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01.08.2012

Grenzüberschreitende Einsätze in Europa sicher abwickeln


Dieser Text ist vom 01.08.2012 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Trotz Harmonisierungsfortschritten bleibt Regelvielfalt für Einsätze in der EU bestehen

Europa ist der bedeutendste Absatzmarkt für rheinland-pfälzische Produkte. Rund 70 Prozent der rheinland-pfälzischen Auslandslieferungen konzentrieren sich auf die europäischen Märkte, über 60 Prozent auf EU-Länder. Zum Leistungsangebot deutscher Unternehmen in der EU zählen allerdings nicht nur Warenlieferungen. Gerade Mittelständler ergänzen oftmals ihr Angebot mit produktbegleitenden Dienstleistungen wie zum Beispiel Montagen, Reparaturen und Wartungsarbeiten durch eigenes Fachpersonal, um sich am Markt gegenüber dem internationalen Wettbewerb besser zu differenzieren. Ebenso gehört die Durchführung von Bauarbeiten zum Leistungsspektrum deutscher Unternehmen im europäischen Ausland. Diese grenzüberschreitenden Einsätze unterliegen auch in der EU weitaus komplexeren Regeln und Auflagen als einfache Warenlieferungen. An die Durchführung von Werklieferungen und Werkleistungen sind verschiedene steuerliche, arbeitsrechtliche und administrative Auflagen geknüpft, die in den verschiedenen EU-Ländern voneinander abweichen und bei Nichteinhaltung unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen können. Wer Bußgelder, die Stilllegung einer Baustelle oder Montage oder im Extremfall eine strafrechtliche Verfolgung vermeiden möchte, muss sich im Vorfeld eines Auslandseinsatzes mit den diversen landesspezifischen Auflagen vertraut machen.

MEHRWERTSTEUERPAKET ERLEICHTERT UMSATZSTEUERLICHE ABWICKLUNG
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass Dienstleistungen am Tätigkeitsort der Umsatzsteuer unterliegen. B2C-Umsätze, also Leistungen für Privatkunden, werden innerhalb der EU grundsätzlich am Sitz des leistenden Unternehmers besteuert. Allerdings existieren je nach Art der Leistung im Endkundenbereich umfangreiche Ausnahmeregelungen für die Ortsbestimmung.

Für so genannte B2B-Umsätze, also Umsätze zwischen Unternehmen, gilt seit Januar 2010 bis auf einige Ausnahmen EU-weit der Grundsatz, dass diese Leistungen am Sitz/Wohnsitz des Leistungsempfängers besteuert werden. Erbringt also ein deutscher Subunternehmer im Auftrag eines deutschen Generalunternehmers eine B2B-Leistung in Luxemburg, dann wird diese in Deutschland am Sitz des Generalunternehmers und nicht am Tätigkeitsort in Luxemburg besteuert. Zu den B2B-Leistungen mit Besteuerung am Sitz/Wohnsitz des Leistungsempfängers zählen eine Vielzahl von Leistungen wie zum Beispiel Lohnveredelung, Wartung, Instandsetzungsarbeiten, Inbetriebnahmen, Montagen und Reparaturen, sofern es sich nicht um Werklieferungen handelt, sowie auch Güterbeförderungen und Katalogleistungen. Sonderregelungen für die Ortsbestimmung von Leistungen zwischen Unternehmen gelten innerhalb der EU ausschließlich für Grundstücksleistungen, Restaurationsumsätze und die Berechnung von Veranstaltungsentgelten, die Vermietung von Beförderungsmitteln und Fahrzeugen sowie für bestimmte Leistungen von Drittlandsunternehmen und bestimmte Drittlandumsätze.

Für B2B-Leistungen im Sinne des Mehrwertsteuerpakets gilt seit 2010 EU-weit verbindlich die Reverse-Charge-Regel, wenn der Leistungsempfänger im EU-Ausland sitzt. Das heißt, der leistende Unternehmer überträgt die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger im EU-Zielmarkt und erspart sich somit die steuerliche Registrierung vor Ort. Im Gegenzug unterliegen innergemeinschaftliche B2B-Umsätze einer etwas erweiterten Meldepflicht und müssen unter anderem in der Zusammenfassenden Meldung angegeben werden. Für Leistungen, die nicht unter die B2B-Grundregel fallen, wie beispielsweise Grundstücksleistungen bleibt es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, ausländischen Unternehmen die Anwendung der Reverse-Charge-Regel zu gewähren. Gleiches gilt für unbewegte Werklieferungen, zu denen Warenlieferungen zählen, die erst am Einsatzort funktionsfähig gemacht werden können oder fest eingebaut beziehungsweise im Boden verankert werden. Bei der Beantragung einer Mehrwertsteuernummer und der Abführung der Mehrwertsteuer im Ausland sind die deutschen Auslandshandelskammern (AHK) gegen Entgelt behilflich (www.ahk.de).

