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01.04.2014

Risiko Ratenzahlung


Dieser Text ist vom 01.04.2014 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Wenn der Insolvenzverwalter kommt

Die ausufernde Insolvenzanfechtung stellt für den redlichen Unternehmer ein ernst zu nehmendes Problem dar. Gerät der Kunde in die Insolvenz, ist es schon ärgerlich genug, eine Forderung ganz oder teilweise abschreiben zu müssen. Doch Insolvenzverwalter schauen auch zurück auf die langjährigen Geschäftsbeziehungen und können mithilfe der Anfechtung Erlöse zurückfordern, die weit vor der Insolvenz erzielt wurden. Zwei Drittel aller Unternehmen erhalten jedes Jahr ein entsprechendes Schreiben eines Insolvenzverwalters. Nach einer Umfrage der deutschen Credit-Manager liegt die Anfechtungssumme bei 40 Prozent der Unternehmen sogar höher als 100 000 Euro.

Anfechtung von Ratenzahlungen bis zu zehn Jahre zurück
Nicht selten werden im Krisenfall dem Kunden Zahlungen gestundet oder mit ihm Ratenzahlungen vereinbart. Schließlich wird zum Erhalt des Kunden nicht sofort die Vollstreckungsmaschinerie in Gang gesetzt. Doch die Bitte um Ratenzahlung kann schon ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit sein – damit sind diese Zahlungen anfechtbar. Das gilt auch, wenn beispielsweise vereinbarungsgemäß zehn von zwölf Raten gezahlt wurden, und das Unternehmen später einen Insolvenzantrag stellt.
Nicht erst seit dem „Nikolausurteil“ des Bundesgerichtshofs, das die Anfechtung von Ratenzahlungen bestätigt, gehen Insolvenzverwalter gegenüber den Gläubigern konsequent vor. Das ist für den Unternehmer gleich mehrfach ärgerlich, denn er muss aus seiner Liquidität die bereits erlangten Zahlungen plus Zinsen ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens leisten. Erfolgt die Anfechtung erst zwei Jahre nach Eröffnung, muss der Unternehmer kurzfristig die Rückzahlung nebst Zinsen finanzieren. Das kann die eigene Finanzplanung erheblich strapazieren. Bei langjährigen Beziehungen und einer länger andauernden Krise des Schuldners können die Beträge schnell sechsstellig werden. Zu allem Übel bekommt er auf die gesamte Forderung nur die geringe Insolvenzquote. Hätte er seine Forderung mehr als drei Monate vor dem Insolvenzantrag zwangsvollstreckt, hätte er diese behalten können.
Der Grund hierfür liegt in den Bestimmungen des Anfechtungsrechts der §§ 130, 131, 133 Insolvenzordnung (InsO). Zwangsvollstreckungsmaßnahmen können nur – dann aber sehr leicht – angefochten werden, wenn sie innerhalb von drei Monaten vor dem Insolvenzantrag oder drei Monaten danach erfolgt sind. Rechtshandlungen des Schuldners sind hingegen bis zu zehn (!) Jahre vor dem Insolvenzantrag anfechtbar; das ermöglicht § 133 InsO, der auch als Superanfechtungstatbestand bezeichnet wird und in der Insolvenzszene als Wunderwaffe der Insolvenzverwalter gilt.

§ 133 InsO als Wunderwaffe
§ 133 InsO soll eigentlich die Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners ermöglichen, die mit der Absicht einer vorsätzlichen Benachteiligung seiner Gläubiger erfolgt sind: zum Beispiel das Beiseiteschaffen von Vermögenswerten. Um möglichst viele absichtsvolle Benachteiligungen zu erfassen, hat der Gesetzgeber den Anfechtungszeitraum mit zehn Jahren sehr weit gefasst. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger sind aber keine Rechtshandlungen des Schuldners; und daher vor einer Anfechtung nach § 133 InsO geschützt.
Ferner hat der Gesetzgeber nach dem Wortlaut der Vorschrift die Voraussetzungen für eine Anfechtung vermeintlich hoch gesetzt. Voraussetzung ist neben einer vorsätzlichen Benachteiligung durch eine Rechtshandlung des Schuldners auch, dass der Zahlungsempfänger zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Bei Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Benachteiligung anderer Gläubiger wird die Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz widerleglich vermutet, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die aus dieser Vermutung resultierende Beweislastumkehr und die Einzelfallurteile der Gerichte machen sich die Insolvenzverwalter zu Nutze nach dem Motto: „Wer meine Forderung nur in Raten zahlen kann, von dem weiß ich, dass ihm die Zahlungsunfähigkeit droht und, wenn er als Unternehmer tätig ist, wird er noch weitere Gläubiger haben, die benachteiligt werden, wenn er gerade meine Forderung in Raten begleicht“.

