01.03.2011
Marktveranstalter fürchten um ihre Existenz
Dieser Text ist vom 01.03.2011 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Landesregierung beurteilt Rechtslage neu – Nicht nur Floh- und Trödelmärkte betroffen
Über 30 Jahre war es in Rheinland-Pfalz von der Landesregierung mitgetragene Verwaltungspraxis, dass behördlich festgesetzte Messen, Märkte und Ausstellungen auch von dem grundsätzlichen Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen befreit sind. Ausgenommen davon waren lediglich besondere, insbesondere die so genannten stillen Feiertage. Obwohl sich die Gesetzeslage nicht geändert hat, soll dies künftig nach Anweisungen der zuständigen Landesministerien nicht mehr gelten.
Auslöser dafür sind zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinstraße aus dem Jahr 2009, das zunächst im einstweiligen Rechtschutzverfahren und anschließend auch im Hauptsacheverfahren entschieden hat, dass in Rheinland-Pfalz die gewerbliche Veranstaltung eines Flohmarktes eine an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich verbotene, öffentlich bemerkbare Tätigkeit ist. Auch die behördliche Marktfestsetzung nach den Vorschriften der Gewerbeordnung würde von diesem Betätigungsverbot nicht befreien, weil der Landesgesetzgeber dafür keine „Öffnungsklausel“ vorgesehen habe.
Obwohl das Gericht bei seiner Betrachtung „nur“ auf so genannte Floh- und Trödelmärkte abstellt, sind die rechtlichen Erwägungen nicht auf derartige Veranstaltungen beschränkt. Sie gelten ebenso für alle anderen Jahr- und Spezialmärkte, aber auch für Messen und Ausstellungen, so zum Beispiel die seit vielen Jahren üblichen regionalen Gewerbe- und Leistungsschauen des stationären Gewerbes, die in der Vergangenheit je nach Größe oder Charakter entweder als Jahrmarkt oder als regionale Ausstellung festgesetzt wurden.
Die Landesregierung folgte bisher der Rechtsmeinung, dass das Feiertagsgesetz in Rheinland-Pfalz eine so genannte „Öffnungsklausel“ beinhaltet. Denn von dem grundsätzlichen Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen sind unter anderem alle Tätigkeiten ausgenommen, „die nach Bundes- oder Landesrecht zugelassen sind“.
Seit der Novellierung des in der Gewerbeordnung – also einem Bundesgesetz – geregelten „Marktrechts“ im Jahr 1977 wurde dieser Verweis auf das Bundesrecht in der Gewerberechtskommentierung auch überwiegend als „Öffnungsklausel“ interpretiert. Nach bisheriger Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis galten deshalb auf Landesebene alle behördlich festgesetzten Messen, Märkte und Ausstellungen von dem allgemeinen Arbeitsverbot des Landesfeiertagsgesetzes als befreit. Das hat 1987 in einem Urteil auch das Verwaltungsgericht Koblenz so gesehen.
„Ohne Sonntagsmärkte haben wir Veranstalter keine Überlebenschance. Die Umsetzung dieser Anweisung käme einem Berufsverbot gleich, unsere materielle Existenz würde vernichtet. Nur in Mainz beruft man sich noch auf ein Gesetz zur Sonntagsruhe, das noch aus der Weimarer Republik stammt. Dann müsste man konsequenterweise alle anderen Sonntags-Aktivitäten, wie Hochzeitsmessen, Verbrauchermessen, Tankstellen mit Shops oder auch die verkaufsoffenen Sonntage der Geschäfte ebenfalls verbieten. Wenn man etwas sinnvoll ändern möchte, dann sollte man Antik- und Flohmärkte dahingehend regulieren, dass man Neuware verbietet. Denn es muss nicht sein, dass hier Artikel an Sonntagen verkauft werden, die jeder Einkaufsmarkt die ganze Woche über anbietet.“
UNTERSCHIEDLICHE RECHTSMEINUNGEN ZU LASTEN DES GEWERBES
Es verwundert daher, dass die Landesregierung in ihrer Rechtsauffassung zwischenzeitlich eine „180-Grad-Drehung“ vollzogen hat. Dabei kann auch die Berufung auf die Entscheidungen des VG Neustadt und auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2010 zur Berliner Ladenöffnungsregelung nicht überzeugen.
