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14.08.2002

Ein Traum von Freiheit


Dieser Text ist vom 14.08.2002 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Ferien im Reisemobil werden immer beliebter –Region profitiert von Kurzurlaubern

Eine früher eher mit Skepsis betrachtete Gästeschar erfreut sich in der Region zunehmender Beliebtheit: Camper und Reisemobilisten. Für Winzer sind Stellplätze für Reisemobile immer häufiger ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein, auch Kommunen weisen vermehrt Plätze aus. Problematisch ist diese Entwicklung aus Sicht vieler Campingplatzbetreiber.

Wer derzeit die Mosel entlang fährt, dem wird die Vielzahl der mal spartanisch anmutenden, mal prächtig ausgestatteten Reisemobile ins Auge springen. Auch Eifel und Hunsrück erhalten immer mehr Besuch von einer Klientel, die noch vor Jahren von den Touristikern und Leistungsträgern der Region eher mit Skepsis betrachtet wurde. Das damalige (Vor-)Urteil: Die reiselustigen Gäste sind zu sparsam, um nennenswerten Umsatz in ihren Feriendestinationen zu lassen.

Camper und Reisemobiltouristen gelten als attraktive Urlauberklientel

Heute stellt sich die Motivation der Camper und Reisemobilisten in den Worten der RPT viel hehrer dar: „Was macht Camping aus? Liebe zur Natur, Sehnsucht nach menschlicher Gemeinschaft, nach gleichgesinnten Nachbarn, nach unaufgeforderter Hilfsbereitschaft, nach fröhlichem Beisammensein, nach freiem, ungezwungenen Leben. Auch das Bedürfnis nach Geborgenheit spielt eine große Rolle: Die Gäste sind unterwegs und doch zu Hause – im eigenen Zelt, eigenem Caravan, eigenem Wohnmobil.“ In nüchternen Zahlen für das Jahr 2001 drückt sich diese Lust auf ein mobiles Zuhause als handfester Wirtschaftsfaktor aus: Mit 180 000 Gästen in der Ferienregion Eifel/Ahr, knapp 170 000 an Mosel/Saar und knapp 100 000 in Hunsrück/Nahe/Glan liegt der gesamte Bereich Camping auf Platz zwei, was die Übernachtungsform angeht, und damit noch vor privaten Gästezimmern und Pensionen.

Allerdings ist aus diesen Zahlen sehr schwer abzuleiten, wie sich speziell der Reisemobil-Tourismus auswirkt. Frank Böttger, Chefredakteur der Fachzeitschrift „Reisemobil international“ erklärt den Grund: „Reisemobile werden in den Statistiken nicht eigens aufgeführt, sondern sind in den allgemeinen Zahlen zu Camping mit erfasst. Denn diese Urlaubergruppe ist schlecht zu greifen. Sie dürfen nach der StVO überall stehen, und die Stellplätze sind 24 Stunden offen, niemand zählt, wer kommt und wer geht.“ Auch Sabine Winkhaus-Robert, Leiterin der Moselland-Touristik, bedauert diese statistische Unschärfe, da es so schwierig sei, die Werbung und die Infrastruktur auf die doch anderen Bedürfnisse der Reise- oder Wohmobil-Touristen abzustimmen.

Zwei Trendsetter im Kombipack: Reisemobil und Mosellandschaft

Dass Reisemobile jedoch für den Fremdenverkehr immer wichtiger werden, belegen nach Böttgers Auskunft die Verkaufszahlen der Mobile mit einem satten Plus von 16 Prozent von 2000 auf 2001. Nach seinen Informationen sind derzeit rund 450 000 Reisemobile angemeldet, die überwiegend von älteren Menschen durch die Lande chauffiert werden: „Wer rund 80 000 Mark nur für einen Zweitwagen investiert hat, hat dafür lange gespart und ist oft nicht mehr sehr ausgabefreudig, was die Nebenkosten etwa für den Stellplatz angeht.“ Rund ein Drittel der Reisemobilisten gingen daher nie auf einen Campingplatz, sondern bevorzugten die kostenlosen oder preiswerteren kommunalen Stellplätze, ein weiteres Drittel entscheide von Fall zu Fall, nur ein Drittel entscheidet sich dafür immer die Kosten eines voll ausgestatteten Campingplatzes zu tragen.

