15.04.2002
Viele feiern Feste - aber ohne den Wirt !
Dieser Text ist vom 15.04.2002 und könnte inhaltlich veraltet sein.
IHK fordert Gesetzgeber und Verwaltungen zum Handeln auf
Seit Jahren beklagt die Gastronomie ständig
zunehmende Konkurrenz durch gastgewerbliche Aktivitäten bei
Nachbarschafts-, Schul-, Straßen- und Vereinsfesten, die
insbesondere in den Sommermonaten landauf, landab Hochkonjunktur
haben. Die IHK fordert jetzt eine Änderung des
Gaststättengesetzes und der bisherigen Verwaltungspraxis, um den
Auswüchsen dieser mit behördlicher Genehmigung gestatteten Feste
einen Riegel vorzuschieben.
Betroffen sind vor allem Gaststätten auf dem Land, denn insbesondere dort hat sich in den letzten Jahren ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen. Fast jede kleinere Gemeinde besitzt ein eigenes Bürgerhaus, und die Dorf- oder Stammkneipe der früheren Jahre verliert immer mehr an Bedeutung. Teilweise mit Unterstützung der Gemeinden sind nicht nur dörfliche und gemeinschaftliche Festveranstaltungen immer stärker in die Bürgerhäuser verlagert worden, sondern auch private Fêten und Feiern im Familienkreis. Inzwischen wird dies als Selbstverständlichkeit angesehen, und kaum jemand macht sich Gedanken darüber, dass die noch am Ort vorhandenen Gaststätten durch diesen Wandel zunehmend in ihrer Existenz gefährdet werden.
Unterschiedliche Anforderungsprofile führen zu Verzerrungen
Es soll hier nicht behauptet werden, dass dies allein und immer auf Dorf-, Vereins- oder Straßenfeste oder ähnliche Veranstaltungen zurückzuführen ist. Aber auch diese außergastronomischen Aktivitäten sind einer von vielen Mosaiksteinen, die die gewerbliche Gastronomie in ihrer Existenz bedrohen. Dafür liegen nicht nur der IHK Trier eine Reihe von regionalen Beispielen vor. Richtig ist sicher auch, dass die gewerbliche Gastronomie alleine nicht in der Lage wäre, alle Festveranstaltungen auszurichten und den zweifellos vorhandenen Bedarf an nachbarschafts- oder gemeinschaftsbildend empfundenen Festen zu decken. Vielfach würde dies bereits an Personal- oder Raumkapazitäten scheitern. Eine Vielzahl von Veranstaltungen wäre auch ohne das ehrenamtliche Engagement in Vereinen, Organisationen oder Parteien nicht zu bewältigen. Aber dies darf natürlich kein Freibrief für eine allzu großzügige und unkritische Gestattungspraxis der Verwaltungen sein.
Die Erteilung einer Gaststätten-Konzession macht der Gesetzgeber vor allem für stationäre Gewerbebetriebe von umfangreichen Anforderungen und Auflagen abhängig. Antragsteller müssen nicht nur die persönliche Zuverlässigkeit besitzen, eine fachliche Ausbildung nachweisen oder an einer Unterrichtung über lebensmittelrechtliche Kenntnisse teilgenommen haben. Zahlreiche weitere Auflagen betreffen Lage und Beschaffenheit der Betriebsräume, Erfüllung der Sicherheitsanforderungen, von sonstigen Auflagen im Bereich Hygiene und Lebensmittelrecht, Arbeits- und Jugendschutzbestimmungen und weiteren ganz zu schweigen.
Naturgemäß wäre diese umfangreiche und komplexe Regulierung bei kurzfristigen gastronomischen Tätigkeiten außerhalb konzessionierter Räume zum Scheitern verurteilt. Sie bergen aber, wenn auch nur auf den kurzfristigen Anlass beschränkt, mindestens genau so viele Gesundheits- und sonstige Sicherheitsrisiken für Besucher und die Allgemeinheit, wie gastronomische Tätigkeiten im Rahmen eines stationären Betriebes. Deshalb hat der Gesetzgeber für diese Fälle eine gesonderte Erlaubnispflicht mit geringeren Anforderungen in Form der Gestattung eingeführt. Ziel dieser noch aus dem Jahr 1930 stammenden Regelung war es aber nur, für die in Betracht kommenden Veranstaltungen Erleichterungen im Hinblick auf die zeitliche Befristung zuzulassen. In keinem Fall sollten damit alle anderen Überprüfungskriterien, denen die Gastronomie sonst unterliegt, wegfallen. Um den Ausnahmefall nicht zur Regel werden zu lassen, wurde darüber hinaus die Forderung aufgestellt, dass eine Gestattung immer nur bei Vorliegen eines „besonderen Anlasses“ erteilt werden darf.
