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02.12.2006

Nahrungsmittel: Mit gutem Appetit in neue Märkte


Dieser Text ist vom 02.12.2006 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Regionale Hersteller von Pizza, Pasta und Co. setzen auf „gesund und schnell“

GironeIn Eifel und Moselland gibt es nicht nur Mineralwasser, Premium-Bier, Edelschinken oder Weltklasseweine, sondern noch mehr an Schmackhaftem. Gestützt vom Trend zur „Convenience“ sind hier Produzenten von Tiefkühl- und Fertiggerichten auf Wachstumskurs. Die Standortfaktoren stimmen.

Laut einer aktuellen Erhebung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gehen 39 Prozent aller Einkäufer im Lebensmitteleinzelhandel davon aus, dass der Anteil der so genannten Convenience-Produkte – also Fertiggerichte aller Art – immer weiter steigen wird. Trotz einer Flut von Koch-Shows im Fernsehen und der Existenz einer kleinen, feinen Slow-Food-Bewegung werden Tiefkühlpizzen und ihre Verwandten folglich noch häufiger als bisher den Weg in die europäischen Backöfen und Mikrowellen finden. Die zunehmende Zahl von Singlehaushalten, die Auflösung fester Familienstrukturen mit gemeinsamen Mahlzeiten, Zeitmangel durch Berufstätigkeit und zunehmende Genussorientierung werden hierfür auf der privaten Ebene als Gründe genannt. Die Gastronomie setzt auf Convenience vor allem aus Rationalisierungsgründen und um ein standardisiertes Qualitätsniveau unabhängig von variablen Faktoren gewährleisten zu können. Mit anderen Worten: Ein Ende des Nachfrage-Booms ist für die Branche nicht in Sicht.
Im Segment Tiefkühlpizza ist für Deutschland mit einem Marktanteil von 40 Prozent Dr. Oetker mit seinem Werk in Wittlich Marktführer (vgl. Artikel „Standort Wittlich mit sehr guter Prognosen“). Die Produktlinien Ristorante, Ofenfrische und Culinaria sowie die Snacks Bistro und Intermezzo fehlen in keinem Supermarkt. „In Deutschland liegt der Marktumfang von Tiefkühlpizzen bei über 800 Millionen Euro jährlich, ohne Aldi. Trotz der rückläufigen demografischen Entwicklung verzeichnen wir mit unserem Angebot in diesem gesättigten Markt ein Wachstum von fünf Prozent, das spricht für sich“, ist Werksleiter Eckhard Knoll zufrieden mit der Entwicklung. Die Klientel nämlich reicht vom fünfjährigen Dreikäsehoch bis zum Senioren und könnte umfassender kaum sein. Die generelle Werbebotschaft für die wichtigste Linie Ristorante lautet, dass es so gut schmeckt wie beim Italiener. Nicht etwa die bequeme Zubereitung als Fast Food wird kommuniziert, sondern der mediterrane Genuss am Essen, und die klassischen italienischen Geschmacksrichtungen machen das Gros des Absatzes aus. Doch bei der Auswahl der Rohstoffe setzt der Hersteller voll auf das Vertrauen, das in die Marke Dr. Oetker über Generationen hin gewachsen ist: „Es ist im Grunde ein deutsches Fertiggericht mit Zutaten, die von ausgewählten Erzeugern kommen und deren Qualität und Frische permanent geprüft werden“, beschreibt Knoll die strengen Richtlinien für die Herstellung der Pizzen. Fettreduzierte oder vegetarische Varianten betonen den Gesundheitsaspekt. Dr. Oetker ist eines der Unternehmen, die sehr früh Umweltschutzthemen einbezogen haben. So arbeitet das Wittlicher Werk mit Energierückgewinnung: Die beim Tiefgefrieren anfallende Wärme wird für die Heizung der Verwaltung und für die Warmwasserversorgung gespeichert.

