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01.01.2005

Menschlichkeit motiviert


Dieser Text ist vom 01.01.2005 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Brigitte Epper beweist Stehvermögen in einer klassischen Männerdomäne

Der Handel mit Maschinen und Werkzeugen für die Holzbearbeitung ist seit rund dreißig Jahren die berufliche Welt einer zweifachen Mutter, die 2002 nach dem Tod ihres Mannes die Geschäftsführung eines renommierten Neun-Mann-Betriebes übernahm. „Als Frau bin ich in dieser Branche ein absoluter Exot“, sagt sie selbstbewusst.
Sie ist ein zierlich wirkender Mensch, aber im Händedruck und in den Augen ist das spürbar, was Brigitte Epper voran trägt: jede Menge Energie – fließend und nicht starr, dafür um so zuverlässiger. „In der Händlerkooperation, zu der ich gehöre, bin ich unter 51 Männern natürlich eine exotische Erscheinung, außer mir gibt es derzeit nur noch eine Firma mit weiblicher Führung“, beschreibt sie lächelnd einen Teil ihres Berufsalltags. Dank ihres Mutes – „Ich traue mich als Frau wenigstens zuzugeben, dass ich manches nicht weiß und Tipps brauche, aber dazu ist solch ein Zusammenschluss schließlich da!“ – und ihrer Entschlossenheit, ihren Weg zu gehen, wurde ihr eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Maschinenhandels-Cooperation Gewema angetragen. Jedoch sie lehnte ab: „Dazu fehlt dann doch die Zeit. Aber ich bringe mich aktiv und gern mit ein.“ Sich zu engagieren ist ihre Sache, auch in Bitburg. Sie empfindet es als gute Pflicht, sich als Bürgerin einzumischen.
Arbeiten ist für sie selbstverständlicher Lebensinhalt. „ Ich habe früh geheiratet und bekam von meinen Schwiegereltern schnell viel Vertrauen und viel Verantwortung für das Geschäft übertragen“, lässt die gelernte Bürokauffrau die Vergangenheit Revue passieren. Den Beruf erlernte sie nach dem Fachabitur Wirtschaft, um selbst auch ausbilden zu dürfen, was für den seit 1937 im Familienbesitz befindlichen Betrieb ihres Mannes wichtig war. Seither war sie fester Bestandteil des Firmenalltags und entwickelte ein freundschaftliches Verhältnis zu den derzeit neun fest Angestellten, von denen einige schon zwanzig oder vierzig Jahre lang zum Maschinenhandel Epper gehören. Jeden Freitag gibt es ein Meeting mit allen Angestellten, dann geht es bei Bedarf nicht nur um Geschäftliches, sondern auch schon mal um private Nöte. Die Auszubildenden in den Bereichen Verkauf oder Mechatronik lernen mit der Zielsetzung, später vom Betrieb übernommen zu werden. „Unser Metier erfordert ein sehr breites und profundes Wissen über sehr viele Maschinen und Arbeitsvorgänge, da wollen wir als Unternehmen die Früchte der Ausbildung selbst ernten.“ Denn die Branche sei sehr beratungsintensiv.

DIE NÄHE ZU MITARBEITERN UND KUNDEN MACHT DEN ERFOLG AUS
Als Hubert Epper, der als Ingenieur auch lufttechnische Anlagen entwickelte und damit ein weiteres Standbein für seinen Betrieb geschaffen hatte, vor zwei Jahren starb, war es für seine Frau selbstverständlich, die Aufgabe als Geschäftsführerin zu übernehmen. „Unsere Kunden und Lieferanten haben mitgemacht, das von ihm aufgebaute Renommee konnten wir halten“, ist Brigitte Epper froh über das Vertrauen, das ihr Mitarbeiter und Stammklientel gaben. „Zuvor war die Buchhaltung mein Schwerpunkt, aber ich war auf Tagungen und Geschäftsreisen immer dabei, so dass ich nichts übernehmen musste, was mir fremd gewesen wäre.“
Die Nähe, die sie auch innerbetrieblich zulässt und in Richtung der Mitarbeiter mit einer hohen Transparenz für die geschäftlichen Abläufe bewusst fördert, zeichnet auch das Verhältnis zur Kundschaft aus. Einige der Schreinereien, die Brigitte Epper mit speziellen Maschinen für die unterschiedlichen Anforderungen beliefert und die im Umkreis von 150 Kilometern bis hinein nach Belgien und Luxemburg angesiedelt sind, gehören schon in der dritten Generation zu den Abnehmern. „In Mailings wie den Epper-News informieren wir über neue technische Entwicklungen, die wir anbieten können. Alle zwei Jahre gibt es eine Hausmesse“, erläutert sie das Marketingkonzept, „das ist dann beinahe wie eine Familienfeier.“ Wer auf der Suche nach einer Gerätschaft zur Holzverarbeitung in die Verkaufshalle am Bitburger Südring kommt, trifft auf einige liebevolle Details, die man in einer nüchternen Handwerkerwelt nicht unbedingt erwarten würde. Neben dem prächtig geschmückten Weihnachtsbaum steht eine Kirschbaumwurzel – auf den Kopf, mit den feinen Verästelungen nach oben. „Damit will ich ausdrücken, dass wir auch Überraschendes bieten und offen sind für neue Ideen“, sagt die Chefin. Dass jeder Besucher, der die Zeit mitbringt, natürlich Kaffee und Leckeres bekommt und auch Gelegenheit hat, mal über anderes zu reden als nur Berufliches, versteht sich für Brigitte Epper von selbst. Vielleicht mit ein Grund, warum ihr Handelsgeschäft gegen den Trend ihrer Branche beständig gute Zahlen schreibt.

