23.11.2001
Geheimtipp für Individualisten: Ferien im Hunsrück
Dieser Text ist vom 23.11.2001 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Eine Landschaft wird entdeckt - Gastfreundschaft als Wirtschaftsmotor
Ein Land voll Märchen und Mythen, endlose Wälder und
abenteuerliche Schluchten, wuchtige Burgruinen und urige Dörfer,
gesunde Luft - und mit dem Flughafen Hahn ein Tor zur Welt: Das
ist das Potenzial der Hunsrück- und Hochwaldregion, die als
Ferienlandschaft und als Naherholungsziel immer mehr an Bedeutung
gewinnt. Seit 1998 vermarktet die Hunsrück Touristik GmbH vom
Hunsrückhaus auf dem Erbeskopf aus das Gebiet in Sachen
Fremdenverkehr. Tourismus ist nichts Selbstverständliches im
Hunsrück. Eine Umfrage des „Trierischen Volksfreunds“ zu den
Eigenarten eines typischen Hunsrückers ergab vor allem eine
gewisse historisch gewachsene Scheu und Zurückhaltung allem
gegenüber, was neu und fremd ist. Der Werbeslogan für das Land
zwischen Rhein, Mosel und Nahe lautet folgerichtig: „Heimat ist …
Hunsrück“. Dennoch ist die vom Mainzer Wirtschaftsministerium
geforderte Zielsetzung ganz klar: Das Geschäft mit den
auswärtigen Gästen zählt in der Region zu den Wachstumsbranchen
und soll - zusammen mit den anderen Landesteilen - in naher
Zukunft dazu führen, dass Rheinland-Pfalz einen der ersten drei
Ränge in der 'Hitliste' der beliebtesten Urlaubsziele
Deutschlands belegt. Niederländer, Belgier und Westfalen zählen
schon zur klassischen Klientel Hunsrücker Gastgeber, der allen
negativen Entwicklungen bei den Airlines zum Trotz weiter
auszubauende Flugbetrieb auf dem Hahn sorgt für Besuch aus
Großbritannien und Irland. Zusammenarbeit der Touristiker über
die Regionen hinweg ist nötig Um diese neuen Märkte erschließen
zu können, geht die Hunsrück Touristik neue Wege, fort vom „
Kirchturmdenken“, das ausschließlich um die eigenen
Leistungsträger kreist. Speziell für die Englisch sprachigen
Gäste, die man anlocken möchte, wurde in Zusammenarbeit mit
anderen Regionalagenturen eine entsprechende Broschüre
erarbeitet, die auf den britischen und irischen
Herkunftsflughäfen, auf dortigen Tourismusmessen und auf dem
Ziel-Airport Hahn selbst ausliegt. „Holidays around
Frankfurt/Hahn - Herrliche Ferien rund um Hahn“ heißt das elegant
aufgemachte Werbemittel, an dem auch die Naheland-Touristik GmbH,
die RheinTouristik „Im Tal der Loreley“, die Mosellandtouristik
GmbH und die Eifel Tourismus GmbH beteiligt sind. Diese
Aktivitäten zeigen Wirkung: Allein von 1999 auf das Jahr 2000
verdoppelte sich die Zahl der irischen und britischen Gäste im
Statistikbereich Hunsrück-Nahe-Glan, von 2 483 auf 4 216 Besucher
und von 7 842 auf 14 134 Übernachtungen. Überhaupt heißt
Kooperation das Zauberwort der Touristiker im eher
lieblich-romantischen als wilden Westen Deutschlands: „Unsere
Konkurrenz sind nicht die Angebote am Rhein, an der Mosel oder an
der Nahe, sondern die Dumpingpreise für Pauschalen im sonnigen
Süden“, erklärt Jörn Winkhaus, Geschäftsführer der Hunsrück
Touristik GmbH. Mit Faulenzen bei Schönwettergarantie ist niemand
herzulocken. Noch zu entdecken: Der Hunsrück ist Insidertipp Doch
einmal in den klimatisch eher rauen Hunsrückbergen angekommen -
was erwarten Besucher aus nah und fern? Schließlich ist die
touristische Infrastruktur der Region noch im Aufbau begriffen
und bisher keinesfalls mit Nordsee oder Schwarzwald vergleichbar.