Mit Lasagne aus Bitburg in der Luft
Wenn der Firmenname Giacobbe im Vergleich zu Dr. Oetker wenig bekannt ist, dann liegt das an der grundsätzlich anderen Vermarktung: Die Hälfte des Umsatzes an Lasagne, Moussaka, Tortellini und anderer Teigwarengerichte geht europaweit an den Großhandel, an Großküchen und an die Gastronomie. Rund 35 Prozent macht das Co-Packing für fremde Marken aus, der Rest geht zum Beispiel an die Caterer von Fluglinien. „High Convenience für anspruchsvolle Genießer“ lautet die Anforderung an das Niveau der rund 200 verschiedenen Produkte, die mit speziellen Anlagen und mit ebenso speziell ausgetüftelten Rezepten gefertigt werden. Hier muss etwa eine Bolognesesauce noch die typische körnige Struktur des Hausgemachten aufweisen können. „Wir haben eine gut abgestimmte Nische mit einem Touch ‚handmade’“, umschreibt der geschäftsführende Gesellschafter Rainer Nels die Ausrichtung des seit 1997 im Bitburger Industriegebiet Auf Merlick ansässigen Unternehmens. „Das ist zwar etwas aufwändiger und teurer in der Produktion, aber das macht uns unverwechselbar.“ Mit rund 50 Mitarbeitern zumeist in Vollzeitanstellung und im Zweischichtbetrieb habe das Unternehmen eine Größe, die im idealen Verhältnis zum Markt und zur beständigen Anforderung an die Kreation neuer Fertiggerichte steht. Wichtig für das optimale Funktionieren des Betriebs sind die geringe Mitarbeiterfluktuation und ein beinahe familiäres Klima, das für Bindung und Transparenz in den Arbeitsabläufen gleichermaßen sorgt. „Hier sind natürlich auch angelernte Kräfte beschäftigt, aber vor allem sind gut ausgebildete Köche und Lebensmitteltechniker gefragt.“ Denn die Menüs werden vor Ort in aufwändigen Verfahren ausgewählt, auf ihre Anwendbarkeit getestet und umgesetzt. Rund die Hälfte der Innovationen kommt aus dem eigenen Erfahrungsschatz, die andere wird angeregt durch Anfragen von Kunden. „Wir sind dauerhaft im Dialog mit unseren Abnehmern, um Gerichte ihren Wünschen entsprechend zu entwickeln.“ Seit acht Jahren verzeichnet Nels eine stark gestiegene Nachfrage an vegetarischen Speisen, „das macht mittlerweile mehr als die Hälfte aus“. Exotische Küchenfantasien etwa mit orientalischen Anklängen sind möglich, aber weniger gefragt. Die Renner im Produktportfolio sind nach wie vor die Lasagne Bolognese oder die Lachslasagne, Tortellini mit Ricotta und Spinat oder Ravioli mit Steinpilzen. „Die Kunden brauchen hochwertige, aber massentaugliche, gut portionierbare und unkompliziert aufzubereitende Ware zu einem vernünftigen Preis“, lautet Nels’ Erfahrung mit seinen Abnehmern. Entscheidend sei nicht nur der gute Geschmack, sondern auch das einfache Handling mit Hunderten von Portionen zugleich. Mit einem gängigen Vorurteil gegen Convenience kann Nels trotz hoher Produktionsmengen aufräumen: „Wir erfüllen in der Herstellung eine Flut von Auflagen, die Qualität von Convencience allgemein ist in den letzten Jahren viel besser geworden und übertrifft in der Regel die Standards normaler Supermarktware.“ Nels selbst, beruflich von Erfahrungen im Bereich der Eifeler Direktvermarkter geprägt, bezieht das Fleisch komplett vom Schlachthof Prüm, auch Getreide stammt möglichst aus der Region. „Wenn es irgend geht, setze ich auf ganz kurze Transportwege bei den Zutaten.“  Mit dieser Philosophie und ständig wachsender Nachfrage kann das Unternehmen gut leben. Sorgen bereitet allerdings die Preislawine bei Rohstoffen und Energie.

