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IHK Trier


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01.07.2012

Rohstoffe - Fundament der Infrastruktur


Dieser Text ist vom 01.07.2012 und könnte inhaltlich veraltet sein.

Rohstoffabbau in der Region Trier geht in die Informationsoffensive

Das IHK-Jahresthema „Energie und Rohstoffe für morgen“ lenkt den Blick auf die Ressourcen, welche die Wirtschaft einer Industrienation in Gang halten: Erdöl, Erdgas, so genannte Seltene Erden oder Metalle. Doch in der Region Trier werden Rohstoffe abgebaut, die weniger spektakulär und dennoch essentiell für Bauwesen, Chemie, Landwirtschaft oder Stahlindustrie sind. Als Erbe der Erdgeschichte werden unter anderem Lava, Basalt, Dolomitgesteine, Kalk oder Kies gefördert und weiterverarbeitet.

Die abbauenden Unternehmen – in der Regel Mittelständler – sind permanent mit einer Fülle von branchenspezifischen Herausforderungen konfrontiert. Die Sensibilität für Umweltschäden in der Gesellschaft ist stark gestiegen, sodass Umwelt- und Naturschutzauflagen die Rahmenbedingungen des Abbaus prägen. Zugleich ist der wirtschaftliche Erfolg der Rohstofflieferanten stark abhängig von der Konjunktur, da die Gesteine vor allem als Zusatz für die Beton- und Stahlindustrie benötigt werden, im Straßenbau und darüber hinaus auch für Sportstätten, für den Garten- und Landschaftsbau bis hin zu Düngemitteln für die Landwirtschaft. Wenngleich die in der Region Trier ansässigen Abbaufirmen weit überwiegend regionale Abnehmer in einem Radius von bis zu 100 Kilometern beliefern, sind sie mittelbar den Entwicklungen der globalen und europäischen Märkte unterworfen.

SCHWIERIGER WETTBEWERB IN DER GRENZREGION
„Luxemburg ist für uns ein sehr gutes Standbein“, sagt Armin Hippert von der Reinhold Hippert GmbH mit Sitz im saarländischen Perl-Besch, die in Palzem einen Steinbruch betreibt. Hier werden pro Jahr rund 300 000 Tonnen Dolomitgestein gesprengt, gebrochen, getrocknet und fraktioniert, das unter anderem als Stahlwerkzuschlag, im Straßenbau, als Zuschlagstoff für die Putz- und Mörtelindustrie oder in Bitumenmischanlagen zum Einsatz kommt. „Aber es ist spürbar, dass die Bautätigkeit in Luxemburg geringer geworden ist.“ Auch die Umweltbelastungen, zu denen bei einem Steinbruch übertage eine unvermeidbare Lärm- und Staubbelastung zählt, sowie die Eingriffe in die Natur blieben im Großherzogtum nicht unkommentiert. „Wir sind immer darauf bedacht, Kompromisse mit Naturschützern, Nachbarn und Behörden zu finden... das ist kosten- und zeitintensiv, aber es gelingt in der Regel“, schildert Hippert die Begleiterscheinungen für das seit 1978 existierende Werk in Palzem.
 
Gravierender sind nach seiner Auskunft nicht die unter anderem in einem landespflegerischen Begleitplan vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen zu vorgenommenen Natureingriffen, die etwa mit Hilfe von Neuanpflanzungen letztlich eine Aufwertung der Ökobilanz ergeben. „An unserem Standort machen sich Marktverzerrungen etwa im Energiebereich bemerkbar“, nennt er ein vergleichsweise größeres Problem. Strom sei für den energieintensiven Betrieb teurer als für benachbarte luxemburgische Wettbewerber. Auch der Transport des Gesteins sei kostenintensiver, da in Deutschland nur 40-Tonner zugelassen sind, in Luxemburg jedoch 44-Tonner fahren dürfen. Luxemburg mit seinen für Arbeitnehmer attraktiveren Sozialabgaben und Steuern ziehe darüber hinaus viele handwerkliche Fachkräfte oder auch Bergbauingenieure ab, die die Hippert GmbH gern halten würde. „Allein vom Rohstoffvorkommen her haben wir eine Planungssicherheit von bis zu 20 Jahren, zudem stellen wir Anträge auf Abbauerweiterungen, sodass wir weitergehende Perspektiven bieten können. Eng wird es jedoch auf Dauer bei den Fachkräften.“

