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01.12.2005

In ihrer Fabrik geht es bunt zu


Dieser Text ist vom 01.12.2005 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Gabriele Hein-Söns ist Chefin der Lackfabrik in Walsdorf – Das Unternehmen fertigt Maler-Farben und Industrie-Lacke

Riesige Zettelberge mit der Aufschrift „unerledigt“ wird selbst der noch so aufmerksame Beobachter bei dieser Frau nicht finden. Gabriele Hein-Söns lenkt und leitet „ihr“ Unternehmen – die Lackfabrik Hein in Walsdorf – getreu der Devise: „Es gibt viel zu tun. Fangen wir gleich damit an.“ Sie will für ihre Kunden da sein. „Fürs Interview schalte ich mein Handy besser ab“, sagt Gabriele Hein-Söns. Doch es bleibt bei dem Vorsatz, schließlich könnte man ja einen Auftrag verpassen oder sich nicht rechtzeitig um einen Kunden gekümmert haben. „Und das gibt es bei uns nicht.“ Man glaubt der Eifler Geschäftsfrau aufs Wort, wenn sie sich selber beschreibt als „zupackend, zielstrebig und unkonventionell.“ Sie nehme kein Blatt vor den Mund, sage immer gerade heraus, was sie denkt. Deshalb wirke sie oft auch polarisierend. An Selbstbewusstsein mangele es ihr nicht. Ihr sicheres  Auftreten lässt keinen Zweifel aufkommen: Sie hat das Kaliber, sich im harten Konkurrenzkampf auf dem Markt durchzusetzen. Und das in einer Männerdomäne.  Gabriele Hein-Söns: „‘Jeder Mann ist der Sohn einer Frau‘, das sage ich zu diesem Thema immer. Aber ernsthaft: Ich habe noch nie Probleme oder Nachteile im Beruf gehabt, weil ich eine Frau bin. Geschäftspartner merken schnell, dass ich notfalls ein harter Verhandlungspartner bin und man sich an mir die Zähne ausbeißen kann.“

Mit 14 Jahren in die Firma des Vaters

Sie verstehe eben etwas von dem Geschäft, habe das Handwerk von der Pike auf gelernt. „Ich bin seit 41 Jahren hier in der Firma, ich kenne nichts anderes. Ich bin mit Farben aufgewachsen. Sie bestimmen meine Lebens- und meine Arbeitswelt“, sagt sie. Und als 1997 die Entscheidung anstand, alleinige Inhaberin zu werden, musste sie keine Sekunde überlegen. „Das Lebenswerk meines Vaters fortzuführen und weiterzuentwickeln, darin sah und sehe ich eine große Herausforderung.“ Gabriele  Hein-Söns, 1949 geboren, hat den Aufbau vom kleinen Betrieb bis hin zur großen Fabrik hautnah miterlebt und hält heute das Erbe ihrer Vorfahren hoch. 1896 hatte ihr Großvater den Betrieb in Rheinbach bei Bonn gegründet und ihn dann seinem Sohn übergeben. Der siedelte 1938 nach Walsdorf in die Vulkaneifel, „der Liebe wegen.“ Dort, mitten im Ort, ist das Unternehmen auch heute noch zu finden. Es ist stetig gewachsen, mittlerweile könnte man nur noch in die Höhe bauen. Gabriele Hein-Söns, die zwei ältere Schwestern hat und „eigentlich ein Junge werden sollte“, ist es gelungen, den Familienbetrieb zu einem der führenden Unternehmen der Farb- und Lackbranche zu machen.


