15.12.2001
Firmen von Weltruf fühlen sich Wittlich verbunden
Dieser Text ist vom 15.12.2001 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Der Wirtschaftsstandort Wittlich setzt auf Unternehmensvielfalt – Eine Stadt bietet Lebensqualität und Arbeitsplätze
Alle Wege führen nach Wittlich: Mit einem Satz nur scheint
das Erfolgsgeheimnis der Stadt in ihrer rasanten Entwicklung zum
wichtigen Wirtschaftsstandort gelüftet zu sein. Denn nicht
zuletzt der Bau der Autobahn A1/A48 gab 1975 den entscheidenden
Impuls, interessante Firmen in die Stadt zu bringen. Doch die
Stadt ist nicht allein deshalb zum wirtschaftlichen
Schwerpunktgebiet der Region avanciert, weil sie mit Auto, Bus
und Bahn gut zu erreichen ist. Wittlich kann auch mit anderen
Pfunden wuchern: Lebensqualität, gute Arbeitskräfte, direkter
Draht zu Ansprechpartnern. Weltweit bekannte Unternehmen wie
Dunlop, Dr. Oetker oder Ideal Standard erwärmten sich so für die
Stadt an der Lieser. Doch nicht allein die “dicken Fische”
schmecken den Säubrennern, viele mittlere und kleinere Betriebe
stehen für Stabilität und einen gesunden Branchenmix. Heute
bietet Wittlich im Zentrum und in fünf Gewerbegebieten etwa 16
000 Arbeitsplätze und ist täglich Ziel von bis zu 10 000
Pendlern. Die Autobahn, die den Weg ebnete zum
Wirtschaftsstandort heutiger Prägung? “Ja, das war tatsächlich
die Lebensader”, kann sich Leo Kappes noch gut an die Anfänge
erinnern. Kappes leitet den so genannten Fachbereich III, den
zentralen Servicebereich bei der Stadtverwaltung Wittlich. Sein
Schwerpunkt: Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing.
Expansive Ansiedlungspolitik Vor drei Jahrzehnten boten
fast ausschließlich Landwirtschaft und Weinbau Erwerbsquellen,
die Menschen im ländlich geprägten Bereich hätten von der
Wandlung zum regionalen Wirtschaftsstandort nur träumen können.
Gerade zur Zeit des Autobahnbaus hätten viele Landwirte und
Winzer vor allem kleinerer Betriebe schließen müssen.
Letztendlich seien deshalb im Grunde drei Faktoren für den
späteren Erfolg ausschlaggebend gewesen: “Das hohe Potenzial an
guten, gerade arbeitslos gewordenen Arbeitskräften. Die
Verkehrserschließung war top, und wir konnten günstige Flächen
anbieten.” Diese “Zutaten” hätten in den 70erJahren den
politischen Willen genährt, eine expansive Ansiedlungspolitik zu
betreiben. Etwa 18 500 Einwohner zählt Wittlich heute, ist als
Mittelzentrum Anlaufstation für 56 Gemeinden im Eifel- und
Moselraum und somit 60 000 Einwohner. Die Stadt liegt nicht nur
direkt an der Autobahn 1/48, schon bald eröffnen sich neue Wege:
In der Fertigstellung der A 60 von Bitburg nach Wittlich und der
Weiterführung als B 50 neu zur A 61 bei Rheinböllen wird eine
weitere Chance gesehen. Bedeutend sei auch die Anbindung an die
Bundesstraßen B 49 und B 50. Ebenfalls vorhanden sind
Busverbindungen, der Anschluss an den Moselschifffahrtsweg und
die Bahnstrecke Trier-Koblenz mit Interregio-Halt in Wittlich.
