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01.04.2009

Internetrecht bleibt in Bewegung


Dieser Text ist vom 01.04.2009 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Online Shops müssen aktuelle Rechtsprechung beachten

In kaum einem anderen Rechtsbereich gab es in den vergangenen Jahren soviel Bewegung, gesetzliche Änderungen, unterschiedliche Urteile und empfohlene Musterbelehrungen. Die Pflichten, die Unternehmen zu beachten haben, sind vielfältig und betreffen nicht nur die Anbieterkennzeichnung (Impressum), sondern Informationspflichten im Fernabsatz, im e-Commerce, nach der Preisangabenverordnung, den Datenschutz und so weiter. Darüber hinaus sind Regelungen zur Information über das Widerrufs- und Rückgaberecht, Widerrufsfristen, Wertersatzregelung und Modalitäten bei der Ausübung des Widerrufsrechts (Hin- und Rücksendekosten, Frankier- oder Originalverpackungs-Bitte) zu beachten. Diese Vielfalt von Regelungen und ständig aktualisierter Rechtsprechung lädt Abmahner geradezu ein, aktiv zu werden. Um hier einen schnellen Überblick über zurzeit geltendes Internetrecht zu erhalten, haben wir in dieser Übersicht aktuelle Urteile und Rechtssprechungshinweise für Sie zusammengestellt.

ABMAHNGEFAHR: UNGENAUE ANGABE DER SCHLEUDERWIRKUNGSKLASSE BEI WASCHMASCHINEN
In einem vom OLG Hamm entschiedenen Fall (11. März 2008, Aktenzeichen: 4 U 193/07) gab ein Waschmaschinenhändler in seinem Online-Shop lediglich die Schleuderwirkungsklasse B an, ohne darauf hinzuweisen, dass die Skala von A (besser) bis G (schlechter) reicht.  Die Verordnung über die Kennzeichnung von Haushaltsgeräten mit Angabe des Energieverbrauchs und anderer wichtiger Ressourcen verpflichte zur Deklaration der Schleuderwirkungsklassen auch für das Angebot in Online-Shops, da es bei der Anwendbarkeit maßgeblich darauf ankomme, dass der Verbraucher vor einer Kaufentscheidung die nötigen Informationen auch über die Klassenskala erhält.

KEIN ERSATZ FÜR DIE NUTZUNG BEI AUSTAUSCH DEFEKTER WARE
Der europäische Gerichtshof (EuGH 17. April 2008) hat die Rechte von Verbrauchern beim Austausch defekter Produkte gestärkt. Zeigt sich innerhalb der zweijährigen Gewährleistung ein Mangel, so darf der Händler vom Verbraucher bei Neulieferung eines mangelfreien Produktes keinen Wertersatz für die Nutzung des defekten Produktes verlangen. Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Urteil am 16. Dezember 2008 umgesetzt und das BGB entsprechend angepasst.

LG FRANKFURT AM MAIN ENTSCHÄRFT ANGABEPFLICHT ZU LIEFERZEITEN
Häufig ist es Shoptreibern nicht möglich, die exakte Lieferzeit zu benennen, so dass die Angaben von „circa“ oder „voraussichtlich bis“ reicht. Das KG Berlin hat dies jedoch als unzulässig angesehen. Die aktuelle Entscheidung des LG Frankfurt am Main (3. Juli 2008, 2-31 O 128/07) hält eine Klausel, wonach die angegebenen Lieferzeiten als voraussichtlich zu verstehen sind, dagegen für zulässig. Wichtig sei jedoch, dass Lieferzeitangaben auf Produktseiten und in AGB übereinstimmen.

FRAGE DER HINSENDEKOSTEN BEIM WIDERRUFSRECHT BLEIBT OFFEN
Bislang hatten die Gerichte überwiegend entschieden, dass der Verbraucher die Hinsendekosten nicht tragen muss. Der BGH (1. Oktober 2008, VIII ZR 268/07) hat nun ein laufendes Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt. Somit bleibt die Rechtslage zunächst weiter unklar. (die EU plant in einem neuen Richtlinienvorschlag, die Hinsendekosten immer dem Händler, dafür aber entgegen der bisherigen deutschen Regelung die Rücksendekosten immer dem Verbraucher aufzuerlegen).

