01.05.2014
Reisebüros punkten mit Insidertipps
Dieser Text ist vom 01.05.2014 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Kunden wünschen sich bei der Urlaubsplanung eine gute Rundum-Beratung, Individualität und Sicherheit
Ein Kurztripp nach Paris oder Wellenreiten in Kalifornien? Die Planung der schönsten Wochen im Jahr wollen immer weniger Reiselustige dem Zufall überlassen. Weil jedes Detail stimmen muss, ist die Online-Buchung für viele keine Alternative (mehr) zum Reisebüro.
Einmal um die ganze Welt, und die Taschen voller Geld… Davon dürften die meisten nur träumen. Schöne Reiseziele gibt es wie Sand am Meer, doch Zeit und Geld sind zu knapp, um sie alle zu erkunden. Eine Entscheidung muss also her. Aber welche Argumente sind hier spielentscheidend, wo geht die Reise hin, wie und mit wem? „Blickpunkt Wirtschaft“ hat sich auf die Suche nach den aktuellen Entwicklungen in der bewegten Branche gemacht:
Trend 1: Der Anspruch steigt.
„Der Urlaub hat an Wertigkeit gewonnen“, sagt Ulrich Fichtenberg. Er betreibt das Reisebüro „Nix wie weg Travel“ an der Uni Trier. Seine Erfahrung: Weil die Menschen im Beruf stark beansprucht sind, suchen sie in ihrer Freizeit das Maximum an Erholung – oder Erlebnis. „Sie wollen ihre Urlaubszeit optimal nutzen.“
Eben deshalb „muss das, was sie ausgesucht haben, auch wirklich gut sein“, bestätigt Jörg Scharff, Geschäftsführer des gleichnamigen Reisebüros mit Standorten in Speicher und Bitburg. Die Anreise muss bequem und zügig über die Bühne gehen, das Ziel rundum gefallen und der Anbieter die individuellen Wünsche erfüllen.
„Ein schönes Zimmer, gutes Essen und guter Service: Die Ansprüche auch an die Unterkunft sind gestiegen“, sagt Helga Ast. Ihr gehört zusammen mit ihrer Schwester Christel Sommer das Saarburger Reisebüro. Je nachdem, ob jemand als Single, Paar oder Familie reise, seien die Bedürfnisse ganz unterschiedlich, auf die man eingehen müsse.
Insidertipps sind also gefragt. Die Reisebüros punkten, weil ihre Mitarbeiter die Regionen und Angebote dort persönlich kennen. „Der Kunde erwartet diesen Mehrwert an Service – darauf müssen Sie sich einstellen“, sagt Ast. Auch, um die Touren ganz individuell auf den Kunden zuschneiden zu können. Zudem nimmt die Zahl der Beratungen zu, denn anstelle eines mehrwöchigen Jahresurlaubs fährt der Durchschnittsdeutsche inzwischen mehrmals und dafür kürzer in Urlaub. Er wählt also in der Regel mehrere Destinationen im Jahr aus.
Grundsätzlich sei der Zug ins Reisebüro umso stärker, je teurer und komplizierter eine Reise zu planen sei, sagt Fichtenberg. Diese Suche nach möglichst viel Sicherheit sei selbst bei den Studenten spürbar, die etwa 40 Prozent der Kunden von „Nix wie weg Travel“ ausmachen. Sie haben wegen der Umstellung auf die Bachelor-Studiengänge ebenfalls weniger Zeit und wählen ihre Urlaubsorte gezielter. Monatelange Backpacker-Touren? Das ist kaum noch drin. Auch sie reisen hochwertiger, wollen vor allem andere Kulturen und Sprachen kennenlernen.
Aus diesem starken Wunsch nach individueller Beratung folgt
Trend 2: Offline gewinnt wieder an Stärke.
„Wir erleben gerade eine Renaissance“, sagt Scharff. Vor zehn Jahren sei die Branche noch totgeredet worden, jetzt zeige sich, dass Reisebüros durchaus weiterhin den Nerv der Urlauber treffen. Scharff spricht von einem „Online-Offline-Mix“: Die meisten Kunden informieren sich zunächst im Internet und greifen dann auf die Erfahrungen und das Detailwissen der Mitarbeiter im Reisebüro zurück – bei denen sie dann in der Regel auch buchen.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Preisunterschiede nicht mehr gravierend sind, erklärt Fichtenberg. „Nix wie weg Travel“ musste sich schon früh auf die Konkurrenz aus dem Internet einstellen, da gerade Studenten dort gerne buch(t)en. Weggefallen seien dadurch vor allem einfache Buchungen beispielsweise nach Berlin oder London, ebenso wie Bahnreisen.