Nicht nur die erschreckend hohe Zahl von über 6 000 Gestattungen im Jahr 2001, die die IHK Trier allein für ihren Bezirk ermittelt hat, lässt Zweifel aufkommen, ob die Vorgaben und Zielvorstellungen des Gesetzgebers in der Vergangenheit immer beachtet wurden.
Besonderer Anlass ist Grundvoraussetzung
Was unter einem „besonderen Anlass“ zu verstehen ist und welche Voraussetzungen daran geknüpft werden, hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1989 grundsätzlich klargestellt. Er muss außergewöhnlich und kurzfristig sein und auf einem äußeren außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegenden Anstoß (Umstand) beruhen, als dessen Folge das Gaststättengewerbe betrieben werden soll. Häufig wiederkehrende Ereignisse ohne Ausnahmecharakter rechtfertigen nach Auffassung des Gerichtes ebenso wenig eine Gestattung wie deren alleinige Kurzfristigkeit.
Auf den ersten Blick scheinen damit die Voraussetzungen für eine Gestattung klar zu sein. Aber dies täuscht, denn in der Praxis hilft die Entscheidung nur bedingt weiter. Das Gericht hat nämlich auch die Auffassung vertreten, dass der Anlass nicht von anderer Seite vorgegeben sein muss. Er kann vom Antragsteller selbst geschaffen werden, wobei die Behörde weder eine Bedürfnisprüfung vornehmen, noch prüfen darf, ob das selbst geschaffene Ereignis eine sachliche Grundlage hat. Allenfalls ist eine Plausibilitätsprüfung dahingehend möglich, ob der behauptete Anlass nicht nur als Vorwand dient, um mit gastronomischen Mitteln zum Beispiel die Vereins- oder Clubkasse aufzubessern. In der Praxis bleibt diese Plausibilitätsprüfung aber fast ausnahmslos graue Theorie. Vielfach bereits deshalb, weil die Verwaltungen Kosten und Schadenersatzansprüche bei einem verlorenen Verwaltungsprozess fürchten.
Wen wundert es da, dass der Erfindungsreichtum selbst erfundener „besonderer Anlässe“ bei Vereinen und Organisationen, aber auch bei privaten Jugend- und Kegelclubs, Feuerwehren und sonstigen Veranstaltern immer größer und in der Folge die Verwaltungspraxis immer unübersichtlicher und uneinheitlicher wurde.
Veranstaltungsvielzahl sprengt die Überwachungskapzitäten
Vielen Verwaltungsbehörden kann man sicher den guten Willen nicht absprechen, eine Ausuferung der Gestattungen verhindern zu wollen. Aber wenn jeder Veranstalter, unabhängig von traditionellen Gemeinde-, Pfarr- oder Vereinsfesten, beispielsweise auch jede Jahreszeit als besonderen Anlass deklarieren kann, um besondere Feste durchzuführen, wie will dann eine Verwaltungsbehörde noch widerlegen, dass dieses Fest nicht nur Vorwand für eine beantragte Gestattung ist. Hinzu kommt, dass viele Verwaltungen auch noch vor einem weiteren Dilemma, dem Vollzugsproblem stehen. Denn mit dem vorhandenen Personalbestand sind weder die Gewerbebehörden noch die Lebensmittel-Kontrollorgane in der Lage, die Masse von Veranstaltungen zu kontrollieren und ihren Überwachungsaufgaben sachgerecht nachzukommen.
Nachvollziehbar wird dies, wenn man sich die im Laufe eines Jahres ausgestellten Gestattungen vor Auge führt. So wurden im Jahr 2001 allein im IHK-Bezirk Trier über 6 000 Gestattungen von den regionalen Verwaltungsbehörden ausgestellt. Die IHK Trier konnte auf Grund einer Umfrage weiter ermitteln, dass zum 30. September 2001 rund zehn Prozent mehr Gestattungen erteilt worden sind als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Ein Blick auf die regionale Verteilung macht deutlich, dass im Kreis Bernkastel-Wittlich mit einem Anteil von 36 Prozent die meisten und in der Stadt Trier mit einem Anteil von neun Prozent die wenigsten Gestattungen erteilt wurden. Auffallend ist auch, dass in den Kreisen Trier-Saarburg (22%) und Bitburg-Prüm (21%) fast doppelt so viele Gestattungen ausgestellt wurden wie im Kreis Daun mit 12%.