UNFREIE RÜCKSENDUNGEN MÜSSEN ANGENOMMEN WERDEN
Das OLG Hamburg (24. Januar 2008, 3 W 7/08) hat erneut entschieden, dass eine Klausel in der Widerrufsbelehrung oder in den AGB, wonach unfreie Rücksendungen nicht angenommen werden, unwirksam und wettbewerbswidrig ist und somit seine Rechtssprechung gefestigt. Eine solche Klausel stelle eine unzulässige Einschränkung des gesetzlich garantierten Widerrufsrechts dar, so das Gericht.

FRANKIERBITTE
Dem gegenüber hat das OLG Hamburg (20. April 2007, 3 W 83/07) die Klausel „Bitte frankieren Sie das Paket ausreichend, um Strafporto zu vermeiden. Wir erstatten Ihnen den Portobetrag dann umgehend zurück“ für zulässig erklärt. Der Verbraucher werde hier nicht darüber getäuscht, wer die Kosten für die Rücksendung für die Ware zu tragen hat. Er könne daraus nur schließen, dass es der Verkäufer als seine Verpflichtung ansieht, die Kosten der Rücksendung zu tragen.

ORIGINALVERPACKUNGSKLAUSEL
Das OLG Hamm (10. Dezember 2004, Aktenzeichen 11 U 102/04) beurteilte folgende Original-Verpackungsklausel als unzulässig „Bitte senden Sie uns die Ware in Originalverpackung zurück und legen Sie den beigefügten Rücksendeschein ausgefüllt dazu…“ Zur Begründung führte das Gericht aus, eine gesetzliche Verpflichtung des Verbrauchers zur Verwendung und Rückgabe der Originalverpackung bestehe nicht. Die Verpackung diene der Geschäftsabwicklung und dem Schutz der Ware vor Transportschäden. Dazu sei aber die Verwendung der Originalverpackung nicht erforderlich. Durch die Klausel könne der Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abgehalten werden, falls die Originalverpackung oder der Rücksendeschein nicht mehr vorhanden oder beschädigt sei. Fraglich ist, ob die Gerichte eine Bitte um Rücksendung in der Originalverpackung akzeptieren würden, wenn zugleich deutlich darauf hingewiesen würde, dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht vom vorhanden sein oder der Unversehrtheit der Originalverpackung abhängig sei (ähnlich der Frankierbitte, Entscheidung siehe oben).

PREISANGABEN UND VERSANDKOSTEN
Erstmals seitdem der BGH im Oktober 2007 grundsätzlich die Frage entschieden hat, an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt im Bestellablauf darüber zu informieren ist, dass Preise in Onlineshops die Mehrwertsteuer enthalten und Versandkosten anfallen, hat sich das OLG Hamburg (16. Januar 2008, 5 U 48/06) angeschlossen und von seiner bisherigen strengen Rechtssprechung distanziert. Es genüge im Internethandel, wenn die Informationen zu den Preisen leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die der Internetbenutzer bei näherer Befassung mit dem Angebot noch vor Einleitung des Bestellvorgangs aufrufen muss. Die Angaben müssen nicht zwangsläufig in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Preisen der einzelnen Waren stehen. Dem ist auch das OLG Frankfurt am Main (6. März 2008, 6 U 85/07) gefolgt. Demnach sei die Angabe der Versandkosten allein in AGB ohne jeglichen Hinweis im Shop zwar unzulässig; der Hinweis müsse aber nicht neben jedem Preis stehen, sondern erst auf einer Seite, die vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen wird und „thematisch“ verknüpft ist (sprechender Link).