Vor allem aber muss die Form, in der die Landesregierung ihre neue Beurteilung der Rechtslage in der Praxis umsetzen will, auf Kritik stoßen. Anstatt für die Zukunft eine klare (landes-)gesetzliche Regelung zu schaffen, wurden und werden die Festsetzungebehörden seit Frühjahr 2010 über das Wirtschaftsministerium in mit dem Innen- und dem Arbeitsministerium abgestimmten Rundschreiben und Dienstbesprechungen aufgefordert, sich künftig die neue „Lesart“ zu eigen zu machen. „Nachdem dies über dreißig Jahre im Land anders praktiziert wurde, sollen in Zukunft Marktveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen nur noch dann festgesetzt werden, wenn dabei „der besondere Charakter dieser Tage gewahrt bleibt“.
„Für mich ist die Anweisung der Landesregierung nicht im Geringsten nachvollziehbar. Die Gesetzesänderung bedeutet für uns Veranstalter eine enorme zusätzliche Kostenbelastung und einen immens steigenden verwirrenden Verwaltungsaufwand. Nicht zuletzt bedeutet diese Entscheidung auch für die Vermieter von öffentlichen Gebäuden und Hallen einen gravierenden Verlust an Einnahmen. Flohmarktveranstaltungen erfreuen sich einer großen Beliebtheit und tragen selbst schon ein Stück Kulturgut in sich. Daran sollte sich auch in Zukunft nichts mehr ändern. Die Verantwortlichen sollten sich schnellstmöglich überlegen, wie man diese Fehlentscheidung am besten wieder korrigieren kann.“
Eine Ausnahme wird bei „Floh- und Trödelmärkten“ auch zugestanden, wenn diese anlässlich eines verkaufsoffenen Sonntags zugelassen werden sollen und ein unmittelbarer, räumlicher Zusammenhang zwischen den teilnehmenden Ladengeschäften und dem festgesetzten Marktplatz besteht. Darüber hinaus sollen von Vereinen organisierte Basare weiterhin zulässig sein, wenn dort „ohne Zahlung eines Entgelts an einen gewerblichen Veranstalter gebastelte, gebrauchte oder selbst hergestellte Gegenstände des alltäglichen Lebens zum Kauf zwecks Sammlung des Erlöses für gemeinnützige Zwecke angeboten werden“. Unklar und höchst fragwürdig bleibt allerdings, warum bei diesen ausnahmsweise als zulässig angesehenen Veranstaltungen entgegen der Auffassung des NG Neustadt eine „Öffnungsklausel“ durch behördliche Entscheidung möglich sein soll.
Bei dieser einseitigen Betrachtung aus Sicht des Sonn- und Feiertagsrechts wird auch übersehen, dass die Gewerbeordnung eine Marktfestsetzung nur dann erlaubt, wenn die vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Festsetzungskriterien beachtet werden. So ist zum Beispiel die Festsetzung eines Jahr- oder Spezialmarktes nur dann zulässig, wenn der Hauptzweck der Veranstaltung im Warenverkauf liegt und dieser der Veranstaltung das Gepräge gibt. Dagegen können reine Informationsveranstaltungen, die lediglich dem Zweck der Absatzförderung dienen, nur als Ausstellung, aber nicht als Jahr- oder Spezialmarkt festgesetzt werden. Die sonstigen Anforderungen an eine Ausstellung sind aber wesentlich höher als an einen Jahr- oder Spezialmarkt, die die Masse der hier zur Diskussion stehenden Veranstaltungen ausmachen. Das ist auch bei den örtlichen und regionalen „Gewerbe- und Leistungsschauen“ zu beachten.
Dabei steht auf einem ganz anderen Blatt, dass sich im Laufe der Jahre auch Veranstaltungsformen entwickelt haben, die mit den allgemeinen gewerbe- und wettbewerbsrechtlichen Anforderungen nicht in Einklang stehen. Das gilt insbesondere für den Neuwarenverkauf auf Floh- und Trödelmärkten. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass diese häufiger zu beobachtende wettbewerbswidrige Praxis, die auch dem betroffenen ortsansässigen Handel Probleme bereitet, ausschließlich ein Vollzugsproblem ist. Dem könnte bei konsequenter Rechtsanwendung durch klare und eindeutige Genehmigungs- und Festsetzungsbescheide und durch verstärkte behördliche Kontrollen vor Ort entgegen gewirkt werden, was die Industrie- und Handelskammern seit Jahren fordern.