Ein weiteres, wenn auch vermutetes Ergebnis, wird durch die Umfrage bestätigt. Weniger als 10% der Gestattungen werden von Gastronomiebetrieben oder gewerblichen Caterern beantragt. Dagegen entfällt jede fünfte Gestattung auf privat organisierte Fêten und Feste, zum Beispiel von Kegel- oder Jugendclubs außerhalb von Vereinsstrukturen oder auf sonstige Anlässe anderer privat organisierter Veranstaltungen. Den größten Anteil mit fast 60% haben örtliche Sport-, Musik- und Karnevalsvereine, Feuerwehren und andere Organisationen. Aber auch gemeinnützige, karitative oder kommunale Einrichtungen, wie Kindergärten, Kirchengemeinden und Schulen, nutzen zunehmend alle möglichen Anlässe, um mit einer behördlichen Gestattung öffentliche Veranstaltungen durchzuführen und dort Speisen und Getränke gegen Entgelt anzubieten.
Daher kann es auch kaum verwundern, dass angesichts der hohen Zahl solcher Veranstaltungen in maximal fünf bis acht Prozent der Gestattungsfälle von den zuständigen Behörden tatsächlich vor Ort kontrolliert wird, ob Auflagen und Mindeststandards eingehalten werden.
Von Seiten der Hotellerie und Gastronomie wird deshalb nicht nur die Vielzahl der gestatteten Veranstaltungen kritisiert, sondern vor allem auch die erkennbare Ungleichbehandlung im Vollzug, die naturgemäß zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen führt. Diese Ungleichbehandlung ist es auch, die auf der örtlichen Veranstaltungsebene die Emotionen hoch kochen lässt und nicht selten den Frieden der Orts- oder Dorfgemeinschaft belastet. Dass die Gastronomie dabei fast immer am kürzeren Hebel sitzt, haben viele Gastwirte auch in der Region Trier schon am eigenen Leib erfahren, wenn sie das Thema zur Sprache bringen wollten. Sie laufen dann sehr schnell Gefahr, sich ins Abseits zu stellen und von den örtlichen Vereinen und Organisationen gemieden oder gar boykottiert zu werden. Daher ballen die meisten Gastwirte lieber die Faust in der Tasche und beschweren sich allenfalls bei ihrer IHK oder ihrem Fachverband, um Schwierigkeiten innerhalb der dörflichen Gemeinschaft zu vermeiden.
Zusammenarbeit gefordert
Eigentlich ist es selbstverständlich, dass sich alle Akteure und Beteiligten zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit verpflichtet fühlen sollten. Die örtlichen Veranstaltungsakteure, Vereine und Organisationen alleine deshalb schon, weil sie selbst ein Interesse daran haben müssen, dass auch außerhalb eines kurzfristigen Ereignisses in dem jeweiligen Ort eine leistungsstarke und gut funktionierende Gastronomie vorhanden ist. Und die Gastronomie, weil sie in aller Regel auf die vor allem durch das Vereinsleben geprägte örtliche Gemeinschaft angewiesen ist. Hier ist aber auch die Kommunalpolitik gefragt. Ihre Aufgabe ist es, für ein ausgewogenes Miteinander zu sorgen und ihren Einfluss geltend zu machen, dass öffentliche Vereinsfeste und sonstige öffentliche Veranstaltungen nicht an der gewerblichen Gastronomie vorbei organisiert werden. Die Kommunalpolitik darf nicht tatenlos zusehen, wenn Fehlentwicklungen erkennbar werden. Auch das vielfach angeführte Argument, dass gemeinnützige Organisationen und Vereine auf die Einnahmen aus solchen Veranstaltungen zur Bewältigung ihrer Aufgaben angewiesen sind, rechtfertigt keine Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der gewerblichen Gastronomie.
Appelle und Lippenbekenntnisse reichen nicht
Davor dürfen auch die politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene ihre Augen nicht verschließen. Sie dürfen nicht länger den Kopf in den Sand stecken und sich auf eine Rechtsgrundlage und eine darauf aufbauende Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zurückziehen, die der tatsächlichen Entwicklung in der Praxis nicht mehr gewachsen sind. Wenn der Gesetzgeber und damit die verantwortlichen Politiker sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, durch die unterschiedlichen Anforderungsprofile und die bekannten Vollzugsdefizite bewusst Fehlentwicklungen und Wettbewerbsverzerrungen in Kauf zu nehmen, reichen Appelle und Lippenbekenntnisse nicht mehr aus. Das löst weder das Massenproblem der Veranstaltungen, noch sind damit die Vollzugsdefizite bei der Überwachung vor Ort in den Griff zu bekommen.