Die Sensorik entscheidet
Seine Wurzeln hat auch Fabry’s Food & Snack e. K. in der Eifel: Der Betrieb mit Sitz in Dudeldorf ist aus einer traditionellen Metzgerei hervorgegangen. Ein Stamm von qualifizierten Mitarbeitern, die den sorgfältigen Umgang mit Lebensmitteln und hohe Hygienestandards bereits verinnerlicht hatten, konnte so in die hoch moderne und mehrfach zertifizierte – ISO, Umweltmanagement und International Food Standard – Produktion von frisch belegten Backwaren und Snacks überwechseln. Heute sind die hundertzwanzig Beschäftigten zur Hälfte in Vollzeit tätig, die andere Hälfte in Teilzeit, denn der Markt erfordert mit kurzen Bestellzeiten und überwiegend kurzen Mindesthaltbarkeitsdaten eine hohe Flexibilität und die Fähigkeit, Produktionsspitzen schnell aufzufangen. Seit drei Jahren erschließt Fabry’s auch unter eigenem Label den deutschen Einzelhandel, doch den größten Absatz finden die Snacks europaweit nach wie vor als Catering für Fluglinien, in der Systemgastronomie, in Coffee Shops und auch als Frühstücks-Versorgung bei amerikanischen und französischen Streitkräften. Die ständig steigende Nachfrage nach so genanntem Fast Food hat Fabry’s im Entschluss bestätigt, im vergangenen Jahr rund 25 neue Jobs zu schaffen und nun auch eine Erweiterung in Lager und Produktion zu planen. Dabei betont Geschäftsführer Hans-Josef Fabry, wie bedeutsam die Öffentlichkeitsarbeit und die Produktaufklärung beim Gang in den Endverbrauchermarkt ist: „Wir bieten bewusst eine hochwertige und sensorisch gute Ware, die nicht ins Niedrigpreissegment gehört. Wir verzichten auf weniger qualitätsvolle Zutaten wie Schmelzkäse, unsere Produkte sind ernährungsphysiologisch ausgewogen und sie werden mit bestimmten Aromaschutzverfahren hergestellt, die aufwändig sind. Unsere Großabnehmer wissen das und können das Preis-Leistungsverhältnis daher richtig einschätzen. Doch man kann solche Unterschiede kaum dem Endkunden auf der Verpackung kommunizieren.“ Die Qualität der Snacks unterstreicht Fabry’s mit charakteristischen so genannten Länderwelten: Die Backwaren etwa für die französische Linie „Bistro“, die italienische Linie „Trattoria“, das traditionelle deutsche Frühstück und die amerikanisch inspirierten Bagels oder Sandwiches stammen teils aus der Region, teils jedoch original aus den genannten Ländern. Vegetarischer Brotbelag, etwa aus Grillgemüse, und ein eigens entwickelter gluten- und cholesterinfreier Brotaufstrich erfüllen den Bedarf an Snacks, die eine gesundheitsorientierte Komponente haben. Besonderen Wert legen Hans-Josef und Anna Fabry auf die technologische Qualität in der Herstellung: „Mit einer speziellen Aroma Cross Folie, die mit erhitzt werden kann, bleiben die Waren kross und auch ohne Geschmacksverstärker so delikat wie bei ganz frischen hausgemachten Snacks.“ Mit dem Vorteil, den die Verbraucher in der Branche suchen, dass die Zwischendurch-Mahlzeiten schnell und bequem als Pausenbrot oder als so genanntes office food dienen können. In der Systemgastronomie sichert die Folie zudem eine hygienisch geschlossene Kette von der Produktion bis zum Gast.

Neue Märkte jenseits konventioneller Produkte
Weitgehend fort von der traditionellen Tiefkühlpizza und hin zu neuen Nischen lautet die Richtung der Girone Tiefkühlspezialitäten GmbH in Trier. Das Werk war bereits seit einigen Jahrzehnten unter anderer Firmierung am Markt und wird seit 2001 von der Familie Girone geführt. Seitdem hat sich das Portfolio geändert, so Werksleiter Frank Maier. „Der überwiegende Teil ist heute in der Frische zu suchen. Hier gibt es neben der konventionellen Linie zwischenzeitlich auch Light-Produkte und Bio-Pizzen. Besonders stolz sind wir auf die Einführung von Weight-Watcher-Pizzen, die ab Januar in den Regalen der Supermärkte stehen und in unserem Betrieb in Trier produziert werden.“ Auch bei Girone macht die Herstellung von Privatlabels für andere Handelsmarken einen wichtigen Teil des Umsatzes aus, der in ganz Europa und in einer breit gestreuten Zielgruppe vom Single über die Großfamilie bis zum Senioren erwirtschaftet wird. Der klassische Lebensmitteleinzelhandel und die Discounter sich die wichtigsten Vertriebswege. Aus dem Repertoire der Convenience-Produkte sei die Pizza nicht wegzudenken, wobei der Anteil der Frische-Produkte in der Art, wie Girone sie fertigt, in Deutschland noch eher bescheiden sei. „Dies ist jedoch nur in Deutschland so. Bei einem Blick über den Gartenzaun essen unsere französischen und englischen Nachbarn deutlich mehr Produkte aus dem Frischeregal.“ Zwischenzeitlich gebe es jedoch auch hierzulande einen erkennbaren Trend dorthin.