DROHEN KIES-EURO UND ENTEIGNUNGEN?
Das größte Beunruhigungspotenzial geht nach seinen Worten jedoch von der Politik aus. Hippert verweist auf Informationen seitens des Verbandes der Bau- und Rohstoffindustrie e. V. (vero), nach denen die grünen Landtagsfraktionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einen so genannten „Kies-Euro“ einführen wollen. Bei dieser ins Auge gefassten Rohstoffabgabe würde es sich um ein Entnahmeentgelt handeln, das die Rohstoff abbauenden Betriebe zu zahlen hätten. In Rheinland-Pfalz sei zudem eine Besteuerung der Rohstoffe im Gespräch. Scharfen Widerstand kündigt der Verband auch gegen angebliche Pläne der Grünen und der Linken im Bundestag an, eine Gesetzesinitiative zur „entschädigungslosen Enteignung von Steine- und Erden-Unternehmen“ einzubringen: „Nach dem den Gesetzentwürfen zugrunde liegenden Gutachten einer Anwaltskanzlei sollen zunächst sämtliche Rohstoffe auch der Steine- und Erden-Industrie unter das Bergrecht subsumiert werden. Im nächsten Zug sollen diese dann mit einer kurzen Übergangsfrist zu so genannten ‚bergfreien’ Rohstoffen umgewidmet werden, die dann im Rahmen der Gewinnung besteuert werden. Grundeigene Bodenschätze sollen nach einer Übergangsfrist ‚entschädigungslos enteignet’ werden“, schreibt der Verband an seine Mitgliedsunternehmen. Als Gefahr für die Betriebe werden seitens des vero auch Genehmigungen gesehen, die künftig einen Abbau nur noch für zehn bis in Ausnahmefällen 15 Jahren erlauben.

NOTWENDIGKEIT DER ROHSTOFFSICHERHEIT WIRD VERSTANDEN
Dem gegenüber strebt beispielsweise die TKDZ Wellen GmbH, deren Untertageförderung im Josefstollen am Ufer der Mosel seit Februar dieses Jahres zur österreichischen Porr-Gruppe gehört, einen Rahmenbetriebsplan von bis zu 25 Jahren an, um Planungssicherheit zu haben. Waren es früher bis zu 300 Beschäftigte im rund 100 Jahre alten Werk, die für eine enge Verbindung zwischen Bergbau und dörflicher Umgebung sorgten, hängen derzeit immerhin rund 35 Arbeitsplätze davon ab. „Wir sehen uns in der Verantwortung für die Region, die Verbindung ist historisch gewachsen“, sagt Geschäftsführer Rainer Adami. „Natürlich gibt es bei aller Akzeptanz in der Bevölkerung auch Kritik, aber wir sitzen beispielsweise an einem Runden Tisch mit der Gemeinde und legen Wert auf Transparenz, damit deutlich wird, dass alles rechtmäßig und ökologisch verträglich ist, was wir tun.“ Adami zeigt sich positiv überrascht vom Interesse der grünen Wirtschaftsministerin am Bergbau und sieht eine gegenseitige Vertrauensbasis als gegeben an.