Regeln verschärfen
Die IHK Trier fordert deshalb zusammen mit ihrem Tourismusausschuss eine Änderung beziehungsweise Konkretisierung der Rechtsgrundlage des Paragrafen zwölf des Gaststättengesetzes. Diese soll vor allem sicherstellen, dass Antragsteller künftig nicht jeden x-beliebigen Grund vorschieben und zum Anlass nehmen können, sich gastronomisch mit einer behördlichen Gestattung zu betätigen. Damit einhergehen muss nach IHK-Auffassung eine kritischere Überprüfung der Erteilung von Gestattungen durch die zuständigen Gewerbeverwaltungen und eine durchgehende Kontrolle und Überwachung durch die zuständigen Lebensmittelbehörden. Die IHK Trier hat dazu in Verbindung mit ihrem Tourismusausschuss Vorschläge ausgearbeitet, die für die betroffenen Festveranstalter zwar einen gewissen formalen Aufwand bedeuten, der im Interesse der Gleichbehandlung und der gebotenen Wettbewerbsneutralität aber notwendig erscheint.
Werner Scherf
IHK-Tourismusausschusses fordert Änderung der Verfahrensweise bei Gestattungen
In der Vergangenheit wurden seitens der Hotel- und Gaststättenverbände, des DIHK und auch seitens der IHK Trier wiederholt Vorstöße unternommen, die Rechtsgrundlage im Gaststättengesetz zu ändern mit dem Ziel, die Flut der Gestattungen einzudämmen. Immer wieder ist sowohl gegenüber den Verbandsgemeinde-, Stadt- und Kreisverwaltungen als auch gegenüber den Ministerien darauf hingewiesen worden, dafür Sorge zu tragen, dass die Anzahl der jährlich erteilten Gestattungen mit Blick auf eine Wettbewerbsverzerrung zu den stationären Hotel- und Gaststättenbetrieben erheblich reduziert werden. Doch für das Jahr 2001 hat die IHK Trier eine Anzahl von über 6 000 Gestattungen im IHK-Bezirk ermittelt. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit die Zahl der Gestattungen um rund zehn Prozent gestiegen. Die Konkurrenz von Hotellerie und Gastronomie durch Vereins- und Straßenfeste wird ständig größer. Hinzu kommt eine ausufernde Überreglementierung der gastgewerblichen Betriebe von Hygienevorschriften über Infektionsschutzbestimmungen bis hin zur 325-€-Regelung. Diese Situation gibt Anlass, nochmals deutlich für eine Änderung der Rechtsgrundlage in §12 des Gaststättengesetzes einzutreten und eine Straffung des Verwaltungsverfahrens auf Länderebene zu fordern, um auf diese Weise eine Gleichbehandlung aller Beteiligten anzustreben:
Änderung der Verwaltungspraxis:
Die Landesregierung ist aufgefordert, eine einheitliche Verwaltungspraxis durch konkrete verbindliche Vorgaben sicherzustellen.
Darüber hinausgehend ist es notwendig, eine Änderung von §12 des Gaststättengesetzes in Angriff zu nehmen und damit die Verwaltungsbehörden an einheitliche und nachvollziehbare Kriterien zu binden. Dazu wird vorgeschlagen, neben der bisherigen Formulierung des §12 Absatz 1 Gaststättengesetz folgenden neuen Absatz 2 einzufügen:
„Der besondere Anlass nach Absatz 1 ist nur dann gegeben, wenn ein seltenes, außergewöhnliches und kurzfristiges Ereignis außerhalb der gastronomischen Tätigkeit, ohne Gefahr für Besucher oder die Allgemeinheit, eine Gestattung unter erleichterten Voraussetzungen rechtfertigen.“
Der IHK-Tourismusauschuss fordert den Gesetzgeber und die Verwaltungen zum Handeln auf!
Betroffen sind vor allem Gaststätten auf dem Land, denn insbesondere dort hat sich in den letzten Jahren ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen. Fast jede kleinere Gemeinde besitzt ein eigenes Bürgerhaus, und die Dorf- oder Stammkneipe der früheren Jahre verliert immer mehr an Bedeutung. Teilweise mit Unterstützung der Gemeinden sind nicht nur dörfliche und gemeinschaftliche Festveranstaltungen immer stärker in die Bürgerhäuser verlagert worden, sondern auch private Fêten und Feiern im Familienkreis. Inzwischen wird dies als Selbstverständlichkeit angesehen, und kaum jemand macht sich Gedanken darüber, dass die noch am Ort vorhandenen Gaststätten durch diesen Wandel zunehmend in ihrer Existenz gefährdet werden.