STRENGER BEI PREISSUCHMASCHINEN
Das OLG Stuttgart (17. Januar 2008, 2 U 12/07) ist der Auffassung, dass die liberale Auffassung des BGH bei Preissuchmaschinen nicht gelten soll. Hier seien direkt neben dem Preis auch die Versandkosten zu nennen. Zur Begründung führte das Gericht aus, werde die Preisangabe ohne Versandkosten in eine Preissuchmaschine eingestellt, so ist die von der Preisangabenverordnung bezweckte Vergleichbarkeit im Endpreis nicht gewährleistet, zum anderen erliege der Verbraucher, der durch die bloße Preisangabe vorgegebenen Weichenstellung bereits dann, wenn er sich über einen Link in das virtuelle Landenlokal des Werbenden begibt.

AUSLANDSVERSANDKOSTEN MÜSSEN ZWINGEND ANGEGEBEN WERDEN
Bietet ein Onlinehändler Lieferungen auch in das europäische Ausland an, dann muss er auch die Auslandsversandkosten angeben, und zwar nicht erst auf Anfrage des Kunden, sondern schon in der Werbung mit Preisen. Das LG Berlin (24. Juni 2008, 16 O 894/07) entschied, dass dies insbesondere für Unternehmen mit einem nicht nur unerheblichen Auslandsumsatz und gezielter Werbung gilt. Werden hier die Versandkosten nicht genannt, könne dies kein Bagatellverstoß sein.

Weiterhin entschied das Gericht, dass die Verlinkung auf eine externe Grafikdatei zur Erfüllung der Informationspflichten des Unternehmers und der Widerrufs- beziehungsweise Rückgaberechtsbelehrung nicht genüge.

LG FRANKFURT STRAFT ÄNDERUNGEN AM WIDERRUFS-MUSTER AB
Seit dem 1. Oktober 2008 muss die neue Musterbelehrung des Bundesjustizministeriums über das Widerrufsrecht verwendet werden. Einige Onlinehändler verwenden allerdings immer noch das früher geltende Muster oder haben den Originalwortlaut des neuen Musters abgeändert. Diese Fehler wurden bereits mit neuen unnötigen Abmahnungen bestraft. In dem vom LG  Frankfurt (7. Oktober 2008, 2-18 O 242/08) entschiedenen Fall wurde ein Passus der Musterbelehrung versehentlich oder mangels Verständnis des Verwenders weggelassen. Das ist unzulässig und wettbewerbswidrig, entschieden die Richter. Daher muss vor eigenmächtigen Abänderungen der Musterwiderrufsbelehrung oder der Verwendung des alten Musters dringend gewarnt werden.

IGNORIEREN EINER ABMAHNUNG KANN DOPPELT TEUER WERDEN
Ein abgemahnter Händler ließ durch seinen Rechtsanwalt erklären, die geforderte Unterlassungserklärung in den nächsten Tagen abzugeben und überwies kurz danach auch die Kosten der Abmahnung. Die angekündigte Unterlassungserklärung kam jedoch beim Abmahnenden nie an. Dieser erhob ohne nochmaliges Nachfragen Klage auf Unterlassung. Das OLG Celle (29. Juli 2008, 13 W 82/08) wies darauf hin, dass in Wettbewerbsstreitigkeiten grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Abgemahnte eine Unterlassungserklärung nicht abgeben will, wenn er nicht fristgerecht reagiert. Dieser Grundsatz gelte auch dann, wenn er angekündigt hat, eine Erklärung abzugeben. Dies könne nämlich auch Taktik sein, den Gegner hinzuhalten. Hinzu komme, dass der Abgemahnte den Zugang der Unterlassungserklärung beweisen müsse. Außerdem entschied das Gericht, dass der Kläger keine Verpflichtung habe, vor Klageerhebung beim Abgemahnten nachzufragen, warum entgegen der schriftlichen Ankündigung eine Unterlassungserklärung noch nicht eingegangen ist.
Rolf Ersfeld

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