Umweltschutz habe für TKDZ Wellen insofern eine große Bedeutung, als nicht nur sortenreine Splitte, Sande und Mehle für die Beton-, Stahl- und Düngemittelindustrie hergestellt werden: Ein zweites Standbein fördere die besondere Sensibilität für Umweltaspekte. „Als Betrieb der Kreislaufwirtschaft lagern wir in den Stollen auch mineralische, schadstofffreie Abfälle wie Bodenaushub oder Aschen, die nicht wiederverwertet werden können“, erläutert Adami das Geschäftsmodell. „Alles wird permanent durch externe und eigene Labors kontrolliert. Daher haben wir eine gute Gesprächskultur mit Bürgerinitiativen und können eine Philosophie der Offenheit praktizieren.“

Adami hat den Eindruck, dass die Bevölkerung die Notwendigkeit von Rohstoffsicherheit auch im Hinblick auf Natursteine einsieht, wenn die Zusammenhänge erklärt werden. „Die Menschen verstehen mehrheitlich, dass Straßen- oder auch ihr eigener Wohnungsbau Rohstoffe verbraucht und dass es nicht möglich ist, alles nur mit recyceltem Material zu bestreiten, weil andernfalls die Qualität zu sehr leiden würde“, ist er überzeugt. Dem Untertageabbau, wie er in Wellen in einem rund zwei Kilometer langen und anderthalb Kilometer breiten Gebiet geschieht, habe zudem den Vorteil, vergleichsweise emissionsärmer zu sein als Übertageabbau. „Eine gewisse Lärm- und Staubbelastung durch Verarbeitung und Transport ist allerdings nicht zu vermeiden.“

KOMPROMISSE ZWISCHEN TOURISMUS UND BERGBAU
Daran sind auch die Menschen in der Vulkaneifel gewohnt, die etwa im Einzugsbereich der Lava- und Basaltbrüche in Strohn und Üdersdorf leben. Hier baut die Ernst Scherer Baustoffe GmbH mit Genehmigungen für weitere 30 Jahre ab, das Gros geht an Abnehmer in der Region. „Wir sind Teil der Gesellschaft und schließen ständig Kompromisse“, sagt Jörg Scherer. In der Vulkaneifel ist das Geflecht von naturschützerischen und bergbautechnischen Fragen besonders anspruchsvoll, weil die vom Gesteinsabbau betroffene Landschaft zugleich eine europaweit beachtete Destination des Geotourismus ist und die Bodenschätze von den Rohstoffunternehmen und den Touristen gleichermaßen beansprucht werden. „Es kann Interessenskollisionen zwischen beiden Branchen geben“, räumt Scherer ein, betont aber, dass es – gerade im für seine „Lavabombe“ und das Vulkanhaus bei Gästen beliebten Ort Strohn – ebenso sehr beachtliche Synergien gebe. „Ohne die Aufschlüsse, die durch den Lava- und Basaltabbau entstehen, wäre der Geotourismus gar nicht denkbar. Wir stimmen uns eng mit den entsprechenden Touristikern ab, etwa im Hinblick auf Exkursionen.“ Aus Steinbrüchen können so wertvolle Naherholungsgebiete werden.

Einem ausgewogenen Verhältnis von Umweltbelastungen und Naturschutz dienen, wie Scherer darlegt, zahlreiche Maßnahmen. „Unsere Sprengverfahren minimieren Erschütterungen, unser moderner Maschinenpark ist auf Emissionsreduzierung ausgelegt und mit drei mobilen Aufbereitungsanlagen tragen wir zum Recycling von Rohstoffen bei. Außerdem renaturieren wir in Absprache mit den Naturschützern die Steinbrüche und helfen bei der Ansiedlung etwa von Uhus. Für etliche seltene Tiere sind aufgelassene Brüche ideale Nistreviere.“ Die Auflagen etwa für das Vermeiden von wassergefährdenden Stoffen seien deutlich schärfer geworden – und werden befolgt. Daraus ergäben sich klare Einschränkungen etwa bei der Verwendungsmöglichkeit von Recyclingbaustoffen im Unterbau von Straßen und Gebäuden.