Nachfrage groß Fünf Industriegebiete beherbergen heute
Firmen ganz unterschiedlicher Branchen. Und weil Wittlich so
anziehend ist, ist die Stadt mittlerweile fast am Ende der
Fahnenstange angelangt. Eine Fläche von 230 Hektar ist belegt,
gerade einmal 15 Hektar sind noch verfügbar. “Wir haben aber ganz
aktuell Anfragen von etwa zwölf Betrieben”, sagt Kappes. So will
die Stadt künftig neben den Gebieten I, Ia, II, III, Wengerohr
auch in Wengerohr-Süd Gelände anbieten. Bereits 2002 sollen dort
70 Hektar Land ausgewiesen werden.
Viele Standbeine Leo Kappes sieht die Zukunft für den
Industrie- und Gewerbestandort rosig. “Wir haben eine Reihe von
Firmen mit um die hundert Beschäftigten und nicht allein einen
Großbetrieb. Wir stehen somit auf vielen Standbeinen”, sagt Leo
Kappes. So habe man bisher auch Rückschläge verkraften können.
Die Firma Thönes, Fleischwaren GmbH, habe zum Beispiel die Segel
in Wittlich streichen müssen. “Ein alter Wittlicher Betrieb”,
weiß Kappes. Die BSE-Krise habe dem Unternehmen mit etwa 75
Beschäftigten die Geschäfte auf dem Fleischmarkt verdorben.
Abgespeckt habe im Zuge von Automatisierung und
Produktionsänderungen auch die Firma “Ideal-Standard”. “Die
zählten früher mit 1 350 Beschäftigten zu den ganz großen
Arbeitgebern”, so Kappes. Doch trotz des Personalabbaus ist das
Unternehmen für Wittlich von großer Bedeutung: Immerhin sind 703
Beschäftigte im Jahr 2001 geblieben, und nicht zuletzt hat
Ideal-Standard in Wittlich eines der modernsten Armaturenwerke
Europas aufgebaut. Das Unternehmen steht für Keramik-Klassiker im
Bad ebenso wie für die neue Brausen-Generation.
Branchenmix macht’s In aller Munde ist zum Beispiel auch
Dr. Oetker. Die bekannte Tiefkühlprodukte GmbH ist so ganz nach
dem Geschmack der Wittlicher: 760 Beschäftigte mit Tendenz nach
oben. Kappes: “Das Unternehmen ist gerade wieder auf der Suche
nach Arbeitskräften.” Es beschreite einen interessanten Weg, so
seien viele Oetker-Stellen auf die persönliche Situation der
Arbeitnehmer zugeschnitten. Umgesetzt würden flexible Modelle,
die Gleitzeit oder besondere Schichten beinhalten. Profil als
Arbeitgeber zeigt auch die Dunlop GmbH mit ihrem Werk im
Industriegebiet II, wo eine der weltweit bekanntesten
Reifenmarken produziert wird. Mit seinen 885 Beschäftigten fährt
das Dunlop-Unternehmen offenbar gut: “Die werden weiter in den
Standort investieren. Das steht fest.” Mit 1 800 Arbeitsplätzen
rangiert die Hermes + Greisler GmbH in der Stellenstatistik ganz
oben. “Die Zahl täuscht etwas”, sagt Kappes. Schließlich habe der
Reinigungsbetrieb viele Teilzeit-Stellen. Doch fern von
Zahlenspielen brauche eine Stadt ein derartiges Angebot, die
Nachfrage nach Teilzeit sei groß.
Innovation kein Fremdwort Etwas kleinere Firmen wie etwa
Eurotec-Fensterbau in Wengerohr sind den Säubrennern aber ebenso
willkommen wie die Großen. “Eurotec” mache immer wieder mit
innovativen Projekten in punkto Umweltschutz von sich reden.
Nicht zuletzt präge der hochmoderne Bau das Bild im
Industriegebiet. Nicht wegzudenken sei auch die Franklin Elektrik
Europa GmbH, die Wasserpumpen herstellt und derzeit 229
Beschäftigte hat. “Das ist eine der ältesten Firmen in Wittlich”,
sagt Leo Kappes.
Franzosen sagten “Adieu” Trotz des “gesunden”
Branchenmixes sieht sich die Stadt ständig neu herausgefordert.
Zum Beispiel durch die Konversion. So haben die Franzosen zum 1.
Juni 1999 die Stadt verlassen, nach über 60 Jahren hatte Wittlich
plötzlich keine Garnison mehr. Auf einen Schlag wurden 354
Wohnungen frei, für die es nach einer Studie keinen Bedarf gibt.