Unterschiedliche Anforderungsprofile führen zu Verzerrungen
Es soll hier nicht behauptet werden, dass dies allein und immer auf Dorf-, Vereins- oder Straßenfeste oder ähnliche Veranstaltungen zurückzuführen ist. Aber auch diese außergastronomischen Aktivitäten sind einer von vielen Mosaiksteinen, die die gewerbliche Gastronomie in ihrer Existenz bedrohen. Dafür liegen nicht nur der IHK Trier eine Reihe von regionalen Beispielen vor. Richtig ist sicher auch, dass die gewerbliche Gastronomie alleine nicht in der Lage wäre, alle Festveranstaltungen auszurichten und den zweifellos vorhandenen Bedarf an nachbarschafts- oder gemeinschaftsbildend empfundenen Festen zu decken. Vielfach würde dies bereits an Personal- oder Raumkapazitäten scheitern. Eine Vielzahl von Veranstaltungen wäre auch ohne das ehrenamtliche Engagement in Vereinen, Organisationen oder Parteien nicht zu bewältigen. Aber dies darf natürlich kein Freibrief für eine allzu großzügige und unkritische Gestattungspraxis der Verwaltungen sein.
Die Erteilung einer Gaststätten-Konzession macht der Gesetzgeber vor allem für stationäre Gewerbebetriebe von umfangreichen Anforderungen und Auflagen abhängig. Antragsteller müssen nicht nur die persönliche Zuverlässigkeit besitzen, eine fachliche Ausbildung nachweisen oder an einer Unterrichtung über lebensmittelrechtliche Kenntnisse teilgenommen haben. Zahlreiche weitere Auflagen betreffen Lage und Beschaffenheit der Betriebsräume, Erfüllung der Sicherheitsanforderungen, von sonstigen Auflagen im Bereich Hygiene und Lebensmittelrecht, Arbeits- und Jugendschutzbestimmungen und weiteren ganz zu schweigen.
Naturgemäß wäre diese umfangreiche und komplexe Regulierung bei kurzfristigen gastronomischen Tätigkeiten außerhalb konzessionierter Räume zum Scheitern verurteilt. Sie bergen aber, wenn auch nur auf den kurzfristigen Anlass beschränkt, mindestens genau so viele Gesundheits- und sonstige Sicherheitsrisiken für Besucher und die Allgemeinheit, wie gastronomische Tätigkeiten im Rahmen eines stationären Betriebes. Deshalb hat der Gesetzgeber für diese Fälle eine gesonderte Erlaubnispflicht mit geringeren Anforderungen in Form der Gestattung eingeführt. Ziel dieser noch aus dem Jahr 1930 stammenden Regelung war es aber nur, für die in Betracht kommenden Veranstaltungen Erleichterungen im Hinblick auf die zeitliche Befristung zuzulassen. In keinem Fall sollten damit alle anderen Überprüfungskriterien, denen die Gastronomie sonst unterliegt, wegfallen. Um den Ausnahmefall nicht zur Regel werden zu lassen, wurde darüber hinaus die Forderung aufgestellt, dass eine Gestattung immer nur bei Vorliegen eines „besonderen Anlasses“ erteilt werden darf.
Nicht nur die erschreckend hohe Zahl von über 6 000 Gestattungen im Jahr 2001, die die IHK Trier allein für ihren Bezirk ermittelt hat, lässt Zweifel aufkommen, ob die Vorgaben und Zielvorstellungen des Gesetzgebers in der Vergangenheit immer beachtet wurden.
Besonderer Anlass ist Grundvoraussetzung
Was unter einem „besonderen Anlass“ zu verstehen ist und welche Voraussetzungen daran geknüpft werden, hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1989 grundsätzlich klargestellt. Er muss außergewöhnlich und kurzfristig sein und auf einem äußeren außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegenden Anstoß (Umstand) beruhen, als dessen Folge das Gaststättengewerbe betrieben werden soll. Häufig wiederkehrende Ereignisse ohne Ausnahmecharakter rechtfertigen nach Auffassung des Gerichtes ebenso wenig eine Gestattung wie deren alleinige Kurzfristigkeit.