KONKURRENZ UM FLÄCHEN
Scherer geht auf die aktuell vor allem in der Vulkaneifel heftig geführte Diskussion um die mögliche Erweiterung von 400 auf insgesamt 2 000 Hektar Abbaufläche ein, die vom Landesamt für Geologie ins Spiel gebracht wurde. „Die Inanspruchnahme all dieser Flächen durch den Bergbau halte ich für unrealistisch, allein schon, weil die Märkte diese Mengen gar nicht abfordern werden. Da wir ein Massenprodukt herstellen, lohnt es nicht, weit entfernte Abnehmer zu beliefern, und in der Region ist der Absatz begrenzt.“ Insgesamt seien in Rheinland-Pfalz nur 0,4 Prozent der Flächen der Rohstoffsicherung vorbehalten. „Bedenkt man, dass 87 Prozent von Landwirtschaft und Forsten genutzt werden, 11 Prozent besiedelt sind und 0,7 Prozent der Trinkwassererzeugung dienen sowie zwei Prozent für Windkraft vorbehalten sein sollen, dann ist klar: Es existiert eine Konkurrenz um Flächen, und dabei steht die Rohstoffsicherung hintan“, argumentiert er gegen eine zu große Verunsicherung der Bevölkerung. Jedoch profitiere insbesondere vom Straßenbau jeder Bürger. Da günstige Rohstoffpreise den Landeshaushalt schonten, mache auch eine Rohstoffabgabe keinen Sinn. Ein wirtschaftlicher Abbau von Rohstoffen dort, wo sie geologisch verfügbar sind, komme zudem kurzen und ökologischen Transportwegen zu Gute.

Überschaubar stellt sich die Situation indessen für Nikolaus Eiden dar. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter des Kenner Betonwerks, zu dem auch ein Kiesabbau gehört. „Wir fördern den Kies hauptsächlich für den Eigenbedarf im Betonwerk und haben daher nur einen untergeordneten externen Absatzmarkt. Und wir haben das Glück, die benötigten Rohstoffe im Moseltal quasi vor der Haustür vorzufinden.“ Die Grundstücke befinden sich teils im eigenen Besitz, doch teils müssen auch geeignete Flächen hinzugekauft werden. Prinzipiell gebe es in der Region rund um Trier und in der Wittlicher Senke, die einst ebenfalls von der Mosel durchflossen war, genügend hochwertigen Kies noch für etliche Jahrzehnte.

Die wasser- und naturschutzrechtlichen Auflagen sind nach Ansicht Eidens an sich kein Problem, auch wenn die Dauer und Kostenintensität der entsprechenden Genehmigungsverfahren stark zunehmen. Die geplante Einführung von Kies-Euro und auch Wasser-Cent werde die Wirtschaftlichkeit der Kiesgewinnung grundsätzlich in Frage stellen, so Eiden. „Wir stehen weniger selbst in der Kritik, als dass wir umgekehrt zum Leidtragenden von Umweltbelastungen werden. Als Eigentümer der Grundstücke, auf denen wir Kies fördern, sind wir zur Sauberhaltung verpflichtet. Aber da spielt nicht jeder mit.“ Gemeint ist illegale Müllentsorgung, die offenbar Privatpersonen bisweilen auf den Geländen betreiben. Auch bestimmte Freizeitaktivitäten können zum Problem werden, wenn sie überhand nehmen: „Wir baggern im Grundwasser, das heißt, es entstehen drei bis fünf Meter tiefe Baggerseen, die gern als Badestellen genutzt werden. Auch die müssen wir frei von Wasserbelastungen halten“, schildert Eiden die Herausforderung. Es sei möglich, die ausgebaggerten Flächen wieder zu verfüllen, doch zumeist sehe man in Abstimmung mit den Behörden davon ab. Denn der Rohstoffabbau habe in diesem Fall weiteren Nutzen: „Wir schaffen letztlich naturschützerisch wertvolle Refugien für Wasservögel und Retentionsflächen, die im Falle von Hochwasser helfen, für die Moselanrainergemeinden kritische Höhen zu vermeiden.“ Der Kiesabbau sei daher nicht nur ökonomisch wichtige Rohstoffsicherung, sondern auch ökologisch sinnvoll.

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