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15.09.2004

'Man muss lieben, was man tut“


Dieser Text ist vom 15.09.2004 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Siegfried Pudritz leitet als Regional Vice President Manufacturing Europe das Werk von JT International Germany in Trier

Wer glaubt, ins Management eines führenden Tabakkonzerns gehöre unbedingt ein passionierter Raucher, irrt im Falle von Siegfried Pudritz: „Ich rauche selbst nicht unbedingt mit Genuss, sondern aus professionellen Gründen, und ich brauche 20 Züge, um herauszuschmecken, was Kenner in einem einzigen Zug erspüren“, bekennt der gelernte Ingenieur, der seit 35 Jahren mit der Firmengeschichte eng verbunden ist und seit zehn Jahren von Trier aus die europäische Produktion leitet. Dass Rauchen letztlich eine Frage des eigenen Lebensstils ist, steht für ihn jedoch fest: „Zigaretten sind ein legales Genussmittel, und jeder sollte die Freiheit haben, sich selbst zu entscheiden“, antwortet er auf die Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz des Rauchens, die angesichts EU-weiter Werbeverbote oder höherer Steuern auf Rauchwaren, die mit den Kosten für das Gesundheitssystem begründet werden, immer mehr in der Öffentlichkeit gestellt wird. Bislang habe die Diskussion, so Pudritz, insgesamt wenig Auswirkungen auf die konsumierte Menge an Tabakwaren gehabt. „ Zigaretten sind nun mal ein kontroverses Produkt, also gehört auch Aufklärung zu unseren Aufgaben.“

DER STANDORT TRIER UND SEIN UMFELD
Die zuweilen hitzig geführte Auseinandersetzung um das Rauchen im Inland hat bislang noch keine spürbaren Auswirkungen auf das JTI-Werk in Trier. „90 Prozent unserer Zigaretten gehen ins Ausland, zum Teil in EU-Staaten, aber auch nach Asien.“ Auch diese Märkte bestimmen mit, wie es um den Standort Trier bestellt ist. Hier macht sich Pudritz‘ Lebenseinstellung bemerkbar: „ Probleme als Herausforderung sehen ist wichtig, aber man sollte sie nie in den Vordergrund stellen, denn es hilft niemandem und bringt nichts nach vorn.“ Weltweit habe das Werk in den Moselauen und generell Deutschland ein ausgesprochen gutes Image: „Wir bieten sehr viel Flexibilität und zugleich eine sehr hohe Qualität, das ist bekannt.“
Aber das Thema Lohnkosten ist etwas, das Unbehagen stiftet. „Als lokaler Manager ist es natürlich, dass ich so viel Konzernengagement wie möglich hier am Standort halten will, und mir ist es gelungen, die Produktion von Werken im Ausland nach Trier zu ziehen“, schildert er die Voraussetzungen. „In Trier sind die organisatorischen und technischen Innovationen weit fortgeschritten.“ Um mögliche Produktionsverlagerungen ins Ausland zu vermeiden, ist es notwendig, die Wettbewerbsfähigkeit zu halten, beispielsweise durch die Senkung der Lohnkosten um zirka 20 Prozent. Auch sei an eine Reduzierung zusätzlich gewährter freier Tage, wie zum Beispiel Schichtfreizeiten, zu denken. Diese Themen werden seit geraumer Zeit mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft erörtert.