Diese Fehlentwicklungen sind aber nicht ausschlaggebend für die neue Beurteilung und von der hier relevanten Rechtsfrage zu trennen, ob das rheinland-pfälzische Feiertagsgesetz entgegen der Auffassung des VG Neustadt durch behördlichen Festsetzungsbescheid eine „Öffnungsklausel“ für Messen, Märkte und Ausstellungen enthält.
Wenn die Landesregierung etwas gegen den teilweise ausufernden Neuwarenverkauf auf Trödelmärkten unternehmen und damit gleichzeitig auf eine bessere Qualität von Marktveranstaltungen hinwirken will, ist das durchaus zu begrüßen. Aber dafür muss nicht „das Kind mit dem Bad ausgeschüttet werden“.
Hobby- und Sammlertreffs,
wie die Veranstaltung Peter-
männchen 2011 der Trierer
Münzfreunde, wiedersprechen
nach Ansicht des rheinland-
pfälzischen Wirtschaftsminis-
teriums nicht dem Arbeits-
verbot an Sonn- und Feier-
tagen.
Leider wird auch in den bisher geführten Diskussionen auf Fachebene und in der Presse diese Trennung zu wenig berücksichtigt, was eine objektive und sachgerechte Betrachtung zunehmend erschwert.
Das ist sowohl für die Verwaltungsbehörden als auch für das Gewerbe eine nicht tragbare Situation. Ob eine Marktveranstaltung festgesetzt wird, darf nicht von der subjektiven Bewertung einer Verwaltungsbehörde oder dem dort zuständigen Sachbearbeiter abhängen. Das Gewerbe braucht Planungssicherheit. Das gilt für professionelle Marktveranstalter und Marktgewerbetreibende ebenso wie für ortsansässige stationäre Gewerbetreibende, die in der Regel über ihre örtlichen beziehungsweise regionalen Gewerbevereine, häufig in Abstimmung mit den Nachbargemeinden, derartige Veranstaltungen langfristig planen.
Folgt man der Rechtsprechung des VG Neustadt, kann – egal für welche Veranstaltungsform – in Rheinland-Pfalz keine behördliche Festsetzung nach der Gewerbeordnung von dem Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen befreien. Wenn die Landesregierung dies neuerdings ebenso sieht, würde es aber genügen, die bisherige Ausnahmeregelung im Feiertagsgesetz, wonach „Tätigkeiten die nach Bundes- oder Landesrecht zugelassen sind“, nach dem Wort „zugelassen“ um die beiden Worte „oder genehmigt“ zu ergänzen. Damit wäre auch den Bedenken des VG Neustadt Rechnung getragen. Denn mit einer solchen „Öffnungsklausel“ wären dann auch behördliche Entscheidungen aufgrund der Gewerbeordnung als Bundesgesetz mit erfasst und die jetzt offenkundig gewordene Rechtsunsicherheit wäre beseitigt.
Aufgrund der Föderalismusreform hat die Landesregierung zusätzlich auch die Möglichkeit, das bisher im Titel IV Gewerbeordnung auf Bundesebene geregelte Recht der „Messen, Märkte und Ausstellungen“ nach ihren Vorstellungen als Landesrecht neu zu regeln. Bisher ist aber nicht erkennbar, dass derartiges geplant ist.
Auslöser dafür sind zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Neustadt a. d. Weinstraße aus dem Jahr 2009, das zunächst im einstweiligen Rechtschutzverfahren und anschließend auch im Hauptsacheverfahren entschieden hat, dass in Rheinland-Pfalz die gewerbliche Veranstaltung eines Flohmarktes eine an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich verbotene, öffentlich bemerkbare Tätigkeit ist. Auch die behördliche Marktfestsetzung nach den Vorschriften der Gewerbeordnung würde von diesem Betätigungsverbot nicht befreien, weil der Landesgesetzgeber dafür keine „Öffnungsklausel“ vorgesehen habe.
Obwohl das Gericht bei seiner Betrachtung „nur“ auf so genannte Floh- und Trödelmärkte abstellt, sind die rechtlichen Erwägungen nicht auf derartige Veranstaltungen beschränkt. Sie gelten ebenso für alle anderen Jahr- und Spezialmärkte, aber auch für Messen und Ausstellungen, so zum Beispiel die seit vielen Jahren üblichen regionalen Gewerbe- und Leistungsschauen des stationären Gewerbes, die in der Vergangenheit je nach Größe oder Charakter entweder als Jahrmarkt oder als regionale Ausstellung festgesetzt wurden.