Auf den ersten Blick scheinen damit die Voraussetzungen für eine Gestattung klar zu sein. Aber dies täuscht, denn in der Praxis hilft die Entscheidung nur bedingt weiter. Das Gericht hat nämlich auch die Auffassung vertreten, dass der Anlass nicht von anderer Seite vorgegeben sein muss. Er kann vom Antragsteller selbst geschaffen werden, wobei die Behörde weder eine Bedürfnisprüfung vornehmen, noch prüfen darf, ob das selbst geschaffene Ereignis eine sachliche Grundlage hat. Allenfalls ist eine Plausibilitätsprüfung dahingehend möglich, ob der behauptete Anlass nicht nur als Vorwand dient, um mit gastronomischen Mitteln zum Beispiel die Vereins- oder Clubkasse aufzubessern. In der Praxis bleibt diese Plausibilitätsprüfung aber fast ausnahmslos graue Theorie. Vielfach bereits deshalb, weil die Verwaltungen Kosten und Schadenersatzansprüche bei einem verlorenen Verwaltungsprozess fürchten.
Wen wundert es da, dass der Erfindungsreichtum selbst erfundener „besonderer Anlässe“ bei Vereinen und Organisationen, aber auch bei privaten Jugend- und Kegelclubs, Feuerwehren und sonstigen Veranstaltern immer größer und in der Folge die Verwaltungspraxis immer unübersichtlicher und uneinheitlicher wurde.
Veranstaltungsvielzahl sprengt die Überwachungskapzitäten
Vielen Verwaltungsbehörden kann man sicher den guten Willen nicht absprechen, eine Ausuferung der Gestattungen verhindern zu wollen. Aber wenn jeder Veranstalter, unabhängig von traditionellen Gemeinde-, Pfarr- oder Vereinsfesten, beispielsweise auch jede Jahreszeit als besonderen Anlass deklarieren kann, um besondere Feste durchzuführen, wie will dann eine Verwaltungsbehörde noch widerlegen, dass dieses Fest nicht nur Vorwand für eine beantragte Gestattung ist. Hinzu kommt, dass viele Verwaltungen auch noch vor einem weiteren Dilemma, dem Vollzugsproblem stehen. Denn mit dem vorhandenen Personalbestand sind weder die Gewerbebehörden noch die Lebensmittel-Kontrollorgane in der Lage, die Masse von Veranstaltungen zu kontrollieren und ihren Überwachungsaufgaben sachgerecht nachzukommen.
Nachvollziehbar wird dies, wenn man sich die im Laufe eines Jahres ausgestellten Gestattungen vor Auge führt. So wurden im Jahr 2001 allein im IHK-Bezirk Trier über 6 000 Gestattungen von den regionalen Verwaltungsbehörden ausgestellt. Die IHK Trier konnte auf Grund einer Umfrage weiter ermitteln, dass zum 30. September 2001 rund zehn Prozent mehr Gestattungen erteilt worden sind als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Ein Blick auf die regionale Verteilung macht deutlich, dass im Kreis Bernkastel-Wittlich mit einem Anteil von 36 Prozent die meisten und in der Stadt Trier mit einem Anteil von neun Prozent die wenigsten Gestattungen erteilt wurden. Auffallend ist auch, dass in den Kreisen Trier-Saarburg (22%) und Bitburg-Prüm (21%) fast doppelt so viele Gestattungen ausgestellt wurden wie im Kreis Daun mit 12%.
Ein weiteres, wenn auch vermutetes Ergebnis, wird durch die Umfrage bestätigt. Weniger als 10% der Gestattungen werden von Gastronomiebetrieben oder gewerblichen Caterern beantragt. Dagegen entfällt jede fünfte Gestattung auf privat organisierte Fêten und Feste, zum Beispiel von Kegel- oder Jugendclubs außerhalb von Vereinsstrukturen oder auf sonstige Anlässe anderer privat organisierter Veranstaltungen. Den größten Anteil mit fast 60% haben örtliche Sport-, Musik- und Karnevalsvereine, Feuerwehren und andere Organisationen. Aber auch gemeinnützige, karitative oder kommunale Einrichtungen, wie Kindergärten, Kirchengemeinden und Schulen, nutzen zunehmend alle möglichen Anlässe, um mit einer behördlichen Gestattung öffentliche Veranstaltungen durchzuführen und dort Speisen und Getränke gegen Entgelt anzubieten.
Daher kann es auch kaum verwundern, dass angesichts der hohen Zahl solcher Veranstaltungen in maximal fünf bis acht Prozent der Gestattungsfälle von den zuständigen Behörden tatsächlich vor Ort kontrolliert wird, ob Auflagen und Mindeststandards eingehalten werden.