INNOVATIONEN UND SOZIALE VERANTWORTUNG GEHÖREN ZUSAMMEN
Pudritz sieht sich in seiner Rolle als Führungskraft auch in der sozialen Verantwortung, die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. „Doch die Kosten dafür müssen vertretbar sein, sonst lässt man den Unternehmern dafür keine Chance.“ Die von JTI selbst geschaffenen Rahmenbedingungen seien gut. „In Trier ist das zweitgrößte Werk des Konzerns weltweit, es ist das wichtigste und das mit der komplexesten Produktion, die heute zwanzig Mal so umfangreich ist wie vor 35 Jahren, als ich hier anfing. 1 000 verschiedene Produkte gehen an 60 verschiedene Märkte.“ Die Mitarbeiter werden motiviert, das an sich schon intensive betriebliche Vorschlagswesen, das derzeit rund 1 400 Verbesserungsvorschläge generiert, weiter auszubauen. Von hier ging die konzernweite Einführung eines SAP-Programmes aus, und ein spezielles Testprogramm filtert in Trier heraus, welches die besten und geeignetsten Maschinen für den weltweiten Einsatz für JTI sind. Mit sichtbarer Begeisterung spricht Pudritz von den Visionen, die zu diesem Erfolg führten, von den Zielen, die passgenau abgesteckt werden mussten, den Veränderungsprozessen, die es zu meistern galt und vom Team, auf das er sich in der ganzen Zeit verlassen konnte.

DEN WILLEN ZUM ERFOLG HABEN
Pudritz arbeitet mit flachen Hierarchien mit hoher Transparenz der jeweils relevanten Informationen. „Wir haben ein ‚ Visual Management‘, jeder kann sehen, woran gearbeitet wird.“ Seine Mitarbeiter sucht er sich danach aus, ob sie führen können, langfristiges Denken verinnerlicht haben und den richtigen Willen zum Erfolg mitbringen. „Ich frage nicht nur nach dem Können, sondern vor allem nach der Motivation. Denn es geht nur, wenn man sich anspruchsvolle Ziele setzt und weiß, was man will. Und meine Leute müssen auch etwas ganz Einfaches können: einem beim Reden offen in die Augen schauen.“ Wie Pudritz selbst sollen JTI-Mitarbeiter an der Mosel das Ziel fest im Blick haben, dass man hier auch in hundert Jahren noch Zigaretten produzieren wird.
Pudritz schätzt es, wenn nicht nur über Vernetzung in der Region geredet wird, sondern wenn sie praktisch gelebt wird. „Wir sind uns unserer Rolle als größter privater Arbeitgeber bewusst. Und wir sorgen dafür, dass die Investitionen von rund 200 Millionen €, die in den letzten fünf Jahren geflossen sind, vor allem Betrieben der Region zu Gute kommen, den Unternehmen der Bau-, Haus- und Elektrotechnik, sowie dem Maschinenbau.“ Mit solchen Partnern vor Ort seien die Verhandlungen fair, und da es nicht der Firmenphilosophie entspreche, allein auf den Preis zu schauen, sondern besonders auf die Qualität, haben sich im Umfeld für alle Seiten positive win-win-Effekte ergeben.
Auch mit Sponsoring, etwa für die Antikenfestspiele, den Trierer Jazzclub oder die Landesgartenschau, engagiere sich JTI für seinen Standort. Wohl logische Folge dieser Orientierung für den Verantwortlichen: Siegfried Pudritz bekam im Frühjahr das Ehrensiegel der Stadt Trier.

PRAGMATISMUS STATT IDEALISMUS
Mit seiner „Packen-wir’s-an“ - Mentalität ist er ein Mensch, der keine Hektik mag, sondern Effizienz, wohl überlegte Schritte und einen gewissen Pragmatismus vorzieht. „Hauptsache, man kommt an sein Ziel“, lautet sein Motto, in dem idealistische Träumereien nicht zu Hause sind. „Ich bin ein solider Mensch“, beschreibt er sich selbst. Freiräume für neue Ideen zu erhalten sei ihm wichtig, betont er, und lässt erkennen, dass er bürokratischen Selbstzweck nicht anerkennt. Einen Ausgleich zur Arbeit findet Pudritz nach Zeiten mit „zu viel Reisen“ vor allem bei seiner Familie. Für die Vertiefung von Hobbys fehle ihm allerdings schlicht die Zeit. „Früher habe ich ein wenig Tennis gespielt oder Golf, aber alles eher auf Sparflamme.“ Was er allerdings noch immer pflegt, ist eine Vorliebe für Oldtimer, gutes Essen und Wein. Womit sich der Kreis in Sachen Genussmittel für den „professionellen Raucher“ schließt.
Angelika Koch

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