Das alles sind zwangsläufig nur Schätzungen. Sicher ist nach Böttgers Worten eines: „Die Mosel ist bei den Reisemobilisten Legende. Sie war für diese Art des Reisens der absolute Vorreiter, keine andere Region ist dafür so offen, nirgendwo sonst findet man so wenig Barrieren.“ Vor allem Weingüter scheinen vermehrt diese Sehnsucht zu stillen. Immer öfter nutzen Winzer sonst nicht benötigte Flächen, um den Mobilen eine Kurzzeitheimat zu bieten.

Ein niederländisches Ehepaar aus Arnheim, beide Rentner und zwei Monate lang am Bodensee und an der Mosel unterwegs, gehört zu den typischen Gästen des Weinguts Kettern-Bollig in Neumagen-Dhron, die den dortigen Stellplatz für etwa 50 Wohnmobile benutzen. „Uns gefällt es gut hier“, loben die beiden die Ausstattung des Platzes, allein das Wetter könnte besser sein. Davon machen sie auch abhängig, wie lange sie bleiben. „Wir planen nichts im Voraus, wir fahren spontan drauflos“, erläutern sie ihre bei Wohnmobilisten verbreitete Reiseart, nur eines ist sicher: „Wir werden auf jeden Fall hier Wein kaufen.“

Zwei Fliegen mit einer Klappe: Wein verkaufen und Stellplätze vermieten

Damit hat der Winzer und Stellplatzanbieter Michael Kettern erreicht, was er unter anderem mit dem Angebot für Wohnmobiltouristen bezweckt. Sein Weinabsatz profitiert von diesen Kunden, obwohl er die Geschäfte entkoppelt hat und auch Urlauber auf seinem ehemals der Holzverarbeitung dienenden Grundstück beherbergt, die keine flüssigen Gaumenfreuden kaufen wollen. „Der Stellplatz könnte sich zu einem zweiten wirtschaftlichen Standbein entwickeln“, ist er optimistisch und beabsichtigt ein gezieltes Marketing dieser Einnahmequelle, obwohl „die meisten Gäste durch Mund-zu-Mund-Propaganda kommen“.

Durch einen redaktionellen Beitrag in dem wichtigsten Nachschlagewerk der Wohnmobil-Touristen, dem ProMobil-Stellplatzatlas, findet ein Ehepaar aus dem Allgäu zum Weingut Longen-Schlöder in Longuich. Sie bringen als Rentner ebenfalls den nötigen Freiraum mit und planen ihre Touren genau voraus, das Weingut mit der guten Stellplatzwertung war ihr Wunschziel. Sabine und Markus Longen haben 1996 auf Anregung der SLVA Trier einen Teil ihrer Apfelbäume geopfert, um Wohnmobil-Stellplätze daraus zu machen, denn diese dem „Urlaub auf dem Bauernhof“ entlehnte Ferienvariante wird immer beliebter. Der Gewinn, der durch die Sparte Stellplatz beim Winzer entsteht, sei nicht genau bezifferbar, aber zufriedenstellend. Auch hier ist klar: Der Verkauf des Weines wird durch die mobilen Gäste klar gesteigert: „Fast alle kaufen Wein, etliche kommen extra deswegen.“ Zusätzlich sorgt die Lage ganz dicht an Mosel und Autobahn für internationale „Laufkundschaft“, nicht nur unter den traditionell stark vertretenen Niederländern und Belgiern, sondern zunehmend bereisen auch Gäste aus Skandinavien und England die Region.

Unliebsame Konkurrenz für private Campinglatzbetreiber?