Genau diese Unberührtheit ist nach Ansicht von Winkhaus eine
große Chance. „Hier kann man die Kleinode noch für sich selbst
entdecken“, beschreibt er den besonderen Reiz, abseits von
Massentourismus in Ruhe Landschaft pur zu genießen. Damit liegt
der Hunsrück im Trend einschlägiger Reisemagazine wie „Geo-Saison“
und anderer Redaktionen, die bislang medial vernachlässigte
deutsche Landschaften vermehrt mit Wohlwollen beschreiben.
Pressereisen werden von den Regionalagenturen unter dem Dach der
Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH (RPT) mit Sitz in Koblenz vermehrt
als ideales Werbepotenzial eingesetzt, künftig auch im Hunsrück
und Hochwald. Jörn Winkhaus und auch Alfred Bures,
Geschäftsführer des Fremdenverkehrsvereins Thalfang am Erbeskopf,
versprechen sich vor allem von der Nähe zur Mosel und von der
buchstäblich familiären Bindung - Sabine Winkhaus-Robert, Ehefrau
des Chefs der Hunsrück Touristik, leitet die Mosellandtouristik
in Bernkastel-Kues - positive Synergie-Effekte für ihre Region.
Bures streckt seine Fühler vor allem Richtung Trittenheim,
Neumagen-Dhron und Leiwen aus, Winkhaus betont die gute
Zusammenarbeit mit der Naheland-Touristik. Die nämlich ist
zuständig für weite Teile des Hunsrücks, den Kreisgrenzen
entsprechend. Der südöstliche Teil des Hunsrücks mit dem „
Highlight“ Deutsche Edelstein-Straße wird von Kirn aus betreut.
Der Hunsrück hat eine eigene Identität Dauerhafte
Zusammenschlüsse der Regionalagenturen, über punktuelle
Kooperationen hinweg, sind jedoch nicht einhellig gern gesehen.
Bures plädiert angesichts der Tatsache, „dass der Hunsrück eine
eigene Identität hat und die Hunsrück Touristik an sich groß
genug“ sei, für eine Beteiligung der Kreise an verschiedenen
Regionalagenturen gemäß der naturräumlichen Gliederung. „Gäste
orientieren sich nicht an kommunalpolitischen Grenzen“, lautet
sein Argument. Damit unterstreicht er das Ziel des
Wirtschaftsministeriums, über die Gründung der Regionalagenturen
und der für nationales und internationales Marketing zuständigen
Dachorganisation RPT eine bessere Profilierung zu erreichen. Denn
der Hunsrück hat, mehr noch als Eifel und viel mehr als das
Rhein- und Moseltal, mit dem Manko zu kämpfen, eine bislang
relativ unbekannte Landschaft zu sein, die „Otto Normaltourist“
nur schwer geographisch einordnen kann. Römer und Kelten als
PR-Träger So leben die Hoteliers und Gastronomen des Hunsrücks
stark von Stammgästen, die sich auskennen und aus Begeisterung
immer wieder kommen. Neue, jüngere Klientel erhofft man sich bei
der Hunsrück Touristik von einem Ausbau des Radwegesystems, etwa
mit Mountainbiketouren ab Kell oder einer „Brunnentour“ per
Drahtesel ab Hermeskeil. Wandern ist nach wie vor Thema Nummer
Eins und hat sich mittlerweile befreit von dem Image, nur etwas
für Senioren in Gruppen zu sein. Der „Ausoniusweg“ verbindet das
Wandern mit der keltisch-römischen Kultur, die als weitere
kulturelle Attraktion für höhere Gästezahlen sorgen soll, vor
allem bei anspruchsvollen, bildungshungrigen und
zahlungskräftigen Kunden. Die Route durchzieht den Hunsrück von
Bingen nach Trier. Das „Vicus Belginum“ und der „Sironaweg“ sind
im Aufbau und komplettieren das Konzept, sich als uralte