BISHER VERKANNTE RECHTSLAGE?
Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Neustadt ist nicht neu. Sie wurde von diesem Gericht bereits 2001 und 2003 in entsprechenden Beschlüssen vertreten, was seinerzeit aber weder die Verwaltungsbehörden noch die Landesregierung zum „Überdenken der Rechtslage“ veranlasst hat. Im Gegenteil: Die Landesregierung hat noch am 10. Juli 2009 – als der jetzt im einstweiligen Rechtschutzverfahren ergangene Gerichtsbeschluss bereits unanfechtbar geworden war – die Auffassung vertreten, dass eine „ausdrückliche Ausnahmeregelung für nach der Gewerbeordnung zugelassene Märkte und Veranstaltungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für zwingend erforderlich gehalten wird“ und in Rheinland-Pfalz Marktfestsetzungen nach Auffassung der Landesregierung „schon nach geltendem Recht auch an Sonntagen möglich sind“ (Landtagsdrucksache 15/3571).Die Landesregierung folgte bisher der Rechtsmeinung, dass das Feiertagsgesetz in Rheinland-Pfalz eine so genannte „Öffnungsklausel“ beinhaltet. Denn von dem grundsätzlichen Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen sind unter anderem alle Tätigkeiten ausgenommen, „die nach Bundes- oder Landesrecht zugelassen sind“.
Seit der Novellierung des in der Gewerbeordnung – also einem Bundesgesetz – geregelten „Marktrechts“ im Jahr 1977 wurde dieser Verweis auf das Bundesrecht in der Gewerberechtskommentierung auch überwiegend als „Öffnungsklausel“ interpretiert. Nach bisheriger Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis galten deshalb auf Landesebene alle behördlich festgesetzten Messen, Märkte und Ausstellungen von dem allgemeinen Arbeitsverbot des Landesfeiertagsgesetzes als befreit. Das hat 1987 in einem Urteil auch das Verwaltungsgericht Koblenz so gesehen.
Roman Lücker,
Antikhändler, Kinheim
Antikhändler, Kinheim
UNTERSCHIEDLICHE RECHTSMEINUNGEN ZU LASTEN DES GEWERBES
Vor allem aber muss die Form, in der die Landesregierung ihre neue Beurteilung der Rechtslage in der Praxis umsetzen will, auf Kritik stoßen. Anstatt für die Zukunft eine klare (landes-)gesetzliche Regelung zu schaffen, wurden und werden die Festsetzungebehörden seit Frühjahr 2010 über das Wirtschaftsministerium in mit dem Innen- und dem Arbeitsministerium abgestimmten Rundschreiben und Dienstbesprechungen aufgefordert, sich künftig die neue „Lesart“ zu eigen zu machen. „Nachdem dies über dreißig Jahre im Land anders praktiziert wurde, sollen in Zukunft Marktveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen nur noch dann festgesetzt werden, wenn dabei „der besondere Charakter dieser Tage gewahrt bleibt“.
Rainer Probson,
Eifeler Veranstaltungsservice, Hillesheim
Eifeler Veranstaltungsservice, Hillesheim
FESTSETZUNGEN KÜNFTIG NUR NOCH IN BESONDEREN AUSNAHMEFÄLLEN?