EINSÄTZE KÖNNEN ZU BESCHRÄNKTER STEUERPFLICHT IM AUSLAND FÜHREN
Bei grenzüberschreitenden Einsätzen ist regelmäßig zu klären, ob der Ansässigkeitsstaat oder der Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit sowie für die im Ausland erzielten Umsätze hat. Oftmals entsteht im Zuge von grenzüberschreitenden Einsätzen keine beschränkte Steuerpflicht im Tätigkeitsstaat. Dauert jedoch eine Baustelle oder Montage je nach Zielmarkt mindestens sechs, neun oder zwölf Monate oder werden Arbeitnehmer sehr häufig zu Einsätzen in denselben Zielmarkt entsandt, kann durchaus eine beschränkte Steuerpflicht im Tätigkeitsstaat entstehen.
 
Geregelt wird die Frage der Steuerhoheit bei Auslandseinsätzen zwischen zwei Staaten auch innerhalb der EU durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die Deutschland mit allen EU-Ländern bilateral abgeschlossen hat. Die DBA regeln unter anderem, ab wann eine Bauausführung oder Montage im Zielmarkt eine Betriebsstätte begründet und somit eine beschränkte Steuerpflicht auslöst. In den meisten europäischen DBA haben sich die Vertragspartner auf zwölf Monate geeinigt. Das deutsch-luxemburgische DBA sieht hingegen nur sechs Monate vor und in den Abkommen mit Belgien, Bulgarien und den Ländern des Baltikums sind neun Monate vorgesehen.
 
Mehrere örtlich getrennte und/oder verschiedenen Auftraggebern zuzurechnende Baustellen oder Montagen werden nicht zu einer Betriebsstätte zusammenaddiert. Das heißt, ein deutsches Unternehmen könnte beispielsweise in Luxemburg drei separate Aufträge mit einer Dauer von jeweils vier Monaten nacheinander durchführen, ohne dass dies zu einer beschränkten Steuerpflicht führen würde. Bei der Berechnung der Dauer einer Baustelle oder Montage ist weder auf ein Kalender- noch auf ein Steuerjahr abzustellen. Beginn der Baustelle ist der Zeitpunkt, von dem an die Arbeiten inklusive aller vorbereitenden Arbeiten beginnen. Beendet ist die Baustelle mit der endgültigen Einstellung der Arbeiten.

Für die Besteuerung von Einkommen aus unselbstständiger Arbeit gilt der Grundsatz, dass diese in dem Vertragsstaat zu besteuern sind, in dem die Tätigkeit auch ausgeübt wird. Als Rückausnahme hiervon sind die Bestimmungen der so genannten 183-Tage-Regelung kumulativ zu berücksichtigen. Denn hält sich ein Arbeitnehmer im ausländischen Zielmarkt insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres – oder in den neueren Abkommen während eines zusammenhängenden 12-Monats-Zeitraums – auf, werden die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Zielmarkt sitzt, und werden zudem die Vergütungen auch nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung des deutschen Arbeitgebers vor Ort wirtschaftlich getragen, so entsteht bei Auslandseinsätzen keine beschränkte Einkommensteuerpflicht im Tätigkeitsstaat. Die Texte der DBA sind im Internet zugänglich unter www.bundesfinanzministerium.de.  

SCHUTZVORSCHRIFTEN FÜR ARBEITNEHMER SIND ZWINGEND EINZUHALTEN
Gemäß der Entsenderichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, unabhängig von der Dauer der Entsendung die Einhaltung eines so genannten „harten Kerns“ klar definierter Schutzbestimmungen vom Dienstleistungserbringer gegenüber dem ins EU-Ausland entsandten Arbeitnehmer zu fordern. Bei kurzen und vorübergehenden Auslandseinsätzen kommt grundsätzlich weiterhin deutsches Arbeitsrecht zur Anwendung, da der gewöhnliche Arbeitsort des Arbeitnehmers in Deutschland bei dem entsendenden Unternehmen verbleibt. Die zwingenden Schutzvorschriften des Arbeitsrechts im Zielland sind jedoch auch bei kurzen Einsätzen immer zu beachten. Hierzu zählen insbesondere Regelungen bezüglich der Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten, des bezahlten Mindestjahresurlaubs, der Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze sowie der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes und der Hygiene am Arbeitsplatz. Abweichungen existieren zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten vor allem in den Bereichen Mindestlohn, Wochenarbeitszeiten, Mindestjahresurlaub und gesetzliche Feiertage.

Zur Überprüfung der Einhaltung von arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften seitens der entsendenden Unternehmen ist es den Mitgliedstaaten gestattet, entsprechende Kontrollmaßnahmen zu implementieren. Über die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten macht hiervon Gebrauch und fordert vom entsendenden Unternehmen, im Vorfeld des Auslandseinsatzes von Mitarbeitern eine Meldung bei einer nationalen Behörde im Zielmarkt abzugeben. Hierzu gehören unter anderem auch unsere direkten Nachbarn Frankreich, Luxemburg, Belgien und Österreich.

