellung liefert er gleich mit: „In den vergangenen drei Jahren, in denen Preußlers das Restaurant führten, spielte der Wein nicht die Rolle, die ich ihm zugedacht hatte.“ Mit Gerhard Pulheim ist sich der Winzer einig darüber, dass das zum Restaurant umgebaute ehemalige Kelterhaus der Familie seiner Frau die Funktion eines verlängerten, hochwertigen Gutausschanks haben soll.
So ist es nur konsequent, dass der gebürtige Leiwener mit dem personellen Wechsel auch die Weinkarte neu gestaltet hat. Im Weißwein-Bereich stehen ausschließlich Tropfen des eigenen Weingutes zur Auswahl: 17 verschiedene Positionen in der Flasche, 13 offene bis zur Auslese, die im 0,2-Liter- und 0,75-Liter-Preisen findet der interessierte Gast zusätzlich den Preis für die Flasche zum Mitnehmen. Alle aufgeführten Weine hat Grans vorrätig und verkauft sie nach gewünschter Anzahl. Auch bei den Preisen im Restaurant geht er seinen Weg, kalkuliert nicht mit dem in der Gastronomie üblichen Dreifach-Faktor: Maximal 15 Mark Aufschlag auf den „Außer-Haus-Preis“ berechnet er pro Flasche am Tisch. Bei den Rotweinen greift er auf die Gewächse der deutschen Kollegen aus Baden, Württemberg und der Pfalz sowie auf die beliebten Bordeaux-Weine zurück.
Erstklassige Produkte aus der Region
Gerhard Pulheim hat die Speisekarte auf die Weine abgestimmt. Er möchte keine aufwendige Küche bieten, hat sich leichte Gerichte aus regionalen Produkten auf die Fahne geschrieben. „Leicht bedeutet für mich, wenig Fett zu verwenden, ebenso wichtig sind jedoch die ausschließlich erstklassigen Produkte.“ Vom Fleisch bis zum Kaffee achtet der Autodidakt darauf, dass er den Lieferanten kennt, für die Ware gerade stehen kann. Aus diesem Grund gibt es bei ihm auch kein Schweinefleisch: „DA weiß ich einfach nicht, wo es herkommt.“
Gerhard Pulheim verlässst sich auf „seinen richtigen Riecher“ und die in Jahrzehnten geschulte Zunge in Restaurants der Spitzenklasse. Bei den „ganz Großen“ kehre er seit langem regelmäßig ein, kenne sie persönlich. Das Kochen hat er da allerdings nicht gelernt, seine Anfänge liegen deutlich länder zurück: „Ich koche seit meinem zwölften Lebensjahr, musste meine Mutter, die krankheitsbedingt häufig ausfiel, regelmäßig vertreten.“Er hat es gern getan, mit der Zeit seine Leidenschaft am Kreieren neuer Zusammenstellungen entdeckt. „Ich habe immer ein Blöckchen neben meinem Bett liegen, für den Fall, dass mir mitten in der Nacht etwas einfällt.“ Diese nächtlichen Intuitionen setzt er mit den beiden Köchen dann am nächsten Tag um, wobei stets klar ist: „Ich möchte, dass die beiden meinen Geschmack verwirklichen, die Küche eine einheitliche Note besitzt. Ich gebe die Richtung vor, sehe mich aber auch gerne draußen beim Gast.“ Zum Beraten in Sachen Wein und Speise und – als guter Kölner – selbstverständlich auch zum „Verzällen“. Das kann und kuktiviert er, denn schließlich ist er in erster Linie zur Freude hier: „Für Gerhard Grans und mich ist das hier die Verwirklichung eines Traumes.“
Susanne Windfuhr