15.09.2001
Standort-Vergleich der Bundesländer
Dieser Text ist vom 15.09.2001 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Rheinland-Pfalz auf Platz neun
Gut zehn Jahre nach der Vereinigung Deutschlands stellt
sich die wirtschaftliche Lage in den Bundesländern sehr heterogen
dar: Die Arbeitslosenquoten der Länderschwanken um fast 20
Prozent, die Bandbreite des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf reicht
von unter 30 000 DM in manchen ostdeutschen Bundesländern bis
über 80 000 DM in Hamburg. In Zeiten der Globalisierung von
Wirtschaft und Politik gewinnen regionale Einheiten zunehmend an
Bedeutung. Für Deutschland bedeutet dies, dass es sich nicht nur
als Ganzes im internationalen Standortwettbewerb behaupten muss,
sondern gerade die einzelnen Bundesländer Anstrengungen
unternehmen müssen, um ihre Konkurrenzfähigkeit zu verbessern.
'Lernen von den Besten' ist daher der Grundgedanke eines
Standortvergleichs der deutschen Bundesländer, den die
Wirtschaftswissenschaftler Norbert Berthold und Stefan Drews von
der Universität Würzburg im Auftrag der Bertelsmann Stiftung
erstmalig vorlegt haben. Um die Standortqualität in den einzelnen
Bundesländern messen und vergleichen zu können, wurden die drei
Bereiche Beschäftigung (Arbeitslosen- und Erwerbstätigenquote),
Einkommen (Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Wachstum des
Bruttoinlandsproduktes) sowie Sicherheit (Anteil der
Sozialhilfeempfänger für die soziale Sicherheit; Anteil der nicht
aufgeklärten Straftaten für die innere Sicherheit) zu einem
'Erfolgsindex' zusammen gefasst. Anhand dieser Messgrößen wurden
dann die beiden Zeiträume 1991 bis 1995 und 1996 bis 1998
untersucht. Rheinland-Pfalz belegt den neunten Platz in dieser
Untersuchung. Spitzenreiter sind Hamburg und Bayern, Hessen
belegt den vierten und Bremen den fünften Platz. Im Mittelfeld
liegen auf den Rängen sechs bis zehn die Bundesländer
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein,
Rheinland-Pfalz und das Saarland. Die Schlussgruppe bilden die
ostdeutschen Länder und die Bundeshauptstadt in der Reihenfolge
Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern
und Sachsen-Anhalt. In einem zweiten Schritt wurde auf Basis
einer ökonometrischen Panel-Analyse untersucht, in welchem
Bundesland die Politik besonders aktiv war, um die
Lebensverhältnisse für ihre Bürger positiv zu beeinflussen. Dazu
wurden wiederum die Bereiche Beschäftigung, Einkommen und
Sicherheit zu einem 'Aktivitätsindex' verdichtet. Betrachtet man
dieses zweite Ranking, so ergibt sich ein anderes Bild: Hier
liegt Bayern mit einer besonders aktiven Politik an der Spitze
gefolgt von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das breite
Mittelfeld wird angeführt von Schleswig-Holstein gefolgt von
Niedersachsen, dem Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hessen,
Hamburg, Thüringen, Berlin und Bremen. Die Schlussgruppe bilden
Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg,
die Ende der 90er-Jahre mit ihren landespolitischen Aktivitäten
deutlich an Boden verloren.
