31.10.2006
Wer wagt, gewinnt
Dieser Text ist vom 31.10.2006 und könnte inhaltlich veraltet sein.
Einstiegsqualifizierung ein wirkungsvolles Instrument bei der Ausbildungsplatzsuche – Ein Praxisbericht
Wer Unternehmer und Auszubildende nach ihren Erfahrungen in Sachen Lehrstellensuche fragt, stößt oft auf einige Gemeinsamkeiten: Diejenigen, die die ausgetretenen Pfade verlassen, machen häufig erstaunliche Erfahrungen. Sei es beim Wagnis, einen Jugendlichen zu übernehmen, der – schaut man sich ausschließlich Schulzeugnisse und Lebenslauf an – auf den ersten Blick so gar nicht in das Bild des „Wunsch-Azubis“ passen will, sei es beim Experiment, einen Beruf anzusteuern, der zunächst nicht ganz oben auf der Liste der Traumberufe stand, und dabei zu erleben: Es macht Spaß! Unternehmer und Bewerber haben sehr gute Erfahrungen gemacht, bei denen auch die IHK als Vermittler tätig ist.
Auch Edgar Schmitt, Geschäftsführer der Eddy’s Sport Shop GmbH in Bitburg, wollte keinen Auszubildenden einstellen, weil sich das Unternehmen Ende 2005 mitten in einer Umstrukturierungsphase befand. „Doch dann kam Hans Möhn von der IHK mit Marco Giacobbe im Gepäck“, lacht Schmitt. Marco hatte bis 2001 die Hauptschule St. Matthias in Bitburg besucht und mit dem Hauptschulabschluss verlassen. Danach wollte er nicht gleich in die Ausbildung gehen, sondern über den Weg der zweijährigen Berufsfachschule erst noch die Mittlere Reife erwerben. Ein Platz in dem von ihm angestrebten Bereich blieb ihm versagt, so dass er sein Glück im Hauswirtschafts- und Sozialwesen versuchte. „Damals wollte ich einfach nur die Mittlere Reife machen und dachte, wenn ich die Zähne zusammenbeiße, dann schaffe ich das auch in dem Bereich. Dass Kochen, Nähen und Babypflege mir so schwer fallen würden, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht“, meint der heute 22-Jährige, brach die Schule vorzeitig ab und begann eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Erneut musste er feststellen, dass er sich auch mit diesem Beruf „einfach nicht anfreunden konnte“. Also hieß es Zähne zusammenbeißen, zurück zur Schule und erst einmal die Mittlere Reife nachholen. „Natürlich sind das keine traumhaften Voraussetzungen“, kommentiert Edgar Schmitt den Werdegang seines heutigen Azubis, „aber als Fußballtrainer habe ich schon so viele Jugendliche erlebt, die in unserer Gesellschaft als Außenseiter gelten, im Grunde aber in Ordnung sind. Es fehlt ihnen schlichtweg an Orientierungshilfen und an Menschen, die sie von der Straße holen“.
Von der Straße musste Marco nicht geholt werden, aber die Tür zur Ausbildung wollte Schmitt dem jungen Mann dennoch öffnen. Von IHK-Ausbildungsplatzakquisiteur Hans Möhn ließ er sich das Modell „Einstiegsqualifizierung Jugendlicher“ erklären, das sowohl ihm als auch Marco die Möglichkeit bieten sollte, sich im Rahmen eines betrieblichen Langzeitpraktikums „unverbindlich“ näher kennen zu lernen und herauszufinden, ob „die Chemie stimmt“. Die Chemie stimmte: Im August dieses Jahres wurde Marco vom Betrieb übernommen und begann eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. „Für mich war dieser Weg genau richtig“, sagt Marco, „ich hätte auf anderem Wege nicht so viel Erfolg gehabt. Vielleicht hätte ich mich in meiner Unsicherheit auch nicht für diesen Beruf entschieden“. Die Arbeit macht ihm viel Spaß, obwohl er in Eddy’s Sportshop sehr gefordert wird. „Im Moment bin ich fast alleine für die Abteilung „Teamsport“ verantwortlich, und manchmal scheint mein Ausbilder zu vergessen, dass ich noch Azubi bin“, meint er augenzwinkernd, „aber wenn ich eines gelernt habe, dann ist es, dass man die Zähne zusammenbeißen und am Ball bleiben muss, denn nur so ist man letztlich erfolgreich“.