Von Seiten der Hotellerie und Gastronomie wird deshalb nicht nur die Vielzahl der gestatteten Veranstaltungen kritisiert, sondern vor allem auch die erkennbare Ungleichbehandlung im Vollzug, die naturgemäß zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen führt. Diese Ungleichbehandlung ist es auch, die auf der örtlichen Veranstaltungsebene die Emotionen hoch kochen lässt und nicht selten den Frieden der Orts- oder Dorfgemeinschaft belastet. Dass die Gastronomie dabei fast immer am kürzeren Hebel sitzt, haben viele Gastwirte auch in der Region Trier schon am eigenen Leib erfahren, wenn sie das Thema zur Sprache bringen wollten. Sie laufen dann sehr schnell Gefahr, sich ins Abseits zu stellen und von den örtlichen Vereinen und Organisationen gemieden oder gar boykottiert zu werden. Daher ballen die meisten Gastwirte lieber die Faust in der Tasche und beschweren sich allenfalls bei ihrer IHK oder ihrem Fachverband, um Schwierigkeiten innerhalb der dörflichen Gemeinschaft zu vermeiden.
Zusammenarbeit gefordert
Eigentlich ist es selbstverständlich, dass sich alle Akteure und Beteiligten zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit verpflichtet fühlen sollten. Die örtlichen Veranstaltungsakteure, Vereine und Organisationen alleine deshalb schon, weil sie selbst ein Interesse daran haben müssen, dass auch außerhalb eines kurzfristigen Ereignisses in dem jeweiligen Ort eine leistungsstarke und gut funktionierende Gastronomie vorhanden ist. Und die Gastronomie, weil sie in aller Regel auf die vor allem durch das Vereinsleben geprägte örtliche Gemeinschaft angewiesen ist. Hier ist aber auch die Kommunalpolitik gefragt. Ihre Aufgabe ist es, für ein ausgewogenes Miteinander zu sorgen und ihren Einfluss geltend zu machen, dass öffentliche Vereinsfeste und sonstige öffentliche Veranstaltungen nicht an der gewerblichen Gastronomie vorbei organisiert werden. Die Kommunalpolitik darf nicht tatenlos zusehen, wenn Fehlentwicklungen erkennbar werden. Auch das vielfach angeführte Argument, dass gemeinnützige Organisationen und Vereine auf die Einnahmen aus solchen Veranstaltungen zur Bewältigung ihrer Aufgaben angewiesen sind, rechtfertigt keine Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der gewerblichen Gastronomie.
Appelle und Lippenbekenntnisse reichen nicht
Davor dürfen auch die politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene ihre Augen nicht verschließen. Sie dürfen nicht länger den Kopf in den Sand stecken und sich auf eine Rechtsgrundlage und eine darauf aufbauende Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zurückziehen, die der tatsächlichen Entwicklung in der Praxis nicht mehr gewachsen sind. Wenn der Gesetzgeber und damit die verantwortlichen Politiker sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, durch die unterschiedlichen Anforderungsprofile und die bekannten Vollzugsdefizite bewusst Fehlentwicklungen und Wettbewerbsverzerrungen in Kauf zu nehmen, reichen Appelle und Lippenbekenntnisse nicht mehr aus. Das löst weder das Massenproblem der Veranstaltungen, noch sind damit die Vollzugsdefizite bei der Überwachung vor Ort in den Griff zu bekommen.
Regeln verschärfen
Die IHK Trier fordert deshalb zusammen mit ihrem Tourismusausschuss eine Änderung beziehungsweise Konkretisierung der Rechtsgrundlage des Paragrafen zwölf des Gaststättengesetzes. Diese soll vor allem sicherstellen, dass Antragsteller künftig nicht jeden x-beliebigen Grund vorschieben und zum Anlass nehmen können, sich gastronomisch mit einer behördlichen Gestattung zu betätigen. Damit einhergehen muss nach IHK-Auffassung eine kritischere Überprüfung der Erteilung von Gestattungen durch die zuständigen Gewerbeverwaltungen und eine durchgehende Kontrolle und Überwachung durch die zuständigen Lebensmittelbehörden. Die IHK Trier hat dazu in Verbindung mit ihrem Tourismusausschuss Vorschläge ausgearbeitet, die für die betroffenen Festveranstalter zwar einen gewissen formalen Aufwand bedeuten, der im Interesse der Gleichbehandlung und der gebotenen Wettbewerbsneutralität aber notwendig erscheint.