Die Freude der Winzer über ihre neue Einnahmequelle wird nicht überall gern gesehen. Lisa Kreusch vom Campingplatz Fährturm in Schweich zum Beispiel wird immer wieder mit Gästen konfrontiert, die zwar viel Geld in ihr Reisemobil investiert haben, aber offenbar bei der Unterkunft nur zu gern feilschen und darauf verweisen, dass sie schließlich bei Winzer X in Y umsonst oder viel billiger ihr Mobil abstellen durften, wenn sie Wein kauften. „Jeder sollte in seiner Sparte bleiben und die Preise nicht kaputt machen“, meint sie, „schließlich verkaufen wir auch nicht nebenher Wein zu Schleuderpreisen.“

Ursel Dauenhauer vom Verband der Campingplatzunternehmer Rheinland-Pfalz und Saarland beklagt, dass vor allem in den intensiv touristisch genutzten Regionen wie entlang der Mosel viele Kommunen Plätze ausweisen, die gratis oder gegen vergleichsweise erheblich geringeres Entgelt, als es privaten Unternehmern möglich ist, den Reisemobil-Touristen eine Abstellmöglichkeit für die Nacht und bisweilen sogar Ver- und Entsorgung bieten. „Und das mit öffentlichen Geldern.“ Dabei zahlten die Privatbetreiber Steuern und hätten hohe Auflagen zu erfüllen. „Die Gemeinden sollten realistische Preise verlangen“, fordert sie angesichts des zunehmenden Reisemobilmarktes. „Es geht doch nicht an, dass eine Stadt einen Campingplatz verpachtet und nebenan einen kostenlosen Stellplatz einrichtet.“

In diese Kerbe haut auch IHK-Tourismusexperte Albrecht Ehses, der ebenfalls diese Verfahrensweise kritisiert und sich eine deutlich bessere Zusammenarbeit zwischen Campingplatzbetreibern und Vertretern einzelner Kommunen wünscht.

Problemlösungen per Gericht oder per Konsens

In Saarburg hatte die Problematik sogar eine gerichtliche Auseinandersetzung zur Folge. Eigentlich war, so schildert Manfred Müller vom Campingplatz Waldfrieden, ein Stellplatz mit Schranke und zehn DM Gebühr von der Stadt in Aussicht gestellt. Das wurde jedoch wegen zu hoher Kosten für die Schranke und den Automaten vom Stadtrat abgelehnt, stattdessen gab es ein Schild: Ver- und Entsorgung sei auf dem Campingplatz Waldfrieden möglich. Gemeint war Wasser und Abwasser, jedoch luden etliche Reisemobilisten gleich ihren gesamten Abfall bei Müller ab. Der wollte, dass das Schild verschwand, und erst nach rechtsanwaltlichem Eingreifen wurde dem stattgegeben. Müller ist sicher, dass er drei bis vier von zehn potenziellen Wohnmobil-Kunden an den kommunal eingerichteten Platz verliert, der nun 24-Stunden-Parken erlaubt.

Dass es Probleme gegeben hat, bedauert Michael Meyer vom Saarburger Ordnungsamt. Er verweist jedoch auf das Zustandekommen des Platzes durch demokratisch legitimierte Gremien und auf das eigentliche Ziel: „Saarburg muss so up to date sein wie andere Städte auch. Der ausgewiesene Platz war natürlich nicht als Konkurrenz zu privaten Anbietern gedacht, sondern als touristische Initiative und Werbung für Saarburg. Damit soll ein neuer Markt für die gesamte Stadt erreicht werden.“

Weniger Zündstoff bietet das Verhältnis Campingplatzbesitzer und Kommunen in der Eifel. In Prüm bei Waldcamping Roden kennt man zwar die Schwierigkeiten und ist ebenfalls der Meinung, dass es keine öffentliche Konkurrenz aus Steuermitteln geben sollte. Jedoch hat man hier Verständnis für das generelle Ziel der Gemeinden, die Gäste an sich zu binden. Konkrete Negativ-Erscheinungen des vorhandenen kommunalen Stellplatzes sind bei Klaus Roden weniger bemerkbar.

In Waxweiler, ebenfalls mit einem kommunalen Stellplatz, sieht Walter Tautges vom Campinglatz Heilhausermühl die Sache pragmatisch. Auch er ist nicht begeistert von der Tendenz, den Wachstumsmarkt Reisemobil-Tourismus mit öffentlichen Stellplätzen abzuschöpfen, aber er bleibt gelassen: „Wer unbedingt nichts zahlen will, den kriegt man sowieso nicht auf einen richtigen Campingplatz.“ Er verpasst also keine attraktive Klientel und sieht in der Konkurrenz „kein Problem“.
Angelika Koch

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