 „Von der Logistik her ist der Standort Trier für uns durchaus geeignet“, sieht Maier günstige Rahmenbedingungen. Im Januar soll der Betrieb in den Moselauen von derzeit etwa 140 Mitarbeitern auf dann insgesamt 170 Mitarbeiter aufgestockt werden, von angelernten Kräften über qualifizierte Schlosser und Maschinenführer bis hin zum Lebensmitteltechnologen mit abgeschlossenem Studium. In dieser Hinsicht allerdings sei Trier nicht ideal: „Bei der Auswahl geeigneter Fachkräfte wird die hiesige Strukturschwäche deutlich. Leider besteht ein ausgeprägter Mangel an entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern, insbesondere im technischen Bereich.“ Die Abteilung Produktentwicklung wird künftig auch mit weiterer Manpower verstärkt, so Maier. Denn die Innovationen geschehen in enger Zusammenarbeit mit den Kunden, ein Pluspunkt für Girone.

„Goldfisch im Haifischbecken“
Nicht mit Pizzen, sondern mit so genanntem Ethno Food wie Bruschetta, Antipasti, Piadina und Tortilla Wraps behauptet sich die Galileo Lebensmittel GmbH & Co. KG in Trierweiler. In diesem Bereich ist das 1992 gegründete und mittlerweile umfassend zertifizierte Unternehmen europäischer Marktführer. Es freut sich über einen Standort mit unbürokratischem Zweckverband als Unterstützung und guten Verkehrsanbindungen als Rahmen – „außer beim ÖPNV für unsere Mitarbeiter, das ist eine Katastrophe!“ schildert Geschäftsführer Stefano La Vecchia den einzigen Wermutstropfen. Galileo brauchte vor mehr als zehn Jahren nach Anfängen mit Steinofenpizzen ein besonderes Segment, das sich von der Masse abhob. „Die Markteintrittsbarrieren für neue Produkte sind hoch, doch unsere Nische mit Fingerfood war frei. Wir fingen mit 20 Mitarbeitern an und konnten ständig expandieren. Mit derzeit 150 Menschen im Team in Spitzenzeiten sind wir sehr gut positioniert“, beschreibt La Vecchia eine Entwicklung, die nach wie vor auf Wachstum eingestellt ist. „Mit unseren Snacks, die sehr stark auf der originalen italienischen Küche basieren, sind wir sozusagen der Goldfisch im Haifischbecken: klein, aber fein.“ Der „Goldfisch“ ist so klein jedoch nicht, denn er hat eine Kapazität von 60 Tonnen pro Tag und zu seiner Nische gehört zum Beispiel Aldi nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in mehreren süd- und westeuropäischen Ländern. Die Kreation neuer Produkte erfolge sehr unorthodox und sogar bei Kundenwünschen relativ kompromisslos, schildert La Vecchia: „Wir haben kein System der Entwicklung, allenfalls das ‚System Bauch’. Wir sind eigentlich ein italienischer Familienbetrieb, und unsere Familie liebt seit jeher das Kochen und den Wein. Wir orientieren uns immer daran, was uns an der italienischen Küche besonders gefällt, wir erfinden keine Kunstprodukte.“ So sind die Piadina ein typisches Gericht aus der Emilia Romagna. Zwar werden bestimmte Linien im Hinblick auf den Kundengeschmack in den jeweiligen Abnehmerländern hin variiert, aber der Kern ist immer das traditionelle Original. „Wir wagen uns auch an Dinge, die andere vielleicht nicht können, denn für uns ist dieser Beruf eine regelrechte Passion.“ Für dieses Herzblut, mit dem die Führungsriege aus Stefano und seiner Schwester Manuela La Vecchia auch die Beschäftigten mitreißt, bekam der nach allen Standards zertifizierte Betrieb eine beachtliche Fülle an Auszeichnungen der DLG und zuletzt auch einen „Preis der Besten“ für besonders häufige DLG-Prämiierungen.
Angelika Koch

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