Nach den letzten ministeriellen Ausführungen müssen die Festsetzungsbehörden künftig prüfen, ob der Hauptzweck einer geplanten Veranstaltung „im Warenabsatz und damit in einer typischerweise an Werktagen stattfindenden Tätigkeit liegt“; falls ja, soll die Behörde die Festsetzung an einem Sonn- oder Feiertag ablehnen. Nur dann, wenn es sich nicht um „reine Verkaufsveranstaltungen“ handelt und „der Hauptzweck in der Förderung von Erholung, Freizeitinteressen und anderen nicht werktäglichen Unternehmen besteht“, soll eine Festsetzung an Sonn- und Feiertagen möglich sein. Als Beispiele dafür nennt das Ministerium „Antikmärkte“, „Oldtimermärkte“, „Hochzeitsmessen“ und „Ausstellungen“, wenn deren Veranstaltungsprogramm an Sonntagen und Feiertagen durch ein „Rahmenprogramm zur Unterhaltung und/oder Information oder durch Präsentationen für alle Generationen angereichert wird“. Das soll analog für „Weihnachtsmärkte“ gelten.Eine Ausnahme wird bei „Floh- und Trödelmärkten“ auch zugestanden, wenn diese anlässlich eines verkaufsoffenen Sonntags zugelassen werden sollen und ein unmittelbarer, räumlicher Zusammenhang zwischen den teilnehmenden Ladengeschäften und dem festgesetzten Marktplatz besteht. Darüber hinaus sollen von Vereinen organisierte Basare weiterhin zulässig sein, wenn dort „ohne Zahlung eines Entgelts an einen gewerblichen Veranstalter gebastelte, gebrauchte oder selbst hergestellte Gegenstände des alltäglichen Lebens zum Kauf zwecks Sammlung des Erlöses für gemeinnützige Zwecke angeboten werden“. Unklar und höchst fragwürdig bleibt allerdings, warum bei diesen ausnahmsweise als zulässig angesehenen Veranstaltungen entgegen der Auffassung des NG Neustadt eine „Öffnungsklausel“ durch behördliche Entscheidung möglich sein soll.
PRAXISUNTAUGLICHE VORGABEN
Wen kann es bei diesen interpretationsbedürftigen Vorgaben verwundern, dass sowohl auf Veranstalterseite als auch auf Seiten der Festsetzungsbehörden Unverständnis und Verwirrung herrscht. Vor allem die professionellen Marktveranstalter fürchten auch um ihre Existenz. Sie haben an vielen Orten im Laufe vieler Jahre häufig in Absprache mit Gemeinden oder örtlichen Planern feste Veranstaltungstermine eingeplant und wissen jetzt nicht mehr, ob die Behörden ihre Anträge noch genehmigen werden. Aber auch die Festsetzungsbehörden stehen vor einem Dilemma. Wenn sie den neuen ministeriellen Vorgaben folgen, müssten sie bis auf wenige besondere Ausnahmen alle Anträge ablehnen. Denn es ist lebensfremd zu glauben, dass Veranstalter, Marktbeschicker und Aussteller auf Messen und Ausstellungen ihre Waren und Dienstleistungen an Sonn- und Feiertagen hauptsächlich deshalb anbieten und präsentieren, um den Besuchern ein nach dem Feiertagsgesetz unbedenkliches „Freizeitvergnügen“ zu ermöglichen.Bei dieser einseitigen Betrachtung aus Sicht des Sonn- und Feiertagsrechts wird auch übersehen, dass die Gewerbeordnung eine Marktfestsetzung nur dann erlaubt, wenn die vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen Festsetzungskriterien beachtet werden. So ist zum Beispiel die Festsetzung eines Jahr- oder Spezialmarktes nur dann zulässig, wenn der Hauptzweck der Veranstaltung im Warenverkauf liegt und dieser der Veranstaltung das Gepräge gibt. Dagegen können reine Informationsveranstaltungen, die lediglich dem Zweck der Absatzförderung dienen, nur als Ausstellung, aber nicht als Jahr- oder Spezialmarkt festgesetzt werden. Die sonstigen Anforderungen an eine Ausstellung sind aber wesentlich höher als an einen Jahr- oder Spezialmarkt, die die Masse der hier zur Diskussion stehenden Veranstaltungen ausmachen. Das ist auch bei den örtlichen und regionalen „Gewerbe- und Leistungsschauen“ zu beachten.
LIBERALES MARKRECHT AUF DEM PRÜFSTAND
Bei dieser Betrachtungsweise tritt gleichzeitig in den Hintergrund, dass der Bundesgesetzgeber mit der Novellierung des Rechts der Messen, Märkte und Ausstellungen vor über dreißig Jahren neuen Entwicklungen und Markformen Rechnung tragen wollte, die sich zwischenzeitlich, zum Beispiel in der Form von Floh- und Trödelmärkten als Unterfall eines Jahrmarktes, herausgebildet haben und vielerorts zur Belebung des örtlichen Geschehens und auch des ortsansässigen Handels mit beitragen.Dabei steht auf einem ganz anderen Blatt, dass sich im Laufe der Jahre auch Veranstaltungsformen entwickelt haben, die mit den allgemeinen gewerbe- und wettbewerbsrechtlichen Anforderungen nicht in Einklang stehen. Das gilt insbesondere für den Neuwarenverkauf auf Floh- und Trödelmärkten. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass diese häufiger zu beobachtende wettbewerbswidrige Praxis, die auch dem betroffenen ortsansässigen Handel Probleme bereitet, ausschließlich ein Vollzugsproblem ist. Dem könnte bei konsequenter Rechtsanwendung durch klare und eindeutige Genehmigungs- und Festsetzungsbescheide und durch verstärkte behördliche Kontrollen vor Ort entgegen gewirkt werden, was die Industrie- und Handelskammern seit Jahren fordern.