Gerade bei längeren Reisen sind die Kunden dagegen weniger risikobereit. Das zeige sich vor allem nach Streiks oder Naturkatastrophen, wenn die Buchungszahlen im Reisebüro wieder zunehmen, weil es dort einen Ansprechpartner gibt, wenn etwas schief läuft, berichtet Scharff.
Zudem dienen die Experten als Orientierungshilfe. Die Informationen im Internet sind unendlich, die Erfahrungsberichte nicht immer glaubwürdig, da verliert so mancher gerne den Überblick und wendet sich stattdessen wieder an den Reisefachmann seines Vertrauens. Der ist zwar heute stärker gefordert und muss schon deshalb mehr wissen als früher, weil der Kunde die Ziele und Hotels eben schon auf dem (Bild)Schirm hat. Dafür kann er ihn mit gutem Service stark an sich binden. „Der Mehrwert des Besuchs im Reisebüro muss eben erkennbar sein“, so Fichtenberg.
Kritischer steht Hans D. Schmitz den Online-Angeboten gegenüber. Seine Eltern Hubert und Grete eröffneten bereits 1957 ein Reisebüro in Bitburg und waren damit Pioniere in der Region. Die nächste Konkurrenz saß damals in Trier und Euskirchen. 1970 fiel dann der Startschuss für die Wittlicher Zweigstelle, die Sohn Hans noch heute betreibt. Enkelin Simone Schmitz gehört inzwischen das Holiday Land Reisebüro in Bitburg. Ein Familienbetrieb in der dritten Generation also.
Umso spürbarer sind für ihn die Auswirkungen des technischen Wandels. Hans D. Schmitz klagt über den enormen „Beratungsklau“ durch Kunden, die sich intensiv bei ihm oder seinen Kollegen informieren und dann doch im Internet buchen. Womit können Reisebüros in dieser Situation noch zusätzlich punkten?
Trend 3: Spezialisierung zahlt sich aus.
Zum Beispiel, indem sie exklusive Reisen für Golfer zusammenstellen. „Golf & Gourmet“ oder „Tee Time in St. Andrews“ heißen solche Premium-Angebote vom Reisebüro Schmitz – meist persönlich vor Ort vom Chef selbst betreut. Er kennt die besten Golfplätze und Hotels, und darauf vertrauen die Kunden gerne.
Zum zweiten liegt der Fokus des Wittlicher Betriebs auf Geschäftsreisen. Viele Firmen buchen dort schon seit Jahrzehnten Hotels, Züge oder Flüge. Was hier vor allem zählt: guter Service und ein stets verfügbarer persönlicher Ansprechpartner. „Mein Handy ist 365 Tage im Jahr angeschaltet“, sagt der 73-jährige Inhaber.
Die Weiten Australiens und Kanadas sind das „Spielfeld“ Fichtenbergs. Die Canadian Tourism Commission hat ihn als Kanadaspezialisten ausgezeichnet. Auf seiner Internetseite www.nww-travel.de lässt er seine Erlebnisse Revue passieren, erzählt von seinen Abenteuern in Irland und Usbekistan, auf Costa Rica oder einer Syrien-Jordanien-Rundreise. „Darauf bekomme ich sehr viele Rückmeldungen“, sagt er. Vor allem eigne sich das Medium gut, um auf neue Ziele aufmerksam zu machen.
Zahlreiche Reiseexperten posten inzwischen ihre Urlaubsfotos und kurze Erfahrungsberichte beispielsweise auf Facebook und bewerben so ihre persönlichen Tipps. Das vermittelt Nähe – und Authentizität.
Auch Scharff berichtet von seinen Reisen seit zwei Jahren in einem Blog, also einer Art Internet-Tagebuch. Er hat sich vor allem auf das südliche Afrika spezialisiert und bietet dort Erlebnisreisen an, die mit Partnern an Ort und Stelle umgesetzt werden. Die „Erlebnisbesteigung Mount Kilimanjaro“ zum Beispiel, oder „Namibia für Abenteurer“ – geführte Reisen mit dem Jeep oder Bus, auch für Familien oder Camper. Die Resonanz auf die Blog-Berichte sei gut, sagt der 45-Jährige. Inzwischen hat er Kunden aus ganz Deutschland gewonnen.