Werner Scherf
IHK-Tourismusausschusses fordert Änderung der Verfahrensweise bei Gestattungen
In der Vergangenheit wurden seitens der Hotel- und Gaststättenverbände, des DIHK und auch seitens der IHK Trier wiederholt Vorstöße unternommen, die Rechtsgrundlage im Gaststättengesetz zu ändern mit dem Ziel, die Flut der Gestattungen einzudämmen. Immer wieder ist sowohl gegenüber den Verbandsgemeinde-, Stadt- und Kreisverwaltungen als auch gegenüber den Ministerien darauf hingewiesen worden, dafür Sorge zu tragen, dass die Anzahl der jährlich erteilten Gestattungen mit Blick auf eine Wettbewerbsverzerrung zu den stationären Hotel- und Gaststättenbetrieben erheblich reduziert werden. Doch für das Jahr 2001 hat die IHK Trier eine Anzahl von über 6 000 Gestattungen im IHK-Bezirk ermittelt. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit die Zahl der Gestattungen um rund zehn Prozent gestiegen. Die Konkurrenz von Hotellerie und Gastronomie durch Vereins- und Straßenfeste wird ständig größer. Hinzu kommt eine ausufernde Überreglementierung der gastgewerblichen Betriebe von Hygienevorschriften über Infektionsschutzbestimmungen bis hin zur 325-€-Regelung. Diese Situation gibt Anlass, nochmals deutlich für eine Änderung der Rechtsgrundlage in §12 des Gaststättengesetzes einzutreten und eine Straffung des Verwaltungsverfahrens auf Länderebene zu fordern, um auf diese Weise eine Gleichbehandlung aller Beteiligten anzustreben:
Änderung der Verwaltungspraxis:
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Für das Antragsverfahren ist die Schriftform auf einem gesonderten Antragsvordruck mit einer Anmeldefrist von mindestens vier Wochen vorzuschreiben, damit eine ordnungsgemäße Prüfung unter Einschaltung relevanter Fachbehörden möglich ist. Neben dem Namen und der Anschrift des verantwortlichen Veranstalters müssen die Anträge Angaben über den besonderen Anlass, die Art der Speisen und Getränke einschließlich der zum Einsatz kommenden Getränkeschankanlagen, die beabsichtigten Betriebszeiten, die Lage und Art der Räume einschließlich der Flucht- und Rettungswege, die zur Verfügung stehenden Sanitäranlagen und etwaige mit der Veranstaltung verbundene Darbietungen, wie zum Beispiel Unterhaltungs- oder Tanzmusik sowie Angaben darüber enthalten, wie die personellen und räumlichen Voraussetzungen der Lebensmittelhygieneverordnung und des Infektionsschutzgesetzes sichergestellt werden. Der Antrag muss Angaben zu den Personen enthalten, die Speisen und Getränke bereiten und anbieten.
- Die für das gewerberechtliche Verfahren zuständige Verwaltungsbehörde darf eine Gestattung nur dann erteilen, wenn die für die Lebensmittelüberwachung zuständige Behörde nach Prüfung der Antragsunterlagen ihre Zustimmung erteilt hat und von den weiteren eingeschalteten Fachbehörden keine Bedenken geltend gemacht werden. Damit erübrigt sich nicht die Überprüfung vor Ort, doch es wird sichergestellt, dass die Fachbehörden in jedem Fall bei allen Veranstaltungen im Vorfeld die notwendigen Voraussetzungen überprüfen.
Die Landesregierung ist aufgefordert, eine einheitliche Verwaltungspraxis durch konkrete verbindliche Vorgaben sicherzustellen.
Darüber hinausgehend ist es notwendig, eine Änderung von §12 des Gaststättengesetzes in Angriff zu nehmen und damit die Verwaltungsbehörden an einheitliche und nachvollziehbare Kriterien zu binden. Dazu wird vorgeschlagen, neben der bisherigen Formulierung des §12 Absatz 1 Gaststättengesetz folgenden neuen Absatz 2 einzufügen:
„Der besondere Anlass nach Absatz 1 ist nur dann gegeben, wenn ein seltenes, außergewöhnliches und kurzfristiges Ereignis außerhalb der gastronomischen Tätigkeit, ohne Gefahr für Besucher oder die Allgemeinheit, eine Gestattung unter erleichterten Voraussetzungen rechtfertigen.“
Der IHK-Tourismusauschuss fordert den Gesetzgeber und die Verwaltungen zum Handeln auf!