Mehr Wettbewerb gefragt
Bei der Betrachtung von Erfolgen und Aktivitäten kann man feststellen, dass insbesondere diejenigen Länder gut dastehen, die angebotsorientierte, auf Wachstum ausgerichtete Strategien verfolgt haben. Außerdem zeigt sich, dass die Bundesländer insgesamt ein höheres Wohlstandsniveau erreichen könnten, wenn gesetzliche Rahmenbedingungen und landespolitische Aktivitäten wettbewerbsorientierter ausgestaltet wären. Rheinland-Pfalz weist in beiden Beobachtungszeiträumen einen sehr hohen Aktivitätsindex auf. In der ersten Periode waren es 6,16 Punkte und der dritte Rang. Von 1996 an hat Rheinland-Pfalz seine Anstrengungen mit +0,28 Punkten nochmals überproportional ausgeweitet und nähert sich mit einem Wert von 6,44 Punkten dem Spitzen-Duo Bayern und Baden-Württemberg. Allerdings schlagen sich die rheinland-pfälzischen Bemühungen nicht adäquat im Erfolgsindex nieder. Hier lag Rheinland-Pfalz in der ersten Periode mit Rang sechs noch im Mittelfeld. Mit 4,58 Punkten zwar leicht unterdurchschnittlich, konnte es dennoch seine Nachbarn Nordrhein-Westfalen und das Saarland auf die Plätze verweisen. In der Folgezeit rutscht Rheinland-Pfalz dann um drei Plätze auf den neunten Rang ab. Im Gegensatz zu den östlichen Bundesländern verliert es zwar keine absoluten Punktwerte, kann aber mit einem Anstieg von +0,53 Punkten nicht Anschluss an den Geleitzug der übrigen Westländer halten. Mit 6,23 Punkten belegt Rheinland-Pfalz im zweiten Beobachtungszeitraum von 1996 bis 1998 den dritten Rang im Aktivitätsbereich 'Beschäftigung' (Aktivitätsindex). Auffällig ist nun, dass Rheinland-Pfalz nicht den Weg über eine Ausweitung der Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder der öffentlichen Beschäftigung geht, sondern seine Stärken in anderen nichtstaatlichen Bereichen liegen. So kann Rheinland-Pfalz in bei-den Beobachtungszeiträumen eine überdurchschnittlich hohe Ausbildungsstellen-Relation, Jugend-Beschäftigungsquote sowie Teilzeitarbeit aufweisen. Das Gewerbesteuerniveau der Gemeinden und die Insolvenzhäufigkeit sind dagegen sehr gering.
Nachholbedarf beim Einkommen
Die eigentliche Schwäche des Landes ist im Bereich 'Einkommen' des Erfolgsindex begründet. Hier liegt Rheinland-Pfalz am Ende der Betrachtungsperiode mit 4,36 Punkten auf dem zwölften Platz. Nur die östlichen Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt weisen hier schlechtere Werte auf. Dabei ist zu beachten, dass sich Rheinland-Pfalz mit einer von 1991 bis 1995 durchschnittlichen Wachstumsrate von 1,0 Prozent durchaus im Trend der Westländer bewegte. In der zweiten Periode konnte es das Wachstum jedoch trotz seines niedrigen Bruttoinlandsprodukt-Niveaus von 36 900 DM (Durchschnitt 1991 bis 1995) nicht im gleichen Umfang wie etwa Nordrhein-Westfalen (+1,1 Prozent), Hessen (+1,2 Prozent) oder Baden-Württemberg (+2,1 Prozent) forcieren, sondern bleibt mit einem Zuwachs von +0,4 Prozent deutlich hinter allen anderen Westländern zurück. Dass Rheinland-Pfalz trotz seiner Aktivitäten im Erfolgsindex abrutscht, kann auf unterschiedliche weise interpretiert werden. Zum einen kann eine solche Entwicklung auf externe Faktoren zurückzuführen sein, die nicht auf alle Bundesländer gleichermaßen eingewirkt, sondern sozusagen asymmetrisch verstärkt Rheinland-Pfalz getroffen haben. Zu nennen wäre hier insbesondere der Themenkomplex der militärischen Konversion. Zum anderen muss man bei einer Beurteilung auch die Performance der Nachbar-Bundesländer einbeziehen. Rheinland-Pfalz ist von erfolgreichen Entwicklungszentren umgeben, kann diese eigentlich günstige Lage aber nicht nutzen, um Synergieeffekte zu generieren. Es fehlt also an Kooperation bzw. einer vernetzten Raumordnungspolitik, um Perspektiven für die Region zu finden. Daher wird für die zukünftige Entwicklung von Rheinland-Pfalz entscheidend sein, dass das Land Anschluss an seine Nachbarregionen Rhein-Main, Saarland-Elsass, Baden-Württemberg und das Rheinland findet.