Die so genannte Entsendemitteilung unterliegt keinen besonderen Formzwängen und muss mindestens Angaben über die entsandten Arbeitnehmer sowie über die Dauer, den Ort und die Art des Einsatzes enthalten. Viele Mitgliedstaaten stellen Formvordrucke für die Entsendemitteilung zur Verfügung. In Belgien erfolgt die Meldung online und unter anderem auch in deutscher Sprache. Zuständige Behörden sind in der Regel zentrale oder örtliche Arbeitsinspektionen. Die Entsendemitteilung ist nur gültig, wenn sie vor Beginn des Auslandseinsatzes per Fax, Post oder E-Mail versandt wurde. Eine Eingangsbestätigung seitens der Behörde erfolgt nicht. Vielmehr muss als Meldenachweis im Falle einer Kontrolle eine Kopie der Entsendemitteilung sowie ein entsprechender Versendenachweis zusätzlich zum Personalausweis und Sozialversicherungsnachweis A1 mitgeführt werden.

Ins EU-Ausland entsandte Arbeitnehmer unterliegen in Anlehnung an die Sozialversicherungsverordnung 883/2004/ EG (Artikel 12.1) weiterhin der Sozialversicherungspflicht im Herkunftsland, wenn die Entsendung nicht länger als 24 Monate dauert und die Arbeit im Gastland für den Arbeitgeber ausgeübt wird. Nähere Informationen zu Fragen rund um die Sozialversicherung sind erhältlich bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland: www.dvka.de.   

BRANCHENSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN VOR ORT BEACHTEN
Einige Mitgliedstaaten fordern von Unternehmen mit Sitz im EU-Ausland im Vorfeld eines Einsatzes einen Nachweis der ordnungsgemäßen Niederlassung im Herkunftsland, einen Befähigungsnachweis oder zuweilen auch eine besondere Zulassung vor Ort. Vor einem Auslandseinsatz gilt es daher unbedingt zu klären, ob branchenspezifische Auflagen bestehen. Besondere Anforderungen stellen mehrere Mitgliedstaaten vor allem an Dienstleister, die bestimmte Gefahren geneigte Berufe ausüben. In Luxemburg müssen Anbieter Leistungen und Werklieferungen oder -leistungen in den Bereichen Bau, Industrie und Handwerk jährlich eine Meldung beim örtlichen Mittelstandsministerium machen. Besondere Anforderungen bestehen für Elektriker, Kälteanlagenbauer und Dachdecker. Belgien fordert hingegen nur einen Befähigungsnachweis für einige ausgewählte Handwerksberufe, jedoch eine Registrierung als Unternehmer für ausländische Bieter bei Ausschreibungen im Baubereich sowie für Baufirmen im privaten Wohnungsbau, die einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz berechnen wollen. Frankreich verlangt keine Befähigungsnachweise, jedoch im Baubereich eine zehnjährige Versicherungsdeckung. In der Schweiz ist ein Befähigungsnachweis für handwerkliche Berufe nötig und ein darüber hinaus gehender Leistungsnachweis im Bereich Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen. Spanien und die Niederlande verlangen eine besondere Zulassung für einige Gefahren geneigte Berufe wie beispielsweise Elektro- und Gasinstallationen sowie Kälteanlagenbau.

ABC HILFT BEI DER AUFTRAGSBESCHAFFUNG IN DER EU
Mit einem Gesamtvolumen von 1 500 Milliarden Euro in der EU bergen Öffentliche Aufträge ein erhebliches Geschäftspotenzial für leistungsfähige Unternehmen aller Branchen. Das bei der EIC Trier GmbH angesiedelte Auftragsberatungscentre Rheinland-Pfalz (abc) unterstützt Unternehmen bei der Akquise öffentlicher Aufträge im In- und Ausland. Hierzu hat das abc einen Recherchedienst entwickelt, der neben Ausschreibungen aus der Großregion Saar-Lor-Lux auch Ausschreibungen aus der europaweiten TED-Datenbank sowie nationale Ausschreibungen aus verschiedenen EU-Ländern (unter anderem Österreich, Schweiz, Italien) beinhaltet. An öffentlichen Ausschreibungen interessierte Unternehmen können sich entsprechend ihrer individuellen Präferenzen ein maßgeschneidertes Ausschreibungspaket zusammenstellen lassen. In Ergänzung zum Recherchedienst bietet das abc einen Übersetzungsdienst für französischsprachige Ausschreibungstexte an und unterstützt Unternehmen mit einem umfangreichen Beratungsangebot in allen Phasen des Ausschreibungsverfahrens. Das abc-Angebot umfasst nicht nur Beratung zu den deutschen Rechtsordnungen (VOB, VOL), sondern auch hinsichtlich der Besonderheiten des jeweiligen nationalen Vergaberechts in den einzelnen EU-Ländern. Hierzu gibt es auch verschiedene Länderleitfäden mit wertvollen Tipps für die Praxis unter www.abc-rlp.de.

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