Ein weiter wachsendes Segment sind zudem die Kreuzfahrten. Bundesweit betrugen 2013 die Umsätze in diesem Segment knapp 3 Milliarden Euro. „Die Qualität entspricht einem Vier-Sterne-Hotel-Standard, man sieht viel in einer Woche, und das Preis-Leistungsverhältnis ist gut“, so Scharffs Erklärung für die große Begeisterung für Aida, „Mein Schiff“ & Co.
Auch im Saarburger Reisebüro sind neben Pauschal-, Städte- und Fernreisen vor allem Kreuzfahrten gefragt – „die Urlaubsform schlechthin“, so Ast. Appetit darauf macht ihr Team nicht nur mit Katalogen, sondern mit ganz besonderen Leckereien…
Trend 4: Das Reisebüro plus.
… und zwar gleich nebenan, im hauseigenen Café. Als das benachbarte Geschäft leer stand, mieteten sie es dazu und richteten im zweiten Stock einen Raum ein, wo süße Verlockungen auf die Gäste warten. Und schöne Anblicke dazu, denn dort werden Urlaubsfilme gezeigt. „Reisen und Genuss, das passt gut zusammen“, findet Ast. „Und es kommt sehr gut an.“
Während die Besucher ihren Cappuccino schlürfen, können sie sich so auf ihren Trip nach Rom oder Capri einstimmen. So mancher bekommt dabei Lust auf neue Ziele. Netter Nebeneffekt: Wenn Kunden warten müssen, können sie dort ein schönes Ambiente genießen. Das Motto lautet „Dem Alltag entfliehen für den kleinen Urlaub zwischendurch“. Besonders gut gelingt das bei einem Queen-Mary-Frühstück mit Sekt, Lachs, Parmaschinken und vielen weiteren Delikatessen. Wie man es sich von einer Kreuzfahrt eben erhofft…
Auch wenn diese Kombination noch selten ist, so finden sich doch zahlreiche Reisebüros inzwischen in Einkaufszentren und profitieren von der hohen Kundenfrequenz. Vor allem in Großstädten sind Kombi-Shops zum Beispiel mit Buchläden oder Anbietern von Outdoor-Bedarf zu finden.
Trend 5: Gruppenreisen sind „in“.
Ein individueller Plan, aber keine Erkundung auf eigene Faust – Fernreisen in Kleingruppen sind immer stärker nachgefragt, sagt Scharff. Früher sei man mit 30 bis 40 Leuten unterwegs gewesen, heute seien es meist um die 15.
Vereine, Verbände oder Firmen buchen so zum Beispiel Fachstudien- oder Städtereisen, berichtet Fichtenberg. Sie können sich die Tour nach ihren speziellen Wünschen zusammenstellen anstatt ein Standardprodukt zu buchen. Zuletzt war das Reisen individueller geworden, „jetzt suchen sich viele eine kleine Gruppe von Gleichgesinnten“. Auch seien viele mit Freunden unterwegs, um mit ihnen auf diese Weise mehr Zeit verbringen zu können, als der Alltag es erlaubt.
Trend 6: Nah und fern
Die Trends bei den Reisedestinationen gehen in alle Richtungen. Zum einen ist da die Suche nach dem Vertrauten: Viele bleiben in Deutschland oder im nahen Ausland und ziehen die individuellen Freiheiten vor, die es bietet, mit dem Auto unterwegs zu sein – auch, weil sie häufig schon geschäftlich mit dem Flieger unterwegs seien, so Fichtenberg. Die Kunden wüssten Deutschland stärker zu schätzen.
Auf der anderen Seite boomen die Fernreisen, und das nicht nur bei den Jüngeren. Auch der Drang der Generation 50+ ist gestiegen, mehr zu erleben, sagt Scharff – aber mit einem gewissen Standard-Komfort. Südafrika und die USA beispielsweise liefen inzwischen als Klassiker. Ebenso seien Vietnam oder Sankt Petersburg Ziele, die zwar etwas Abenteuer bieten, aber nicht nur für Abenteurer gemacht sind.
