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09.03.2004

Europa der 25: Neue Märkte, neue Chancen


Dieser Text ist vom 09.03.2004 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Am 1. Mai 2004 entsteht mit der Integration von zehn mittel- und osteuropäischen Ländern in die EU der weltweit größte Binnenmarkt

Die bevorstehende fünfte Erweiterungsrunde gilt als das ehrgeizigste Projekt in der Geschichte der Europäischen Union und ist ein wichtiger Meilenstein für die politische und wirtschaftliche Integration Europas. Die EU-Osterweiterung ist ein weiterer Garant für die langfristige Sicherung von Frieden und Stabilität sowie die kontinuierliche Steigerung von Wohlstand und Wirtschaftskraft in Europa.

Insgesamt zehn mittel- und osteuropäische Länder haben sich im letzten Jahrzehnt umfangreichen Reformprozessen unterzogen und somit für den EU-Beitritt qualifiziert. Durch den Beitritt der Märkte Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn und Zypern wird die EU am 1. Mai 2004 zum größten Handelsblock der Welt. Mit einer Bevölkerung von rund 500 Milliarden Menschen und einem BIP von 9 600 Milliarden € bietet der erweiterte Binnenmarkt Unternehmen umfangreiche Geschäftschancen auf der Absatz- und Beschaffungsseite und schafft neue Impulse zur Stärkung und Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.
Mit den Chancen wachsen jedoch auch die Herausforderungen. Die EU-Osterweiterung stellt hohe Anforderungen an die Flexibilität, Anpassungs- und Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Politik.

TRANSFORMATIONSPROZESSE KOSTSPIELIG ABER NOTWENDIG
Die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften der Beitrittskandidaten ist eine wichtige Grundlage für die Funktionsfähigkeit sowie das wirtschaftliche und politische Gleichgewicht des erweiterten Binnenmarktes. Die hierzu notwendigen Transformationsprozesse wurden von den Beitrittskandidaten zwar bereits eingeleitet, sind jedoch bei weitem noch nicht abgeschlossen. Auch wenn sich die Länder in Mittel- und Osteuropa durch ihren Beitritt dem gemeinschaftlichen Besitzstand verpflichtet haben, bleibt das Wirtschafts- und Wohlsstandgefälle zwischen den alten und neuen Mitgliedstaaten noch beachtlich.
Zur Beschleunigung des Transformationsprozesses hat die EU ihre Unterstützung zugesagt und wird bis zum Jahr 2006 insgesamt 37,5 Milliarden € aus dem gemeinschaftlichen Haushalt zur Verfügung stellen. 15 Milliarden € müssen die Beitrittskandidaten selbst aufbringen. Deutschland trägt rund ein Fünftel der verbleibenden Nettolast von 25 Milliarden €.

FREIZÜGIGKEIT AUF RATEN
Die möglichst schnelle Nivellierung der ökonomischen und sozialen Strukturen ist insbesondere für die Anrainerländer Deutschland und Österreich von Bedeutung, die als Übergangslösung zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Dienstleistungen eingeschränkt haben. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit hohem Arbeitskostenanteil und unterdurchschnittlichen Qualifikationen geraten durch die Osterweiterung zunehmend unter Anpassungsdruck. Der sofortige Zustrom von billigen Arbeitskräften und Dienstleistungen aus den neuen EU-Ländern würde in den Grenzregionen zu Wettbewerbsverzerrungen und zu einer übermäßigen Belastung des Arbeitsmarktes führen. Deutschland und Österreich haben daher unilaterale Übergangsregeln zur Einschränkung der Freizügigkeit von Arbeitskräften und Dienstleistungen durchgesetzt, die voraussichtlich bis 2011 Bestand haben werden. Geschützt werden beispielsweise sensible Dienstleistungsbereiche wie der Bausektor und die Gebäudereinigung.

Mit einer größeren Auswanderungswelle nach Ablauf der siebenjährigen Übergangsfrist ist Experten zufolge allerdings nicht zu rechnen. Hoch qualifizierte Arbeitskräfte werden ohnehin nicht bis zum Ablauf der Übergangsfrist warten, sondern in die USA oder nach Australien auswandern, so Rainer Münz, Professor für Bevölkerungswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. In den nächsten 30 Jahren rechnet Münz mit einem Potenzial von lediglich vier Millionen Menschen, die in die alten Mitgliedstaaten abwandern.

DEUTSCHES MARKTENGAGEMENT IN MOE BEREITS HOCH
Bleibt nun die Frage, welche konkreten Vorteile die EU-Erweiterung den deutschen Unternehmen bringt. Fest steht, dass sich der bilaterale Handel zwischen Deutschland und den meisten Beitrittskandidaten unter anderem auf Grund von zahlreichen Zollerleichterungen und -befreiungen sowie der Marktnähe bereits im Laufe des letzten Jahrzehntes mehr als verdreifacht hat. Der Handel mit den Beitrittskandidaten übersteigt schon heute den transatlantischen Handel mit den USA.

