Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Hauptinhalt Servicelinks


IHK Trier


Seitenkopf

Seitenhauptinhalt

15.05.2003

Führen im Team mit flachen Hierarchien


Dieser Text ist vom 15.05.2003 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Margit Gellner steht an der Spitze der Komage in Kell.

Seit 1995 wird die 1908 in Berlin gegründete Komage Gellner Maschinenfabrik von einer jungen Frau geleitet. Nach dem Tod ihres Vaters Herbert Gellner im Jahr 1986 und einer Übergangsphase mit Fremdmanagement ist die 34-Jährige überzeugt: „ Die Firma ist mein Leben.“ Zur Seite stehen ihr drei Prokuristen mit langer Erfahrung im Unternehmen, es gilt: „Wir sind ein Führungsteam zu viert plus natürlich meine Mutter.“

Wenn Margit Gellner die Firma vorstellt, die sie als ihr „ Lebenswerk“ bezeichnet und die sie als Alleinerbin von ihrem Vater übernommen hat, dann tritt die zierliche Frau nicht als Einzelkämpferin auf. Ebenso viel Raum lässt sie ihren Prokuristen Anton Bauch, dem Ingenieur und stellvertretenden Geschäftsführer, Wilfried Markeli, dem kaufmännischen Leiter, und Hans-Georg Seimetz, dem technischen Leiter. „Zwischen uns gibt es ein volles Vertrauensverhältnis, jeder ist gleich wichtig, und die relevanten Entscheidungen treffen wir gemeinsam“, schildert die Betriebswirtin die flachen Hierarchien, mit denen Komage arbeitet.

Wenn Margit Gellner Geschäftskunden besucht, ist immer ein Ingenieur für die Sachprobleme mit von der Partie. „Meine eigene Rolle sehe ich mehr im Beziehungsmanagement. Kundenzufriedenheit ist bei uns Chefsache“, umschreibt sie ihre Funktion. Die Kundschaft ist auf der ganzen Welt verteilt, von Italien und Großbritannien bis nach Indien, USA, China oder Brasilien. „Sie wissen es zu schätzen, wenn sich jemand aus der obersten Führungsriege direkt um sie kümmert,“ ist ihre Erfahrung. Denn die Produkte – kurz umschrieben mit Pulverpressensystemen – sind sehr beratungsintensiv und werden auf jeden Einzelauftrag hin maßgeschneidert. „Früher wurde die Firma rein technisch geführt, es wurde diktiert, was zu tun war. Manchmal war daher die Kommunikation schwieriger. Heute kann man sagen, dass die Humanisierung der Arbeitswelt greift“, bestätigen Bauch und Markeli den selbst erfahrenen Wandel im Betriebsklima.

MENSCHLICHKEIT ALS DEVISE FÜR DEN BETRIEB
Dass es für die rund 80 Mitarbeiter, von denen die meisten hoch qualifizierte Techniker und Ingenieure sind, sehr menschlich zugeht, ist sicher auch in Gellners persönlicher Philosophie begründet: „Das Unternehmen ist nicht nur dazu da, um lukrativ zu sein. Es ist wichtig, eine Einheit von Familie und Beruf leben zu können. Und bei mir ist die Firma das Leben, da ich keine Kinder habe und nicht verheiratet bin.“ Für sie war das eine bewusste Entscheidung, denn in ihren Augen sind Kinder ein „Fulltimejob“, doch als Chefin sei sie zu viel auf Reisen und zu sehr eingespannt, um solchen Ansprüchen gerecht werden zu können.

So ist bei Margit Gellner Arbeit und Privatsphäre beinahe eins, und der Umgangston im Führungsteam ist locker und vertraut wie unter guten Freunden. In den Genuss dieser Nähe von Arbeit und Privatsphäre kommen bei Bedarf auch die sechs Auszubildenden, wenn sie besondere Motivation oder Förderung benötigen. „Wir reichen den Mitarbeitern auch bei familiären Problemen die Hände und wir reden mit den Eltern der Azubis, wenn es sinnvoll ist“, erklärt Wilfried Markeli das, was er in Übereinstimmung mit Gellner als Verantwortung der Unternehmer für den Start junger Leute ins Berufsleben sieht.