BEHUTSAM NEUERUNGEN EINFÜHREN
Nachdem sie sich vor der Trauer um ihren Mann in die Arbeit stürzte und auch ihr Hobby – das Golfspielen im Verein – als ermutigende Struktur ihres Lebens beibehielt, hat sich in aller Behutsamkeit ein wenig geändert im Epper Maschinenhandel. Rein äußerlich sind das die Umstellung des Geschäftsjahres auf das Kalenderjahr und die Änderung der Rechtsform des Betriebes. Dadurch mussten alle Verträge und Genehmigungen umfirmiert werden – ein enormer Arbeitsaufwand und zugleich die Chance einer Generalübersicht über das, was auf sie als Geschäftsführerin zukam. Ein Rating hat sie „aus Neugier“ machen lassen, weil sie möglichst umfassend und realitätsnah wissen wollte, wo sie betrieblich stand. „Wir Frauen sind vermutlich mehr darauf geeicht, viele Facetten gleichzeitig wahrzunehmen und zwischen den Zeilen zu lesen“, beschreibt sie das, was sie von ihren Kollegen unterscheidet. Als Nachteil empfindet sie ihr Frausein in der Männerdomäne nicht, „im Gegenteil, ich habe das Gefühl, auf meine Meinung wird großer Wert gelegt“. Sie ernte vergleichsweise mehr Höflichkeit und Aufmerksamkeit. „In unserer Branche und im Handel allgemein wird oft viel gefeilscht. Das liegt mir nicht, ich versuche es lieber mit Fairness und sage offen im Voraus, was wie viel kostet.“ Mit dieser Haltung treffe sie auf immer mehr Akzeptanz und Respekt bei den männlichen Kollegen und Kunden.

OFFENHEIT MACHT MUT
Durch Menschlichkeit und nicht durch Autorität führen und motivieren – das kommt ihr entgegen. „Ich möchte immer alle Beteiligten einbinden. Das scheint zu funktionieren, denn ich bemerke bei meinen Leuten keine inneren Kündigungen. Schließlich ist in solch einer Firma jedes ‚Rädchen’ wichtig.“ Um mehr Flexibilität für die Kunden zu ermöglichen, sind ganz konkret die Montage-Liefer-Pläne für alle offen zugänglich, so dass jeder eigenverantwortlich entscheiden kann, wenn sich plötzliche Änderungen ergeben. Die wöchentlichen Meetings werden abwechselnd moderiert und protokolliert, so dass jeder einmal an der Reihe ist. „Für alles Weitere bin ich sozusagen der Kummerkasten.“ Sie sieht sich als Arbeitgeberin und freundschaftliche Begleiterin in einem. „Der Betrieb ist mein Leben geworden.“ Die mittlerweile erwachsenen Kinder sind ihre nächste Priorität. „Das Soziale war für mich immer wichtig. Früher habe ich zum Beispiel auch Familiengottesdienste mitorganisiert.“ Doch zu solchen Aktivitäten bleibe ihr keine Zeit, ihr Alltag habe sich sehr verändert und ihre Kontakte ebenso. „Es sind eben aus anderen Bereichen andere Menschen hinzugekommen.“ Etwas hat sie auch verloren, und darüber ist sie froh: „Ich hatte Angst, öffentlich zu reden. Aber in meiner neuen Rolle musste ich es lernen, und jetzt weiß ich, man hat nichts zu verlieren, wenn man offen ist.“
Angelika Koch

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