Viele deutsche Unternehmen, darunter auch Mittelständler, verfügen bereits über eine Repräsentanz, Vertriebsniederlassung oder auch Produktionsstätte in den neuen EU-Ländern. Insbesondere Wirtschaftszweige mit hohen Lohnkostenanteilen und vergleichsweise geringen Qualifikationen haben in den letzten Jahren im Zuge der Optimierung ihrer Wertschöpfungskette Produktionsstätten nach Mittel- und Osteuropa verlagert.

Sowohl auf der Absatz- als auch auf der Beschaffungsseite rangieren unter den Favoriten der rheinland-pfälzischen Unternehmen die Märkte Ungarn, Polen und die Tschechische Republik. Deutsche Unternehmen, die sich in diesen Ländern engagieren, betonen immer wieder, dass das Gros der Marktanteile bereits verteilt sei. Heute gehe es vielmehr um die Festigung von Standortvorteilen und den Ausbau beziehungsweise die Verteidigung von Marktanteilen. Viele deutsche Unternehmen haben ihr Marktengagement sogar bereits weiter gen Osten gerichtet und sind entweder in Russland oder in den 2007-er Beitrittskandidaten, Rumänien und Bulgarien, engagiert.

OSTERWEITERUNG KURBELT BINNENNACHFRAGE AN
Die Integration der Beitrittsländer in den Binnenmarkt wird also keine wirklich neuen Absatz- und Beschaffungsmärkte eröffnen, jedoch aber die bestehenden Handels- und Investitionsbeziehungen deutlich erleichtern und somit auch intensivieren. Insbesondere der Wegfall von Ein- und Ausfuhrverfahren sowie Grenzkontrollen spart Zeit und Geld und ermöglicht die bessere Einhaltung von Lieferfristen. Der Wegfall von Zollbarrieren hilft Unternehmen, Produkte zu wettbewerbsfähigeren Preisen anzubieten. Dies gilt insbesondere für technologisch fortgeschrittene und kapitalintensive Bereiche mit Produktion in Deutschland. Die weitere Vertiefung der europäischen Wirtschaftsbeziehungen wird auch einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Binnennachfrage haben und somit neues Absatzpotenzial insbesondere für den Mittelstand schaffen. Experten rechnen durch die EU-Osterweiterung mit einer BIP-Steigerung von 0,5 Prozent in Deutschland.

KMU ERHALTEN AKTIVE HILFESTELLUNG
Der zunehmende Wettbewerbsdruck und schrumpfendes Absatzpotenzial macht auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Nutzung von internationalem Absatz- und Beschaffungspotenzial zu einem Muss. Durch Marktnähe, freien Warenverkehr und ein relativ überschaubares Risiko erleichtert der Binnenmarkt KMU den Einstieg ins Auslandsgeschäft und ist eine interessante Alternative zu weiter entfernen und risikoreicheren Absatzmärkten.
Unterstützung bei ihrem Marktengagement in MOE finden KMU bei den IHKs. So bietet die Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen IHKs in Kooperation mit dem Wirtschaftsministerium und dem Trierer Euro Info Centre (EIC) aktive Hilfestellung zur Markterschließung in Mittel- und Osteuropa. Dank einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit und dem IHK-zugehörigen Netzwerk der Auslandshandelskammern profitieren die rheinland-pfälzischen Unternehmen von einem optimierten Beratungsangebot, hochkarätigen Fachveranstaltungen sowie professionell organisierten Messebeteiligungen und Unternehmerdelegationsreisen.
Vor allem Messen dienen als Marktöffner und bieten Unternehmen umfangreiche Möglichkeiten zum Aufbau und zur Pflege von Geschäftskontakten sowie zur Sondierung von Marktstrukturen im Ausland. In 2004 organisieren die IHKs in Kooperation mit dem Wirtschaftsministerium Firmengemeinschaftsstände auf fünf Messen in Mittel- und Osteuropa. Ergänzt wird dieses Messeprogramm durch mehrere branchenorientierte Unternehmerdelegationsreisen, die KMU zur ersten Orientierungshilfe und zur Markterkundung dienen. Informationen zu den Messebeteiligungen und den einzelnen Reisen finden sich in der Broschüre „Gemeinsam auf Auslandsmärkte 2004“, erhältlich bei den rheinland-pfälzischen Wirtschaftskammern und dem Wirtschaftsministerium. Informationen zu den laufenden MOE-Projekten des Trierer Euro Info Centre sind zugänglich unter www.eic-trier.de.

Christina Grewe

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