Die Masse sucht währenddessen weiter den Badeurlaub am Strand. Spanien bleibt hier die Nummer eins. Daneben sei der Aktivurlaub gut im Rennen, berichtet Ast: Wandern, Radfahren, Rundreisen. Kurzum: Alles geht.
Und wie entwickelt sich das Geschäft in diesem Jahr? Da sind sich alle befragten Reisebüros einig. Es läuft gut. Vor allem im Januar und Februar haben die Kunden bereits viele Reisen gebucht. Asts Resümee: „Wir blicken sehr zuversichtlich in die Zukunft“.
Ursula Bartz
Seminare
Zum ersten Mal bietet die IHK Trier in diesem Jahr zusammen mit dem Deutschen Reiseverband Veranstaltungen an, die sich explizit an Reisebüros richten. Das Seminar „Reiserecht für Touristiker“ beleuchtet die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen zwischen Reisebüro, Reiseveranstalter, Leistungsträger und Kunde und zeigt die Versicherungsmöglichkeiten auf. Die Veranstaltung am Montag, 23. Juni 2014, von 9:30 bis 17:00 Uhr in der IHK Trier richtet sich an Mitarbeiter und Inhaber von Reisebüros, Reiseveranstaltern und weiteren touristischen Leistungsträgern. Die Teilnahme kostet regulär 249,- Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Anmeldeschluss ist der 2. Juni 2014.
Umsätze steigen
Die Tourismuswirtschaft ist eine der Wachstumsbranchen in Deutschland. Nach Zahlen des Deutschen Reiseverbands (DRV) haben die Deutschen im vorigen Jahr 64,9 Milliarden Euro für Auslandsreisen und etwa 69,7 Milliarden Euro für Urlaub im Inland ausgegeben. Die Einnahmen Deutschlands aus dem internationalen Reiseverkehr wurden 2013 um 4,5 Prozent auf 31 Milliarden Euro gesteigert.
Die Mehrzahl der Pauschalreisen, etwa 85 Prozent, buchen die Deutschen weiterhin im Reisebüro. Insgesamt wird mittlerweile mehr als jede dritte Reise im Internet verkauft. Das zeigt eine repräsentative Studie von TUI Deutschland zusammen mit Google und dem Marktforschungsinstitut GfK.
Zwar geht die Anzahl der stationären Reisebüros seit 2004 zurück, wie der DRV mitteilt, der Gesamtumsatz aber steige – 2013 auf 22,7 Milliarden Euro. Jedes Reisebüro nehme im Schnitt pro Jahr rund 5,3 Prozent mehr Umsatz ein.
Einmal um die ganze Welt, und die Taschen voller Geld… Davon dürften die meisten nur träumen. Schöne Reiseziele gibt es wie Sand am Meer, doch Zeit und Geld sind zu knapp, um sie alle zu erkunden. Eine Entscheidung muss also her. Aber welche Argumente sind hier spielentscheidend, wo geht die Reise hin, wie und mit wem? „Blickpunkt Wirtschaft“ hat sich auf die Suche nach den aktuellen Entwicklungen in der bewegten Branche gemacht:
Trend 1: Der Anspruch steigt.
„Der Urlaub hat an Wertigkeit gewonnen“, sagt Ulrich Fichtenberg. Er betreibt das Reisebüro „Nix wie weg Travel“ an der Uni Trier. Seine Erfahrung: Weil die Menschen im Beruf stark beansprucht sind, suchen sie in ihrer Freizeit das Maximum an Erholung – oder Erlebnis. „Sie wollen ihre Urlaubszeit optimal nutzen.“
Eben deshalb „muss das, was sie ausgesucht haben, auch wirklich gut sein“, bestätigt Jörg Scharff, Geschäftsführer des gleichnamigen Reisebüros mit Standorten in Speicher und Bitburg. Die Anreise muss bequem und zügig über die Bühne gehen, das Ziel rundum gefallen und der Anbieter die individuellen Wünsche erfüllen.
„Ein schönes Zimmer, gutes Essen und guter Service: Die Ansprüche auch an die Unterkunft sind gestiegen“, sagt Helga Ast. Ihr gehört zusammen mit ihrer Schwester Christel Sommer das Saarburger Reisebüro. Je nachdem, ob jemand als Single, Paar oder Familie reise, seien die Bedürfnisse ganz unterschiedlich, auf die man eingehen müsse.