KOMAGE ALS HOHER IDEELLER WERT
Für Margit Gellner selbst war die Übernahme des väterlichen Erbes als junge Frau Mitte zwanzig keine Selbstverständlichkeit: „ Eigentlich wollte ich Lehrerin werden oder einen anderen sozialen Beruf ergreifen, und mein Vater hat immer betont, dass ich in der Berufswahl frei bin.“ Der frühe Tod ihres Vaters habe sie völlig unvorbereitet getroffen. Doch nachdem in den Jahren des Fremdmanagements der Komage klar geworden sei, dass die eingesetzten Leiter eher auf ihr eigenes Wohl als auf das der Firma blickten, sei die Entscheidung klar gewesen: „Für mich hat der Betrieb einen so hohen ideellen Wert, dass ich ihn übernommen habe, auch wenn mir die technische Seite selbst nicht vertraut war. Aber schließlich ist es das einzige, was mir von meinem Vater und von meinem Großvater geblieben ist.“ Dass die Belegschaft froh war, wieder ein motiviertes Mitglied der Gründerfamilie an der Spitze zu haben, bestätigt Anton Bauch. Und die perfekten Hightech-Pressen faszinieren in ihrer Ästhetik und vielfältigen Anwendungspalette auch die junge Chefin, selbst wenn das Know-how über die technischen Details den Ingenieuren vorbehalten ist.

Als Betriebswirtin mit Studium in Trier und Saarbrücken hat sich Margit Gellner vor allem die Öffentlichkeitsarbeit zur Aufgabe gemacht mit dem Ziel, dass „die Politiker vor Ort die Bedeutung des Unternehmens kennen sollen, das ist wichtig für die Arbeitsplätze. Unsere Kunden selbst sind schließlich zu weit weg, um das darzustellen.“ So sponsert Komage die Fußballmannschaft von Kell. Margit Gellner ist Mitglied im KJU und im VTU und hält Kontakt zu Fachverbänden, die bewusste Marktöffnung mit Inseraten in Fachzeitschriften, mit Vorträgen auf Fachsymposien, aufwändig gestalteten Prospekten und gezielter PR geht vor allem auf ihre Initiative zurück. „Die ansprechende Dekoration im Konferenzraum nicht zu vergessen“, bestätigt Anton Bauch und bemerkt, dass die Kunden immer lieber zu Besuch kommen, seit Margit Gellner ihren Stil eingeführt hat. „Es wird durch sie viel wärmer, beinahe zu einem richtigen Event.“

ARBEITSTEILUNG ZWISCHEN FAKTEN UND FREUNDLICHKEIT
Sie selbst findet, dass sie es als Frau in der Männerwelt von Komage und deren Kunden leichter hat, vor allem mit ihren „ Kavalieren“ Bauch und Markeli an der Seite. „Frauen gleichen aus, es gibt weniger Spannungen“, bestätigen sie. So nimmt sie sich die Zeit, Kundenwünsche und –eigenschaften erst einmal auf sich wirken zu lassen, um sich dann in ihrem internationalen Umfeld auch optimal auf die fremde Geschäftskultur einzustellen. Für die schnellen „harten Fakten“, weltweite Fehleranalysen per PC etwa, sind dann die Männer zuständig. „So gibt es eine gute Arbeitsteilung.“ Sie baut auf die Selbstständigkeit ihrer hoch qualifizierten Mitarbeiter, die in eigenen Meetings die anfallenden Themen klären, doch „wenn Bedarf ist, übernehme ich die Moderatorenfunktion“.

Auch wenn Komage zugleich Gellners wesentlichster sozialer Bezug ist und sie von sich sagt, dass sie sich freut, wenn Montag ist, gibt es an ihr noch andere Seiten. Anton Bauch kam anlässlich seines 50-jährigen Firmenjubiläums in den Genuss: „Sie kann wunderbar singen!“ Gellner ist begeistertes Mitglied im Gospelchor „Free Voices“, der unter anderem auf dem Trierer Weihnachtsmarkt zu bewundern ist, und ab und zu gab es schon ein kleines Konzert für Komage-Kunden. „Am Wochenende spiele ich Hausfrau zum Ausgleich“, verrät die leidenschaftliche Unternehmerin ein weiteres Hobby: Kochen.

Das Fazit der langjährigen „rechten Hand“ im Unternehmen, Anton Bauch, über den Führungsstil seiner Vorgesetzten: „Mach dort mit, wo junge Leute sind, dann bleibt auch die Firma jung. Und man selbst.“
Angelika Koch

In der Serie 'Frauen in der Wirtschaft' sind bisher erschienen:
1/03 – Doris Denzer, Bitburg
2/03 – Hiltrud Zock, Trier
3/03 – Eva Sönnichsen, Daun
4/03 – Ursula Seiler, Trier

Seitenfuß