Zuallererst möchte Marco seine Ausbildung meistern und eine gute Prüfung ablegen, „dann sehen wir weiter“. Schmitt hingegen schaut bereits weiter in die Zukunft: „Inzwischen haben wir noch eine weitere Auszbildende eingestellt, denn wir haben begriffen, dass sich gerade für unser Unternehmen, das sich im Umbruch befindet, die Investition in ein junges Nachwuchsteam – bis hin zu Führungspositionen mit Gewinnbeteiligung lohnt.“
Die Einstiegsqualifizierung bietet Jugendlichen die Möglichkeit, in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten Inhalte eines Ausbildungsberufes, einen Betrieb und das Berufsleben ein wenig näher kennen zu lernen. Die Wirtschaft bietet derzeit in 74 Bereichen eine Einstiegsqualifizierung an (weitere Infos unter www.pakt-sucht-partner.de).
Zwischen Betrieb und Jugendlichem wird ein Vertrag geschlossen. Der Betrieb erhält von der Agentur für Arbeit einen monatlichen Zuschuss von 192 Euro (netto) für die Vergütung des Jugendlichen. Dazu kommt der Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 102 Euro. Während der Einstiegsqualifizierung verpflichtet sich der Betrieb, die Kenntnisse und Fertigkeiten der Einstiegsqualifizierung zu vermitteln. Im Gegenzug verpflichtet sich der Jugendliche, zu lernen und sich zu bemühen, die vermittelten Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben. Die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierungsmaßnahme, die unter bestimmten Umständen teilweise auf eine Ausbildung angerechnet werden kann, wird durch die IHK bescheinigt.
Das Programm läuft seit Oktober 2004 im Rahmen des Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs. Es erweist sich als großer Erfolg. Im ersten Jahr war es noch schwierig, alle Plätze zu besetzen. Inzwischen ist die Nachfrage so stark, dass die Wirtschaft mehr Plätze anbietet als ursprünglich zugesagt. Während im ersten Jahr im Bereich der IHK Trier noch 33 eine EQJ absolvierten, waren es im zweiten Jahr bereits 82 Jugendliche. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern betrieblicher Einstiegsqualifizierungen haben im ersten Jahr 67 Prozent und im zweiten Jahr 68 Prozent eine Berufsausbildung begonnen. Über 80 Prozent der befragten IHK-zugehörigen Unternehmen geben an, dass ihnen mit dem EQJ-Programm die Möglichkeit geboten wird, einen Jugendlichen über einen längeren Zeitraum in der betrieblichen Praxis kennen zu lernen und ihm dabei helfen zu können, ohne sich sofort rechtlich zu binden. Offenbar ein erfolgreicher Deal für beide Seiten!
Auch Edgar Schmitt, Geschäftsführer der Eddy’s Sport Shop GmbH in Bitburg, wollte keinen Auszubildenden einstellen, weil sich das Unternehmen Ende 2005 mitten in einer Umstrukturierungsphase befand. „Doch dann kam Hans Möhn von der IHK mit Marco Giacobbe im Gepäck“, lacht Schmitt. Marco hatte bis 2001 die Hauptschule St. Matthias in Bitburg besucht und mit dem Hauptschulabschluss verlassen. Danach wollte er nicht gleich in die Ausbildung gehen, sondern über den Weg der zweijährigen Berufsfachschule erst noch die Mittlere Reife erwerben. Ein Platz in dem von ihm angestrebten Bereich blieb ihm versagt, so dass er sein Glück im Hauswirtschafts- und Sozialwesen versuchte. „Damals wollte ich einfach nur die Mittlere Reife machen und dachte, wenn ich die Zähne zusammenbeiße, dann schaffe ich das auch in dem Bereich. Dass Kochen, Nähen und Babypflege mir so schwer fallen würden, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht“, meint der heute 22-Jährige, brach die Schule vorzeitig ab und begann eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Erneut musste er feststellen, dass er sich auch mit diesem Beruf „einfach nicht anfreunden konnte“. Also hieß es Zähne zusammenbeißen, zurück zur Schule und erst einmal die Mittlere Reife nachholen. „Natürlich sind das keine traumhaften Voraussetzungen“, kommentiert Edgar Schmitt den Werdegang seines heutigen Azubis, „aber als Fußballtrainer habe ich schon so viele Jugendliche erlebt, die in unserer Gesellschaft als Außenseiter gelten, im Grunde aber in Ordnung sind. Es fehlt ihnen schlichtweg an Orientierungshilfen und an Menschen, die sie von der Straße holen“.