Kulturlandschaft mit einer Tradition darzustellen, die seit
Jahren, nicht nur Asterix sei Dank, publikumswirksam ist. Aktiv
und familiär ist der ideale Hunsrück-Urlaub Auch hat man sich auf
Ferien für Familien spezialisiert, mit vielen privaten
Ferienwohnungen und in großem Stil mit dem Ferienpark Himmelberg
bei Thalfang, samt angeschlossenem Vier-Sterne Apart-Hotel
Blumenhof. Auch das Landal Greenparks Hochwald in Kell ist stark
auf Familien ausgerichtet, ebenso viele mittelgroße und kleine
Hotels. „NatUrlaub bei Freunden“ gehört in die kinderfreundliche
Vermarktungsschiene, die Stadtkids das Landleben nahe bringt. Vor
allem diese Betriebe hatten Anfang des Jahres starke Einbußen
hinzunehmen durch die BSE-Krise und die Angst vor MKS: Das Image
der heilen Welt war fort. „Hunsrück zu Pferd“ ist ebenfalls ein
bei Gästen beliebtes Angebot, an dem 33 landwirtschaftliche
Betriebe beteiligt sind, die sechs verschiedene qualifizierte
Wanderreitstrecken ausgearbeitet haben. Als weiterer Pluspunkt in
Sachen Aktiv-Urlaub gilt das Wintersportzentrum am Erbeskopf mit
Skilanglauf, Natureisbahn, Rodelbahn und sogar Alpin-Ski. Doch
hier macht der Wettergott oft einen Strich durch sämtliche
touristischen Rechnungen. Indoor-Angebote sind für eine
klimatisch derart „überraschungsreiche“ Region ein Muss. Nicht
museal, sondern interaktiv geht es zu im Morbacher Telefonmuseum,
im dortigen Holzmuseum, im Hermeskeiler Informationszentrum des
Naturparks Saar-Hunsrück, der ebenfalls touristisch genutzt wird,
und vor allem im Hunsrückhaus am Erbeskopf. Das Erholungs- und
Gesundheitszentrum in Thalfang mit dem gängigen Thema Wellness
ist eine Großinvestition, die sich erst bezahlt macht, wenn man
den allgemeinen touristischen Hintergrund sieht: Das vor kurzem
als Luftkurort ausgezeichnete Städtchen gehört zum kleinen,
illustren Kreis von Erholungsorten wie etwa Bad Tölz, Wangerooge
oder Zingst, die vom Verband der Betriebskrankenkassen für hoch
qualifizierte Aktivwochen auserkoren wurde. Hiervon verspricht
man sich eine dauerhafte Erschließung neuer Kundenpotenziale, die
sonst niemals auf den Hunsrück aufmerksam würden, und das weit
über Thalfang hinaus. Verhaltener Optimismus in Krisenzeiten Noch
ist die touristische Infrastruktur der Region trotz aller
Fortschritte anfällig für Störungen. Ein einziger Hotelbrand, wie
in Morbach geschehen, führt zu heftigen Umsatzeinbußen für den
ganzen Ort. Hinzu kommt die allgemein zu verzeichnende neue
Sparlust: Hatte man sich in den letzten Jahren an
Erfolgsmeldungen von 5 bis 6 Prozent Zuwachs an Gäste- und
Übernachtungszahlen gewöhnt, ist man derzeit schon froh über eine
Stagnation. Auch die neue Möglichkeit, über ein Touristisches
Kommunikationsnetz (TKN) direkt per Internet bei rund 200 in das
Projekt integrierten Betrieben zu buchen, wird „keine immensen
Steigerungen“ bringen, lautet die Prognose von Jörn Winkhaus. „
Spürbare Erfolge“ seien jedoch schon jetzt durch das TKN zu
verzeichnen. Angelika Koch Zur Erinnerung: Tourismustreff
Hunsrück 20. November, 14.00 Uhr, Flughafen Hahn Thema:
Qualitätsmanagement und Servicequalität im Tourismus
Veranstalter: IHKs Koblenz und Trier Informationen: (06 51) 97
77-4 61 E-Mail:
krawczyk@trier.ihk.de