Für das stadtnah gelegene Kasernengelände muss nun eine andere
Nutzung gefunden werden. Der größte Teil des eigentlichen
Kasernengeländes solle der Abrissbirne zum Opfer fallen, da die
militärischen Funktionsgebäude keine zivile Folgenutzung
zulassen. Derzeit arbeitet die Stadt an einem Rahmenplan für
Wohnungen, Dienstleistungen und nicht störende Gewerbebetriebe,
die auf dieser Fläche siedeln könnten. Eine Fläche von fünf
Hektar ist zur Ansiedlung von Gewerbe vorgesehen. Leo Kappes
bewertet die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Wittlich als
sehr positiv. Die kontinuierliche Arbeit habe sich ausgezahlt.
Unternehmen hätten stets einen Ansprechpartner gefunden. Wichtig
sei auch die wirksame Bestandspflege: “Wir haben Flächen für
Betriebe vorgehalten, die ihr Wachstum zunächst gar nicht
wahrhaben wollten. Als sie dann tatsächlich erweitern mussten,
waren sie dankbare Abnehmer.”
Leben in der Stadt Was den Fachbereichsleiter mit am
meisten freut, ist das Lob, das die Firmen ihren Arbeitskräften
zollen: “Da ist die Rede von Qualität und stabilen Leuten.” Die
Firmen sagten auch: “In Wittlich lohnt es sich zu leben.” Die
Stadt könne tatsächlich mit ihrem Pfund “weiche Standortfaktoren”
wuchern: Wittlich liegt im fruchtbaren Tal an der Lieser, wirbt
mit gesunder Umwelt, historischen Bauten, schönen, alten
Bürgerhäusern, ist Einkaufs- und Wohnstadt, hat Sportanlagen,
Bildungseinrichtungen und nicht zuletzt ein kulturell breit
gefächertes Angebot. Zahlreiche Märkte, das internationale
Sommerfest und natürlich die Säubrennerkirmes im August locken
Gäste in die Stadt. Alle drei Jahre heißt es “Willkommen zur
Wittlicher Wirtschaftswoche”, Unternehmertage gibt es alle zwei
Jahre, die Gewerbe- und Automobilausstellungen überzeugen mit “
Liebe zum Detail”. Standortförderung bedeutet für Leo Kappes
immer auch, ein “Gesamtpaket” zu schnüren. Bei allem
Ansiedlungsfleiß dürfe die City nicht vergessen werden. Alle
müssten sich die Hände reichen. Der blühende Handel auf der
grünen Wiese nütze nichts, blute die Innenstadt aus.
Innenstadt stärken Doch Wittlich sei auf dem richtigen
Weg, die Geschäfte und damit das Angebot in der Innenstadt zu
stützen. Schließlich hätten einmal 30 Geschäfte im Zentrum leer
gestanden, heute seien es noch drei. Hand in Hand verläuft auch
die Kooperation zwischen Stadt und Kreis. Alfons Kuhnen von der
Wirtschaftsförderung bei der Kreisverwaltung lobt: “Der Kontakt
ist gut. Das ist eine sehr enge Zusammenarbeit.” Ingrid Fusenig
Grundstückspreise Gewerbegebiet Der Grundstückspreis in
den Industrie- und Gewerbegebieten der Stadt Wittlich beträgt
etwa 35 Mark pro Quadratmeter inklusive Erschließungskosten. Die
Gebiete: Industriegebiet I 51 Hektar; Industriegebiet Ia 6
Hektar; Industriegebiet II 118 Hektar; Industriegebiet III 20
Hektar; Industriegebiet Wengerohr 50 Hektar; Industriegebiet
Wengerohr-Süd (ab 2002) 70 Hektar. Nähere Informationen erteilen
die Stadtverwaltung Wittlich, Stadthaus, Schloßstraße 11, 54516
Wittlich, Telefon: (0 65 71) 17-2 02 oder das Amt für
Wirtschaftsförderung bei der Kreisverwaltung, Telefon: (0 65 71)
14-3 24. Infos auch im Internet unter
www.wittlich.de/wirtschaft/industrie.htm.