Insidertipps sind also gefragt. Die Reisebüros punkten, weil ihre Mitarbeiter die Regionen und Angebote dort persönlich kennen. „Der Kunde erwartet diesen Mehrwert an Service – darauf müssen Sie sich einstellen“, sagt Ast. Auch, um die Touren ganz individuell auf den Kunden zuschneiden zu können. Zudem nimmt die Zahl der Beratungen zu, denn anstelle eines mehrwöchigen Jahresurlaubs fährt der Durchschnittsdeutsche inzwischen mehrmals und dafür kürzer in Urlaub. Er wählt also in der Regel mehrere Destinationen im Jahr aus.
Grundsätzlich sei der Zug ins Reisebüro umso stärker, je teurer und komplizierter eine Reise zu planen sei, sagt Fichtenberg. Diese Suche nach möglichst viel Sicherheit sei selbst bei den Studenten spürbar, die etwa 40 Prozent der Kunden von „Nix wie weg Travel“ ausmachen. Sie haben wegen der Umstellung auf die Bachelor-Studiengänge ebenfalls weniger Zeit und wählen ihre Urlaubsorte gezielter. Monatelange Backpacker-Touren? Das ist kaum noch drin. Auch sie reisen hochwertiger, wollen vor allem andere Kulturen und Sprachen kennenlernen.
Aus diesem starken Wunsch nach individueller Beratung folgt
Trend 2: Offline gewinnt wieder an Stärke.
„Wir erleben gerade eine Renaissance“, sagt Scharff. Vor zehn Jahren sei die Branche noch totgeredet worden, jetzt zeige sich, dass Reisebüros durchaus weiterhin den Nerv der Urlauber treffen. Scharff spricht von einem „Online-Offline-Mix“: Die meisten Kunden informieren sich zunächst im Internet und greifen dann auf die Erfahrungen und das Detailwissen der Mitarbeiter im Reisebüro zurück – bei denen sie dann in der Regel auch buchen.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Preisunterschiede nicht mehr gravierend sind, erklärt Fichtenberg. „Nix wie weg Travel“ musste sich schon früh auf die Konkurrenz aus dem Internet einstellen, da gerade Studenten dort gerne buch(t)en. Weggefallen seien dadurch vor allem einfache Buchungen beispielsweise nach Berlin oder London, ebenso wie Bahnreisen.
Gerade bei längeren Reisen sind die Kunden dagegen weniger risikobereit. Das zeige sich vor allem nach Streiks oder Naturkatastrophen, wenn die Buchungszahlen im Reisebüro wieder zunehmen, weil es dort einen Ansprechpartner gibt, wenn etwas schief läuft, berichtet Scharff.
Zudem dienen die Experten als Orientierungshilfe. Die Informationen im Internet sind unendlich, die Erfahrungsberichte nicht immer glaubwürdig, da verliert so mancher gerne den Überblick und wendet sich stattdessen wieder an den Reisefachmann seines Vertrauens. Der ist zwar heute stärker gefordert und muss schon deshalb mehr wissen als früher, weil der Kunde die Ziele und Hotels eben schon auf dem (Bild)Schirm hat. Dafür kann er ihn mit gutem Service stark an sich binden. „Der Mehrwert des Besuchs im Reisebüro muss eben erkennbar sein“, so Fichtenberg.
Kritischer steht Hans D. Schmitz den Online-Angeboten gegenüber. Seine Eltern Hubert und Grete eröffneten bereits 1957 ein Reisebüro in Bitburg und waren damit Pioniere in der Region. Die nächste Konkurrenz saß damals in Trier und Euskirchen. 1970 fiel dann der Startschuss für die Wittlicher Zweigstelle, die Sohn Hans noch heute betreibt. Enkelin Simone Schmitz gehört inzwischen das Holiday Land Reisebüro in Bitburg. Ein Familienbetrieb in der dritten Generation also.
Umso spürbarer sind für ihn die Auswirkungen des technischen Wandels. Hans D. Schmitz klagt über den enormen „Beratungsklau“ durch Kunden, die sich intensiv bei ihm oder seinen Kollegen informieren und dann doch im Internet buchen. Womit können Reisebüros in dieser Situation noch zusätzlich punkten?
Trend 3: Spezialisierung zahlt sich aus.
Zum Beispiel, indem sie exklusive Reisen für Golfer zusammenstellen. „Golf & Gourmet“ oder „Tee Time in St. Andrews“ heißen solche Premium-Angebote vom Reisebüro Schmitz – meist persönlich vor Ort vom Chef selbst betreut. Er kennt die besten Golfplätze und Hotels, und darauf vertrauen die Kunden gerne.