Clemens Wieland
Bertelsmann Stiftung, Bereich Wirtschaft
Mehr Wettbewerb gefragt
Bei der Betrachtung von Erfolgen und Aktivitäten kann man feststellen, dass insbesondere diejenigen Länder gut dastehen, die angebotsorientierte, auf Wachstum ausgerichtete Strategien verfolgt haben. Außerdem zeigt sich, dass die Bundesländer insgesamt ein höheres Wohlstandsniveau erreichen könnten, wenn gesetzliche Rahmenbedingungen und landespolitische Aktivitäten wettbewerbsorientierter ausgestaltet wären. Rheinland-Pfalz weist in beiden Beobachtungszeiträumen einen sehr hohen Aktivitätsindex auf. In der ersten Periode waren es 6,16 Punkte und der dritte Rang. Von 1996 an hat Rheinland-Pfalz seine Anstrengungen mit +0,28 Punkten nochmals überproportional ausgeweitet und nähert sich mit einem Wert von 6,44 Punkten dem Spitzen-Duo Bayern und Baden-Württemberg. Allerdings schlagen sich die rheinland-pfälzischen Bemühungen nicht adäquat im Erfolgsindex nieder. Hier lag Rheinland-Pfalz in der ersten Periode mit Rang sechs noch im Mittelfeld. Mit 4,58 Punkten zwar leicht unterdurchschnittlich, konnte es dennoch seine Nachbarn Nordrhein-Westfalen und das Saarland auf die Plätze verweisen. In der Folgezeit rutscht Rheinland-Pfalz dann um drei Plätze auf den neunten Rang ab. Im Gegensatz zu den östlichen Bundesländern verliert es zwar keine absoluten Punktwerte, kann aber mit einem Anstieg von +0,53 Punkten nicht Anschluss an den Geleitzug der übrigen Westländer halten. Mit 6,23 Punkten belegt Rheinland-Pfalz im zweiten Beobachtungszeitraum von 1996 bis 1998 den dritten Rang im Aktivitätsbereich 'Beschäftigung' (Aktivitätsindex). Auffällig ist nun, dass Rheinland-Pfalz nicht den Weg über eine Ausweitung der Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder der öffentlichen Beschäftigung geht, sondern seine Stärken in anderen nichtstaatlichen Bereichen liegen. So kann Rheinland-Pfalz in bei-den Beobachtungszeiträumen eine überdurchschnittlich hohe Ausbildungsstellen-Relation, Jugend-Beschäftigungsquote sowie Teilzeitarbeit aufweisen. Das Gewerbesteuerniveau der Gemeinden und die Insolvenzhäufigkeit sind dagegen sehr gering.
Nachholbedarf beim Einkommen
Die eigentliche Schwäche des Landes ist im Bereich 'Einkommen' des Erfolgsindex begründet. Hier liegt Rheinland-Pfalz am Ende der Betrachtungsperiode mit 4,36 Punkten auf dem zwölften Platz. Nur die östlichen Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt weisen hier schlechtere Werte auf. Dabei ist zu beachten, dass sich Rheinland-Pfalz mit einer von 1991 bis 1995 durchschnittlichen Wachstumsrate von 1,0 Prozent durchaus im Trend der Westländer bewegte. In der zweiten Periode konnte es das Wachstum jedoch trotz seines niedrigen Bruttoinlandsprodukt-Niveaus von 36 900 DM (Durchschnitt 1991 bis 1995) nicht im gleichen Umfang wie etwa Nordrhein-Westfalen (+1,1 Prozent), Hessen (+1,2 Prozent) oder Baden-Württemberg (+2,1 Prozent) forcieren, sondern bleibt mit einem Zuwachs von +0,4 Prozent deutlich hinter allen anderen Westländern zurück. Dass Rheinland-Pfalz trotz seiner Aktivitäten im Erfolgsindex abrutscht, kann auf unterschiedliche weise interpretiert werden. Zum einen kann eine solche Entwicklung auf externe Faktoren zurückzuführen sein, die nicht auf alle Bundesländer gleichermaßen eingewirkt, sondern sozusagen asymmetrisch verstärkt Rheinland-Pfalz getroffen haben. Zu nennen wäre hier insbesondere der Themenkomplex der militärischen Konversion. Zum anderen muss man bei einer Beurteilung auch die Performance der Nachbar-Bundesländer einbeziehen. Rheinland-Pfalz ist von erfolgreichen Entwicklungszentren umgeben, kann diese eigentlich günstige Lage aber nicht nutzen, um Synergieeffekte zu generieren. Es fehlt also an Kooperation bzw. einer vernetzten Raumordnungspolitik, um Perspektiven für die Region zu finden. Daher wird für die zukünftige Entwicklung von Rheinland-Pfalz entscheidend sein, dass das Land Anschluss an seine Nachbarregionen Rhein-Main, Saarland-Elsass, Baden-Württemberg und das Rheinland findet.
Clemens Wieland
Bertelsmann Stiftung, Bereich Wirtschaft