Diese Fehlentwicklungen sind aber nicht ausschlaggebend für die neue Beurteilung und von der hier relevanten Rechtsfrage zu trennen, ob das rheinland-pfälzische Feiertagsgesetz entgegen der Auffassung des VG Neustadt durch behördlichen Festsetzungsbescheid eine „Öffnungsklausel“ für Messen, Märkte und Ausstellungen enthält.
Wenn die Landesregierung etwas gegen den teilweise ausufernden Neuwarenverkauf auf Trödelmärkten unternehmen und damit gleichzeitig auf eine bessere Qualität von Marktveranstaltungen hinwirken will, ist das durchaus zu begrüßen. Aber dafür muss nicht „das Kind mit dem Bad ausgeschüttet werden“.
Hobby- und Sammlertreffs,
wie die Veranstaltung Peter-
männchen 2011 der Trierer
Münzfreunde, wiedersprechen
nach Ansicht des rheinland-
pfälzischen Wirtschaftsminis-
teriums nicht dem Arbeits-
verbot an Sonn- und Feier-
tagen.
Leider wird auch in den bisher geführten Diskussionen auf Fachebene und in der Presse diese Trennung zu wenig berücksichtigt, was eine objektive und sachgerechte Betrachtung zunehmend erschwert.
LANDESPOLITISCHE LÖSUNG GEFRAGT
Es kann daher nicht überraschen, dass es bisher weder auf Landes- noch auf Kreisebene die vom Ministerium gewünschte einheitliche Verwaltungspraxis gibt. Nur teilweise halten sich die Behörden an die Vorgaben und lehnen die ihres Erachtens „rein kommerziellen“ Veranstaltungen ab. Andere Behörden setzen die beantragten Veranstaltungen wie bisher fest und warten die weitere Entwicklung ab. Eine einheitliche Linie ist – wie das zu befürchten war – nicht zu erkennen.Das ist sowohl für die Verwaltungsbehörden als auch für das Gewerbe eine nicht tragbare Situation. Ob eine Marktveranstaltung festgesetzt wird, darf nicht von der subjektiven Bewertung einer Verwaltungsbehörde oder dem dort zuständigen Sachbearbeiter abhängen. Das Gewerbe braucht Planungssicherheit. Das gilt für professionelle Marktveranstalter und Marktgewerbetreibende ebenso wie für ortsansässige stationäre Gewerbetreibende, die in der Regel über ihre örtlichen beziehungsweise regionalen Gewerbevereine, häufig in Abstimmung mit den Nachbargemeinden, derartige Veranstaltungen langfristig planen.
Folgt man der Rechtsprechung des VG Neustadt, kann – egal für welche Veranstaltungsform – in Rheinland-Pfalz keine behördliche Festsetzung nach der Gewerbeordnung von dem Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen befreien. Wenn die Landesregierung dies neuerdings ebenso sieht, würde es aber genügen, die bisherige Ausnahmeregelung im Feiertagsgesetz, wonach „Tätigkeiten die nach Bundes- oder Landesrecht zugelassen sind“, nach dem Wort „zugelassen“ um die beiden Worte „oder genehmigt“ zu ergänzen. Damit wäre auch den Bedenken des VG Neustadt Rechnung getragen. Denn mit einer solchen „Öffnungsklausel“ wären dann auch behördliche Entscheidungen aufgrund der Gewerbeordnung als Bundesgesetz mit erfasst und die jetzt offenkundig gewordene Rechtsunsicherheit wäre beseitigt.
Aufgrund der Föderalismusreform hat die Landesregierung zusätzlich auch die Möglichkeit, das bisher im Titel IV Gewerbeordnung auf Bundesebene geregelte Recht der „Messen, Märkte und Ausstellungen“ nach ihren Vorstellungen als Landesrecht neu zu regeln. Bisher ist aber nicht erkennbar, dass derartiges geplant ist.