Zum zweiten liegt der Fokus des Wittlicher Betriebs auf Geschäftsreisen. Viele Firmen buchen dort schon seit Jahrzehnten Hotels, Züge oder Flüge. Was hier vor allem zählt: guter Service und ein stets verfügbarer persönlicher Ansprechpartner. „Mein Handy ist 365 Tage im Jahr angeschaltet“, sagt der 73-jährige Inhaber.
Die Weiten Australiens und Kanadas sind das „Spielfeld“ Fichtenbergs. Die Canadian Tourism Commission hat ihn als Kanadaspezialisten ausgezeichnet. Auf seiner Internetseite www.nww-travel.de lässt er seine Erlebnisse Revue passieren, erzählt von seinen Abenteuern in Irland und Usbekistan, auf Costa Rica oder einer Syrien-Jordanien-Rundreise. „Darauf bekomme ich sehr viele Rückmeldungen“, sagt er. Vor allem eigne sich das Medium gut, um auf neue Ziele aufmerksam zu machen.
Zahlreiche Reiseexperten posten inzwischen ihre Urlaubsfotos und kurze Erfahrungsberichte beispielsweise auf Facebook und bewerben so ihre persönlichen Tipps. Das vermittelt Nähe – und Authentizität.
Auch Scharff berichtet von seinen Reisen seit zwei Jahren in einem Blog, also einer Art Internet-Tagebuch. Er hat sich vor allem auf das südliche Afrika spezialisiert und bietet dort Erlebnisreisen an, die mit Partnern an Ort und Stelle umgesetzt werden. Die „Erlebnisbesteigung Mount Kilimanjaro“ zum Beispiel, oder „Namibia für Abenteurer“ – geführte Reisen mit dem Jeep oder Bus, auch für Familien oder Camper. Die Resonanz auf die Blog-Berichte sei gut, sagt der 45-Jährige. Inzwischen hat er Kunden aus ganz Deutschland gewonnen.
Ein weiter wachsendes Segment sind zudem die Kreuzfahrten. Bundesweit betrugen 2013 die Umsätze in diesem Segment knapp 3 Milliarden Euro. „Die Qualität entspricht einem Vier-Sterne-Hotel-Standard, man sieht viel in einer Woche, und das Preis-Leistungsverhältnis ist gut“, so Scharffs Erklärung für die große Begeisterung für Aida, „Mein Schiff“ & Co.
Auch im Saarburger Reisebüro sind neben Pauschal-, Städte- und Fernreisen vor allem Kreuzfahrten gefragt – „die Urlaubsform schlechthin“, so Ast. Appetit darauf macht ihr Team nicht nur mit Katalogen, sondern mit ganz besonderen Leckereien…
Trend 4: Das Reisebüro plus.
… und zwar gleich nebenan, im hauseigenen Café. Als das benachbarte Geschäft leer stand, mieteten sie es dazu und richteten im zweiten Stock einen Raum ein, wo süße Verlockungen auf die Gäste warten. Und schöne Anblicke dazu, denn dort werden Urlaubsfilme gezeigt. „Reisen und Genuss, das passt gut zusammen“, findet Ast. „Und es kommt sehr gut an.“
Während die Besucher ihren Cappuccino schlürfen, können sie sich so auf ihren Trip nach Rom oder Capri einstimmen. So mancher bekommt dabei Lust auf neue Ziele. Netter Nebeneffekt: Wenn Kunden warten müssen, können sie dort ein schönes Ambiente genießen. Das Motto lautet „Dem Alltag entfliehen für den kleinen Urlaub zwischendurch“. Besonders gut gelingt das bei einem Queen-Mary-Frühstück mit Sekt, Lachs, Parmaschinken und vielen weiteren Delikatessen. Wie man es sich von einer Kreuzfahrt eben erhofft…
Auch wenn diese Kombination noch selten ist, so finden sich doch zahlreiche Reisebüros inzwischen in Einkaufszentren und profitieren von der hohen Kundenfrequenz. Vor allem in Großstädten sind Kombi-Shops zum Beispiel mit Buchläden oder Anbietern von Outdoor-Bedarf zu finden.
Trend 5: Gruppenreisen sind „in“.