Das Hausrezept wird nicht verraten
Die Konkurrenz ist groß, „Global Player schieben sich in der Lackbranche in den Vordergrund“,  aber der mittelständische Betrieb mit zehn Beschäftigten hat ein großes Plus: „Wir arbeiten nach eigener Rezeptur. Wir wissen also genau, was in unseren Farben drin ist. Fragt ein Kunde nach, warum ein Ton zum Beispiel heller ist als erwartet, können wir sofort die Fehlerquelle finden. Im jüngsten Fall hatte der Kunde einen Untergrund gewählt, der nicht geeignet war. Dank unserer Rückmeldung konnte er seinen Fehler beheben“, erklärt Lothar Söns, der Ehemann, der seit 2001 im Betrieb mitarbeitet. Doch in der Welt der Farben ist er in seinem Element. Chemie und Physik – das sind seine Steckenpferde. Schnell, so die Chefin,  habe er sich in der Lackbranche einen guten Namen gemacht und sei anerkannter Fachmann im Bereich Rohstoffe, Rezepturen, Qualitätssicherung und Verfahrenstechnik. „Er fühlt sich wohl in seiner Chemie-Küche. Ich bin froh, dass wir uns so gut ergänzen und ich mich auf ihn verlassen kann“, sagt sie.In der Lackfabrik entstehen Lacke, Dispersionsfarben, Holzschutzmittel, spezielle Spachtelmassen, Grundierungen, so genannte Füller, Decklacke, auch Arbeitsmittel. Für führende Industrieunternemen im Kompressorenbau, Stahl- und Maschinenbau sowie im Bereich Gusstechnik werden Korrosionsschutz und Decklacke produziert. Auch steige die Nachfrage nach flüssigen Pigmentpasten, mit denen Betonpflastersteine eingefärbt werden. 1998 wurden alle Betriebsanlagen modernisiert, die Abläufe gestrafft. Gleichwohl war man 2002 an der Kapazitätsgrenze angelangt, das Unternehmen schien aus allen Nähten zu platzen. So wurde ein Teil der Produktion ausgelagert, zwei Partnerfirmen übernahmen die Produktion verschiedener Lacke nach den Hein-Rezepten. „Somit konnten wir größere Chargen fahren und für zusätzliche Firmen produzieren. Umsatzzuwächse gab es vor allem bei Nutzfahrzeuglacken und Grundierungen. Das war zuvor eher ein Nischenprodukt“, heißt es. Und: „In der Produktion von Holzschutz sind wir heute führend.“ Die Firma hat seit jeher das eigene Warenzeichen und lässt Rezepturen und Neuentwicklungen extern in einem Labor überwachen. Qualität und Umweltverträglichkeit – dafür könne keine Richtschnur zu hoch sein.Eine weitere Sparte boomt in Walsdorf, obwohl sie im Grunde nur nebenher läuft. Gabriele Hein-Söns: „Das ist unser Fabrikverkauf. Dort verzeichnen wir in diesem Jahr eine elfprozentige Umsatzsteigerung.“ In dem „Factory-Outlet-Store“ bekomme der Kunde keine Ladenhüter, sondern „frische, professionell gefertigte Ware zum günstigen Preis.“

Klasse statt Masse

Doch, trotz der Umstrukturierung sei das Motto das Gleiche geblieben: „Klein, aber fein; Klasse statt Masse.“ Für Gabriele Hein-Söns sind Know-how und volle Auftragsbücher natürlich wichtig, weil sie helfen, das Überleben zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Aber: „Nicht nackte Umsatzzahlen machen unser Unternehmen aus. Der Betrieb ist nicht hierarchisch aufgebaut. Die Tür zu meinem Arbeitszimmer steht immer offen, die Meinung aller ist gefragt, viele Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Teamarbeit macht einfach Freude. Einzelkämpfer können wenig bewegen“, so die Chefin.

In der Ruhe Kraft schöpfen

Zeit für Freizeitaktivitäten bleibt kaum. Ihr Hobby ist die Familie, die sie „gern bekocht.“ Sohn Florian studiert in Trier Betriebswirtschaft, ist meist nur an den Wochenenden in Walsdorf. Doch Gabriele Hein-Söns genießt es durchaus auch, wenn mal „nichts los ist bei uns.“ Sie liebt die abendliche Stille, entspanntes Lesen oder Spaziergänge. Vor allem Wanderungen an der Nordseeküste bringen der Unternehmerin „totale Entspannung und Ruhe.“ Doch selbst dieses „zur Ruhe kommen“ verfolgt ein bestimmtes Ziel: „Ich will dabei Energie tanken und Zuversicht gewinnen, um das Unternehmen voranzubringen.“ Doch Zuversicht, dass die Lackfabrik weiter schwarze Zahlen schreibt, hat sie im Grunde auch ohne die Auszeiten, „denn gestrichen werden muss ja immer.“

Ingrid Fusenig

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