Von der Straße musste Marco nicht geholt werden, aber die Tür zur Ausbildung wollte Schmitt dem jungen Mann dennoch öffnen. Von IHK-Ausbildungsplatzakquisiteur Hans Möhn ließ er sich das Modell „Einstiegsqualifizierung Jugendlicher“ erklären, das sowohl ihm als auch Marco die Möglichkeit bieten sollte, sich im Rahmen eines betrieblichen Langzeitpraktikums „unverbindlich“ näher kennen zu lernen und herauszufinden, ob „die Chemie stimmt“. Die Chemie stimmte: Im August dieses Jahres wurde Marco vom Betrieb übernommen und begann eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. „Für mich war dieser Weg genau richtig“, sagt Marco, „ich hätte auf anderem Wege nicht so viel Erfolg gehabt. Vielleicht hätte ich mich in meiner Unsicherheit auch nicht für diesen Beruf entschieden“. Die Arbeit macht ihm viel Spaß, obwohl er in Eddy’s Sportshop sehr gefordert wird. „Im Moment bin ich fast alleine für die Abteilung „Teamsport“ verantwortlich, und manchmal scheint mein Ausbilder zu vergessen, dass ich noch Azubi bin“, meint er augenzwinkernd, „aber wenn ich eines gelernt habe, dann ist es, dass man die Zähne zusammenbeißen und am Ball bleiben muss, denn nur so ist man letztlich erfolgreich“.
Zuallererst möchte Marco seine Ausbildung meistern und eine gute Prüfung ablegen, „dann sehen wir weiter“. Schmitt hingegen schaut bereits weiter in die Zukunft: „Inzwischen haben wir noch eine weitere Auszbildende eingestellt, denn wir haben begriffen, dass sich gerade für unser Unternehmen, das sich im Umbruch befindet, die Investition in ein junges Nachwuchsteam – bis hin zu Führungspositionen mit Gewinnbeteiligung lohnt.“
WAS IST EINE EINSTIEGSQUALIFIZIERUNG?
Mit dem Programm Einstiegsqualifizierung Jugendlicher (EQJ) soll Jugendlichen und jungen Erwachsenen (unter 25 Jahren), die es vergleichsweise schwer haben, bis zum 30. September eines Jahres einen Ausbildungsplatz zu finden, der Zugang zur Ausbildung erleichtert werden. Schlechte Noten oder andere Hindernisse versperrten vielen Jugendlichen bislang den Weg in den Beruf. Diese Jugendlichen können sich mit ihren Bewerbungen oder im Rahmen der Chancengarantie, einer im Herbst eines jeden Jahres von IHK Trier, Hwk Trier und Agentur für Arbeit Trier durchgeführten Nachvermittlungsbörse an die IHK Trier wenden, die dann als Vermittler fungiert.Die Einstiegsqualifizierung bietet Jugendlichen die Möglichkeit, in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten Inhalte eines Ausbildungsberufes, einen Betrieb und das Berufsleben ein wenig näher kennen zu lernen. Die Wirtschaft bietet derzeit in 74 Bereichen eine Einstiegsqualifizierung an (weitere Infos unter www.pakt-sucht-partner.de).
Zwischen Betrieb und Jugendlichem wird ein Vertrag geschlossen. Der Betrieb erhält von der Agentur für Arbeit einen monatlichen Zuschuss von 192 Euro (netto) für die Vergütung des Jugendlichen. Dazu kommt der Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 102 Euro. Während der Einstiegsqualifizierung verpflichtet sich der Betrieb, die Kenntnisse und Fertigkeiten der Einstiegsqualifizierung zu vermitteln. Im Gegenzug verpflichtet sich der Jugendliche, zu lernen und sich zu bemühen, die vermittelten Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben. Die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierungsmaßnahme, die unter bestimmten Umständen teilweise auf eine Ausbildung angerechnet werden kann, wird durch die IHK bescheinigt.
Das Programm läuft seit Oktober 2004 im Rahmen des Nationalen Paktes für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs. Es erweist sich als großer Erfolg. Im ersten Jahr war es noch schwierig, alle Plätze zu besetzen. Inzwischen ist die Nachfrage so stark, dass die Wirtschaft mehr Plätze anbietet als ursprünglich zugesagt. Während im ersten Jahr im Bereich der IHK Trier noch 33 eine EQJ absolvierten, waren es im zweiten Jahr bereits 82 Jugendliche. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern betrieblicher Einstiegsqualifizierungen haben im ersten Jahr 67 Prozent und im zweiten Jahr 68 Prozent eine Berufsausbildung begonnen. Über 80 Prozent der befragten IHK-zugehörigen Unternehmen geben an, dass ihnen mit dem EQJ-Programm die Möglichkeit geboten wird, einen Jugendlichen über einen längeren Zeitraum in der betrieblichen Praxis kennen zu lernen und ihm dabei helfen zu können, ohne sich sofort rechtlich zu binden. Offenbar ein erfolgreicher Deal für beide Seiten!
Alexandra Lossjew,
lossjew@trier.ihk.de
lossjew@trier.ihk.de