Ein individueller Plan, aber keine Erkundung auf eigene Faust – Fernreisen in Kleingruppen sind immer stärker nachgefragt, sagt Scharff. Früher sei man mit 30 bis 40 Leuten unterwegs gewesen, heute seien es meist um die 15.
Vereine, Verbände oder Firmen buchen so zum Beispiel Fachstudien- oder Städtereisen, berichtet Fichtenberg. Sie können sich die Tour nach ihren speziellen Wünschen zusammenstellen anstatt ein Standardprodukt zu buchen. Zuletzt war das Reisen individueller geworden, „jetzt suchen sich viele eine kleine Gruppe von Gleichgesinnten“. Auch seien viele mit Freunden unterwegs, um mit ihnen auf diese Weise mehr Zeit verbringen zu können, als der Alltag es erlaubt.
Trend 6: Nah und fern
Die Trends bei den Reisedestinationen gehen in alle Richtungen. Zum einen ist da die Suche nach dem Vertrauten: Viele bleiben in Deutschland oder im nahen Ausland und ziehen die individuellen Freiheiten vor, die es bietet, mit dem Auto unterwegs zu sein – auch, weil sie häufig schon geschäftlich mit dem Flieger unterwegs seien, so Fichtenberg. Die Kunden wüssten Deutschland stärker zu schätzen.
Auf der anderen Seite boomen die Fernreisen, und das nicht nur bei den Jüngeren. Auch der Drang der Generation 50+ ist gestiegen, mehr zu erleben, sagt Scharff – aber mit einem gewissen Standard-Komfort. Südafrika und die USA beispielsweise liefen inzwischen als Klassiker. Ebenso seien Vietnam oder Sankt Petersburg Ziele, die zwar etwas Abenteuer bieten, aber nicht nur für Abenteurer gemacht sind.
Die Masse sucht währenddessen weiter den Badeurlaub am Strand. Spanien bleibt hier die Nummer eins. Daneben sei der Aktivurlaub gut im Rennen, berichtet Ast: Wandern, Radfahren, Rundreisen. Kurzum: Alles geht.
Und wie entwickelt sich das Geschäft in diesem Jahr? Da sind sich alle befragten Reisebüros einig. Es läuft gut. Vor allem im Januar und Februar haben die Kunden bereits viele Reisen gebucht. Asts Resümee: „Wir blicken sehr zuversichtlich in die Zukunft“.
Ursula Bartz
Seminare
Zum ersten Mal bietet die IHK Trier in diesem Jahr zusammen mit dem Deutschen Reiseverband Veranstaltungen an, die sich explizit an Reisebüros richten. Das Seminar „Reiserecht für Touristiker“ beleuchtet die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen zwischen Reisebüro, Reiseveranstalter, Leistungsträger und Kunde und zeigt die Versicherungsmöglichkeiten auf. Die Veranstaltung am Montag, 23. Juni 2014, von 9:30 bis 17:00 Uhr in der IHK Trier richtet sich an Mitarbeiter und Inhaber von Reisebüros, Reiseveranstaltern und weiteren touristischen Leistungsträgern. Die Teilnahme kostet regulär 249,- Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Anmeldeschluss ist der 2. Juni 2014.
Umsätze steigen
Die Tourismuswirtschaft ist eine der Wachstumsbranchen in Deutschland. Nach Zahlen des Deutschen Reiseverbands (DRV) haben die Deutschen im vorigen Jahr 64,9 Milliarden Euro für Auslandsreisen und etwa 69,7 Milliarden Euro für Urlaub im Inland ausgegeben. Die Einnahmen Deutschlands aus dem internationalen Reiseverkehr wurden 2013 um 4,5 Prozent auf 31 Milliarden Euro gesteigert.
Die Mehrzahl der Pauschalreisen, etwa 85 Prozent, buchen die Deutschen weiterhin im Reisebüro. Insgesamt wird mittlerweile mehr als jede dritte Reise im Internet verkauft. Das zeigt eine repräsentative Studie von TUI Deutschland zusammen mit Google und dem Marktforschungsinstitut GfK.
Zwar geht die Anzahl der stationären Reisebüros seit 2004 zurück, wie der DRV mitteilt, der Gesamtumsatz aber steige – 2013 auf 22,7 Milliarden Euro. Jedes Reisebüro nehme im Schnitt pro Jahr rund 5,3 Prozent mehr Umsatz ein.