Anfechtungsansprüche vermeiden und abwehren
Muss ich als Gläubiger jetzt immer sofort die Zwangsvollstreckung betreiben? Nein, denn so pauschal wie häufig vor allem von Insolvenzverwaltern dargestellt, ist die Rechtsprechung des BGH nicht. „Das Risiko von Anfechtungsansprüchen kann durch eine entsprechende Gestaltung der Ratenzahlungsvereinbarung sowie einer angepassten Kommunikation des Forderungsmanagements und Mahnwesens deutlich reduziert werden. Eine professionelle Beratung kann hierbei helfen. Keinesfalls sollte dem Anfechtungsbegehren eines Insolvenzverwalters ohne Weiteres nachgegeben werden. Solche Ansprüche werden allzu häufig ohne hinreichende Begründung und Würdigung der Umstände des Einzelfalls geltend gemacht und dann von den Gerichten übernommen.
Spezialisierte Anwälte bieten eine zielgenaue Verteidigung, die günstige außergerichtliche Vergleiche ermöglicht und im Ernstfall durch eine überzeugende Argumentation vor dem Gericht den Anspruch zu Fall bringt. Nachfolgende Grundsätze zur Minimierung von Anfechtungsrisiken sollten bei der Ratenzahlung beachtet werden:
•    Die nachweisbare Kommunikation zwischen Gläubiger und Schuldner sollte auf das Notwendige reduziert und Drohungen mit Insolvenzanträgen oder negative Kommentare über die Solvenz des Schuldners sollten unterlassen werden.
•    Bei Abschluss einer Ratenzahlung sollte der Gläubiger auf die Erklärung des Schuldners drängen, er sei infolge der Ratenzahlungsvereinbarung in der Lage, seine künftig fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
•    Wenn möglich: vorschüssige Zahlungen vereinbaren, damit – jedenfalls im Rahmen des Dreimonatszeitraums (§ 130 InsO) – der Bargeschäftseinwand effektiv erhoben werden kann.
•    Die Raten sollten so bemessen sein, dass sie den Schuldner nicht drangsalieren und zu einer Nachverhandlung zwingen. Im Zweifel sind geringere Beträge und längere Laufzeiten zu vereinbaren.
•    Eine Ratenzahlungsvereinbarung macht nur dann Sinn, wenn der Schuldner auch nach deren Abschluss einen gewissen Druck verspürt, diese Abrede einzuhalten. Zu empfehlen ist folglich zunächst die Titulierung, ggf. durch Abgabe eines kostengünstigen notariellen
Schuldanerkenntnisses zu Lasten des Schuldners.
•    Enthält die Ratenzahlungsvereinbarung eine Verfallsklausel, sollte darauf geachtet werden, dass kein automatischer Verfall bei Verzug eintritt, sondern lediglich die Option der Kündbarkeit für den Gläubiger fixiert wird. Also keine harte Verfallsklausel! Allein die Implementierung der Verfallsklausel bedeutet jedoch, dass (zulässiger) Vollstreckungsdruck nachweislich aufrechterhalten wird, was eine Anfechtbarkeit – jedenfalls im Dreimonatszeitraum – erleichtert.
•    Vorfällige weitere (Teil-)Zahlungen als Druckzahlungen des Schuldners sind zu vermeiden. Diese sind inkongruent und damit anfechtbar.
•    Bemüht sich der Schuldner um eine Sanierung, sollte sich der Gläubiger diese Sanierungsbemühungen nachweislich erklären und belegen lassen.
•    ...und immer wieder nicht zu unterschätzen: Bürgschaften oder Garantien Dritter einfordern, denn diese bleiben auch in der Insolvenz des Schuldners bestehen.

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